Bestenlisten der letzten Generation gibt es inzwischen eine ganze Menge. An und für sich ein Unding, wenn man bedenkt, dass wir Westler mit „Persona 5“ und eventuell auch mit „Yakuza 5“ noch zwei richtig große Dinger zu spielen haben. Für langsame Käufer wie mich ist das dazu noch eine gute Ausrede, warum ich euch mit einem solchen Post erst irgendwann am Ende dieses frischen Jahres heimsuchen muss/kann/werde. Viel lieber möchte ich mich mit ein paar Titeln auseinandersetzen, die eben nicht auf Bestenlisten auftauchen. Spiele, die aufgrund von allgemeinen Bewertungen oder ihrer speziellen Nische keinen Platz finden, wenn Bombasten wie „Elder’s Scrolls“, „GTA“ und „Mass Effect“ solche Listen meist schon allein ausfüllen können.

Catherine – Nichts für langsame Nerven

Irgendwie hat ein Kumpel von mir dieses Spiel auf der höchsten Schwierigkeitsstufe perfekt durchgespielt. „Catherine“ ist ein Spiel für Puzzle-Extremisten. Ich kann das gar nicht weniger aggressiv beschreiben. „Portal“ ist gemütliches Gehirnjogging aus dem Hause Kawashima mit einer Prise Layton, wenn es mit „Catherine“ verglichen wird. Wo „Portal“ mit dem „Ah Ha!“-Effekt arbeitet und ausgeglichen für rauchende Köpfe und Belohnung sorgt, ist „Catherine“ gnadenlos.

Via Flickr By Gaming Union

Catherine“All you need is love”… und brichst du ihr das Herz, bricht die Liebe dir das Genick

Zeitdruck, wechselndes Tempo und Dynamik, verschiedene Untergründe: „Catherine“ lässt ein gesamtes Arsenal auf euch los. Euer Protagonist befindet sich in einer schwierigen Phase seines Lebens. Seine Freundin Katherine (mit K) will den nächsten Schritt in der Beziehung gehen. Ihr seid euch darüber noch nicht so sicher und plötzlich landet ihr mit der stürmisch mysteriösen Catherine (mit C) im Bett. Die plötzlichen Veränderungen in eurem Leben (tagsüber als Visual Novel spielbar und von den „Persona“-Machern für Otakus ansprechend umgesetzt) suchen euch in euren Albträumen heim.

Diese Träume beinhalten die oben genannten Elemente. Ihr müsst Türme aus Blöcken besteigen. Die Blöcke lassen sich teils verschieben, wobei ihr euch immer richtig positionieren und so manche Feinheit beachten müsst. Ein mal falsch geschoben, zu oft einen brüchigen Block benutzt oder über Eis ins Nichts geschlittert und schon ist der Spaß vorbei. Dabei gibt es normale Level, die euch die Feinheiten durch Trial & Error, sowie vage Tipps lehren. Wer ein großes Tutorial erwartet, der wird enttäuscht. Was ihr bei „Catherine“ erreicht, habt ihr euch auch stets selbst verdient. Zeit für Schulterklopfer bleiben jedoch oft aus, da das nächste, noch härtere Puzzle auf euch wartet. Also durchatmen und weitermachen!

Yakuza 4 – Pflichtwatsch’n für alle!

Die Yakuza-Reihe hat jeher einen schwierigen Stand. Damals als inoffizieller spiritueller Nachfolger des berüchtigten „Shenmue“ in den Ring gerufen, war die stark auf Story und Lebensgefühl eingestellte Gangster-Story ein lineares Erlebnis. Letzten Endes gehen die Leute vielleicht aber auch zu hart mit „Yakuza“ ins Gericht. Denn ein Lebensgefühl so wie herrliche Over-The-Top-Stories zeichnen diese Reihe aus.

Ähnlich wie bei „Metal Gear Solid 4“ spüren Spieler in jeder Szene, die Liebe und Hingabe zur eigenen Geschichte und dem dazugehörigen Stil. Epische One-Liner, peinliche Japano-Blödeleien und herzzerreißendes Soap-Opera-Material geben sich kompromisslos die Klinke in die Hand. Da sitzt man als Spieler schon mal gebannt eine halbe Stunde am Bildschirm ohne den Controller zu benutzen… aber man sitzt eben gebannt da. Lange Weile kommt nur selten auf und selbst wenn das Gameplay einige der Ideen der Story nicht perfekt umsetzen kann, ist die Inszenierung oftmals so gut gelungen, dass es sich trotzdem richtig anfühlt.

Via Flickr by Tojo Headquarters

Yakuza 5K.O! – Bald auch in Europa

Aber was macht man in „Yakuza“ eigentlich? Nun, alles. Ähnlich wie in „Shenmue“ steht euch ein Stadtgebiet zur Erkundung frei und neben der Hauptstory lassen sich viele optionale Quests finden, die oftmals liebevoll ausgearbeitet sind. Es handelt sich dabei oft um Fetch Quests, die allerdings die Welt lebendiger erscheinen lassen. Ähnlich wie zum Beispiel da unfair gescholtene „Lightning Returns“ leben die Quests aber auch davon, dass die Kämpfe während dieser Quests für Unterhaltung sorgen. Und meine Fresse sind die Kämpfe bei „Yakuza 4“ ein Spaß. Mit vier Charakteren gibt es immer wieder neue Skills, die ihr auspacken möchtet. Auch wenn ihr sie, typisch für RPGs, selten für normale Gegner benötigt, macht es zu viel Spaß zufällige Gegenstände vom Golfschläger über Fahrradständer bis hin zu den Fahrrädern und sogar Motorrädern selbst zu nutzen, um ein paar Punks deutlich zu machen, dass eine gute Krankenversicherung ihr Geld wert ist.

Was die Darstellung der Gewalt angeht, ist „Yakuza“ seit jeher nahezu Tarantino’esk. Je unglaubwürdiger, desto besser. Das kann einige Spieler abstoßen und mich als Soziopathen hinstellen, doch ich kann gar nicht anders als Grinsen, wenn ich mit einem der vier spielbaren Charaktere für irreparable Schäden bei meinen Feinden sorge.

Das Wichtigste an „Yakuza 4“ ist, dass es im Gegensatz zu „Yakuza 3“ mit der Originaltonspur und ungeschnitten bei uns erschienen ist. Natürlich kann, darf und muss der Inhalt dieses Spiels kritisch betrachtet werden. Kritisch im Sinne einer kritischen Prüfung, um Realität, Videospiel und Stereotypen entlarven und erkennen zu können. Sind die „Hostess“-Missionen sonderlich einfallsreich? Nein, aber viele Menschen mögen Dating-Sims. Dafür kann und werde ich niemanden verurteilen. Wenn ihr aber das Gefühl haben wollt ein degenerierter Gangster zu sein, der nicht immer nur westlichen Konventionen entspricht, dann führt kein Weg an Yakuza 4 vorbei.

Ni No Kuni – Wirklich, Deutschland? Wirklich!?

„Hallo, Fremder!“

„Oh, hallo! Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Schön, dass sie fragen! Ich würde gerne wissen, ob sie den Zeichenstil des Studios Ghibli aus Japan mögen.“

„Na, aber freilich! Das ist doch das Studio mit den ganzen Hayao Miyazaki Filmen, richtig? Wie könnte man das nicht mögen?“

„Ganz recht. Jetzt stellen Sie sich vor, dass Sie ein Spiel kaufen können, welches im Zeichenstil dieses Studios gehalten ist und dabei eine ähnlich anmutig erzählte Geschichte zeigt.“

„Okay… aber wäre das dann nicht als Film besser?“

„Nun, dieser Einstellung nach bräuchten alle Videospiele keine Story. Videospiele können sehr wohl von einer Geschichte getrieben werden. Dass das Gameplay nicht auf der Strecke bleiben sollte ist klar. Deswegen erlaubt sich Ni No Kuni, so heißt das Spiel übrigens, ein traditionelles RPG in Echtzeit mit Pokemon-Effekt zu nutzen. Statt dem Helden Oliver und seinen Freunden kämpfen oft vorher gefangene oder über Missionen gefundene Diener, welche separat aufgelevelt werden müssen. Was wie Arbeit klingt, sorgt stattdessen stets für Motivation, da man als Spieler herausfinden möchte, welche Monster am Besten zum eigenen Spielstil passen und eventuell stärker sind als andere.“

„Ja, das klingt doch recht spaßig. Und worum geht es bei der Geschichte genau?“

„Nun, der kleine Oliver muss nach einem Faux Pas von seiner Mutter gerettet werden. Die Mutter hat jedoch ein schwaches Herz und nach der Rettungsaktion liegt sie in einer Art Koma. Oliver ist am Boden zerstört, doch eine ungehobelte Fee namens Tröpfchen erscheint. Diese Fee nimmt Oliver mit in ein Zauberreich, welches parallel zu unserer Welt existiert und dort muss Oliver es mit einem dunklen Dschinn und der Titel gebenden weißen Hexe aufnehmen. Und natürlich stellt sich früh heraus, dass neben dem Leben Olivers Mutter noch weit mehr auf dem Spiel steht.“

„Das klingt wirklich spannend, wenn auch ein bisschen kindisch. Ich meine, ‘Tröpfchen’?“

„Natürlich hat es kindische Elemente. Genau wie Endes ‘Die Unendliche Geschichte’ und Miyazakis ‘Chihiros Reise Ins Zauberland’ ist es eine Geschichte für Kinder, die aber auch für Junggebliebene funktioniert.“

Via Flickr By Community Mag

Ni No Kuni ScreenshotSag’ mir, dass dir das nicht gefällt und ich sage dir, dass du keine glückliche Kindheit hattest…

„Okay, okay. Stimmt ja, Sie haben mich überzeugt.“

„Nun, und warum kaufen und spielen Sie das Spiel dann nicht so bald wie möglich?“

„Ähhhhhhhhh, ich weiß nicht?“

„Nun, dann ändern Sie das schleunigst!”

Alles auf Anfang

Das ist natürlich nicht alles. Und es gibt allein so einige Japano-Titel, die nicht annähernd genügend Aufmerksamkeit geschenkt bekommen haben. Zum Glück ist “Yakuza” in Japan so groß, dass der fünfte Teil knapp zwei Jahre nach Japan-Release auch hier erscheinen wird. Aber wenn ich bei Spielen wie “Catherine” und “Ni No Kuni” bedenke, dass solche originären Spitzentitel keinerlei Aufmerksamkeit bekommen, während die Leute sich mit geistlosen Franchises vollladen, kann ich nur den Kopf schütteln.

Nächstes Mal gibt es einen Ausflug nach Europa, welches gerne übersehen wird, wenn es um Videospiele geht. Das ist meistens leider auch zu Recht der Fall. Ein paar kleine Ausnahmen gibt es aber trotzdem immer wieder.