Diese ständigen Jahresrückblicke sind ja eher lästig. Sie sind aber gerade deswegen so beliebt, weil sie einfachen Content bieten, egal ob für Funk, Fernsehen oder freie Formulierer*innen wie uns. Da wir von allen Seiten (gelogen, von einer) bestürmt wurden, doch mal auch auf die “westlichen” Indies zu schauen, statt – wie Max – auf die Perlen aus Japan: Bitteschön, hier unsere (gelogen, meine) Indie-Highlights aus dem Jahr 2014, für PC und nicht aus Asien.

1. Banished

Max betont immer wieder, wie sehr er sich wieder ein “richtiges”, also gutes, Sim City wünscht. Die Enttäuschung über den letzten Ableger war ja nicht nur bei uns groß, auch wenn ich sagen kann, dass der Soundtrack sehr hörenswert ist. Überhaupt war das Angebot an Aufbausimulationen im letzten Jahr eher so mau. Nicht zuletzt deshalb hat sich ein ehemaliger Grafik-Programmierer namens Luke Hordorowicz entschlossen, seine eigene Zukunft mit einem Aufbauspiel, äh, aufzubauen. Das Ergebnis dieses wahnwitzigen Ein-Mann-Unternehmens ist Banished, ein kurzweiliges und knackiges Spiel, in dem ihr, unter anderem, den Schritt von Jäger*innen und Sammler*innen zu Ackerbauer*innen und Viehzüchter*innen vollzieht. Wahnwitzig ist dieses Projekt deshalb gewesen, weil Mr. Hordorowicz fast alles alleine gemacht hat, was bei einem derart komplexen Thema wie Aufbausimulation wirklich beeindruckend ist.

Zugegeben, die Grafik ist nicht atemberaubend, die Musik könnte ein paar mehr Tracks gebrauchen und es gibt ein, zwei Schnitzer im Spieldesign, aber im Großen und Ganzen ist Banished etwas Besonderes gelungen: Das beste Aufbauspiel 2014 (und, im Vergleich zu Sim City 5, traurigerweise auch das Beste von 2013) zu sein. Denn Banished ist zum einen zugänglich genug, um auch für Gelegenheits-Städtebauer*innen attraktiv zu sein, und andererseits so komplex, dass sich bei Unachtsamkeiten immer wieder Zwickmühlen ergeben. Das Optimieren und schrittweise Ausbauen der Siedlung klappt hervorragend, sobald ihr nach kurzer Zeit die Balance zwischen Nahrungsgewinnung, Feuerholz-Produktion und Häuserbau gefunden habt. Trotzdem geschehen auch den besten Drahtseilkünstler*innen kleine Fehler, die sich im schlimmsten Fall in lokalen Hungersnöten niederschlagen. Das ist ärgerlich, führt aber auch gleich zu den nächsten Herausforderungen: Krisenmanagement und die Umschichtung der Wirtschaft, schließlich muss die Produktion auch mit weniger Menschen am Laufen gehalten werden.

Das Fehlen einer militärischen Komponenten ist dabei Fluch und Segen zugleich: So müsst ihr zur Abwechslung mal keine Kriegsökonomie aufbauen, wie bei der Siedler-Reihe, sondern ihr könnt euch auf die pure Freude am Erschaffen konzentrieren. Jedoch böte eine militärische Komponente auch mehr Möglichkeiten zum Storytelling, etwas worauf Banished komplett verzichtet. Und dies ist auch mein einziger großer Kritikpunkt: Banished fesselt zwar durch seine Mechanik, letztlich gibt es aber nach einiger Zeit kaum Grund, eure Stadt auszubauen. Irgendwann habt ihr alle Tiere, alle Obst- und Gemüsesorten sowie alle anderen Feldfrüchte erstanden und angebaut. Es bleibt euch nur noch die Expansion um der Expansion willen. Oder die Entscheidung, die nächste Siedlung zu erschaffen. Eine Geschichte mit verschiedenen Szenarien könnte hier Abhilfe schaffen. Dafür bräuchte es auch nicht unbedingt das Militär.

Letztlich ist meine Kritik an der fehlenden Story sehr subjektiv und es gibt viele Spiele welche ihre Story vernachlässigen – die ich trotzdem mit Begeisterung spiele. Wenn ihr euch also die Wartezeit bis zum nächsten guten Sim City (wann immer es kommen mag) verkürzen wollt, dann macht das mit Banished.

2. Mount & Blade: Viking Conquest

Wo wir schon bei Spielen ohne Story sind: Auch Mount&Blade verzichtet darauf. Stattdessen  werdet ihr als Weiblein oder Männlein ins fiktive Calradia geworfen. Dessen Kulturen sind genau wie die Karte der zu bereisenden Welt erfunden, aber nicht fantastisch. Ihr startet in einer mittelalterlichen Welt, ohne Magie und Monster. Die einzigen Monster sind die Menschen, die sich euch auf dem Weg zur Lehnsfrau oder zum Lehnsherr in den Weg stellen und welche ihr mit eurer stetig anwachsenden, zusammenrekrutierten Armee besiegt. Ich könnte noch seitenweise über dieses unheimlich motivierende Prinzip schreiben, berichte aber lieber vom neuen DLC namens Viking Conquest. Das Team dahinter hat den überaus umfangreichen Brytenwalda-Mod erschaffen, der euch auf die britischen Inseln des 6. Jahrhunderts u. Z. verschlägt. Viking Conquest macht einen Sprung in die zukunft, allerdings “nur” zweihundert Jahre weit, in das 9. Jahrhundert.

Dort breitet sich vor euch das Panorama einer frühmittelalterlichen Welt im Umbruch aus. Die nordischen Götter sind vom Christentum noch nicht gänzlich verdrängt und das heute Vereinigte Königreich ist alles andere als einig. Viele Fürsten streiten um Land, Dörfer und Ressourcen, und schließlich sind da die namensgebenenden Wikinger*innen, die ohne Unterlass die Küsten der Inseln heimsuchen. Mittendrin steckt ihr als Überlebende*r eines Schiffbruchs, der*die versucht, die eigene Mutter aus den Klauen eines blutrünstigen Wikingers zu befreien. Das heißt, wenn ihr der Story folgen wollt. Ihr könnt natürlich auch frei Schnauze die Nordsee unsicher machen, Diebesbanden bekämpfen, euch für einen Lehnsherrn (tatsächlich nur Männer) verdingen und am Ende versuchen, euch selbst zur Königin oder zum König zu schlagen.

Das faszinierende an Viking Conquest ist dabei nicht unbedingt das Spielprinzip, welches Veteranen von Mount&Blade schon mehrfach durchexerziert haben, sondern viel eher das Szenario. Das Frühmittelalter bietet eine angenehme Abwechslung zum bekannten Mittelalter-Burgen-und-Schwerter-Hintergrund des Hauptspiels und so vieler anderer Spiele. Einen Wermutstropfen gibt es dennoch: Ihr solltet auf jeden Fall noch ein, zwei Monate warten, da der DLC zu früh veröffentlicht und von vielen Bugs geplagt war. Es gab mittlerweile einige Patches, aber das Spiel leidet noch immer unter Abstürzen und argen Framerateeinbrüchen .

3. Nidhogg

Lange Zeit existierte Nidhogg nur als Legende in bestimmten Kreisen. Jemand hatte von jemandem gehört, dass er dieses Spiel – Wie hieß es noch? Irgendwas mit Schweinen? – auf einer Party gespielt hätte und alle wären total begeistert. Gäbe es irgendwie nicht zu kaufen, keine Ahnung warum. Und dann wurde der Mythos zur Wirklichkeit: Nidhogg, vom abgedrehten Indie-Entwickler Messhoff (a.k.a. Mark Essen), erschien auf der Welt und auf Steam.

Via Flickr, by Mike Nowak

nidhogg_mike nowakMan spielt meist die gelbe Figur.

Hat sich das Warten gelohnt? Nun ja, wenn ihr zwei Joypads habt und gerne mit anderen Leuten virtuelle Degenduelle ausfechtet, dann wahrscheinlich schon. Aber auch sonst ist Nidhogg ein netter Zeitvertreib. Ihr steuert eine Pixelfigur durch eine Reihe unterschiedlicher Bildschirme eines Levels. Diese Bildschirme sind zugleich Arenen, in denen ihr gegen andere Figuren in blitzschnellen Kämpfen antretet. Die Bewegungen sind präzise, die Kämpfe flüssig und treffen den angenehmen Punkt zwischen taktisch anspruchsvoll und schnell vorbei. So ergibt sich ein kurzweiliger Flow, der euch, solltet ihr es bis ans Ende eines Levels geschafft haben, in das Maul eines Riesenwurms führt. Danach könnt ihr dann ein neues Level starten. Ich interpretiere den Wurm als Symbol für die Vergänglichkeit des Ruhms, aber für euch kann es genauso gut das Zeichen sein, das Pad aus der Hand zu legen. Denn Nidhogg fesselt euch selten länger als eine halbe Stunde, was zum Abreagieren nach Uni/Arbeit/Schule/Arbeitsagentur aber mehr als ausreichend ist. Und wer weiß, vielleicht ist das Spiel ja der Renner auf eurer nächsten Party?

4. Endless Legend

Fragt man die meisten (älteren) Strategiespieler, welches das beste Rundenstrategiespiel im Weltraum ist, so sagen die meisten wahrscheinlich (hoffentlich) Master of Orion 2. Recht haben sie. Seit 2012 aber muss sich MoO2 (liebevoll abgekürzt) mit einem anderen Spiel um diesen Titel streiten: Endless Space. Die Entwickler*innen, Amplitude Studios, setzten beim Entwurf von Endless Space viel auf das Feedback ihrer Fans und programmierten so ein sehr gut ausbalanciertes Spiel, welches bekannte Elemente aus den 4X-Strategietiteln nahm und versuchte, diesen einen spannenden Twist zu verpassen. Nachdem Endless Space erfolgreich veröffentlicht war, machten die Damen und Herren den logischen Schritt und forderten eine andere, etablierte Größe des 4X-Bereichs heraus: Civilization.

Endless Legend spielt im selben Universum wie Endless Space, allerdings nur auf einem Planeten. Ihr übernehmt die Geschicke einer der acht Fraktionen auf dieser Welt und führt sie zum Sieg durch die gewohnten Optionen: Eroberung, Diplomatie, Wunder, Wissenschaft etc. Die Amplitude Studios haben dabei viele Stärken von Endless Space genommen, sie angepasst und weiterentwickelt. So finden sich Spieler*innen, die bereits Spaß am Vorgänger hatten, gut mit Endless Legend zurecht. Was das Spiel aber von allen anderen Abhebt, ist das Szenario. Ihr spielt auf Auriga, einer Welt voller wundersamer Orte und ihr teilt sie euch mit einem ganzen Strauß an Einheimischen. Sogenannte Anomalien überziehen die Oberfläche, sei es ein ewig brennender Baum, Ruinen einer untergegangenen Zivilisation oder die Knochen titanischer Lebewesen: Jedes neu aufgedeckte Feld erzählt eine eigene kleine Geschichte. Und so spielt ihr nicht nur ein Spiel, sondern ihr erlebt, mehr als im üblichen Maße, die Geschichte einer fremden Welt. Mit diesen kleinen Klecksen Narration haben die Entwickler*innen ein Gemälde erschaffen, das ihr mit eurer Zivilisation nicht nur ausmalt, sondern auch aktiv gestaltet. In gewisser Weise ist dies das Environmental Storytelling eines Dark Souls, gepaart mit der spekulativen Historie von Civilization. Und weil ich total anfällig für diese kleinen, offenen, fantasieanregenden Mini-Storys bin, fesselt mich Endless Legend immer wieder.

5. Pixel Heroes

Kurz vor Schluss noch etwas schamlose Eigenwerbung: Ich durfte an einem kleinen Spiel names Pixel Heroes mitarbeiten. Einige Nebencharaktere und Texte dieses Old-School-Roguelike-RPGs stammen von mir und ich bin ein klitzekleines bisschen Stolz auf das Ergebnis. Noch könnt ihr kostenlos über Desura die Beta-Version spielen, irgendwann gibt es das Spiel dann auch bei Steam. Schaut es euch mal an, vielleicht gefällt es euch ja, und ganz, ganz vielleicht findet ihr es sogar witzig.