Mimimimimi. Das ist doch gar kein richtiges Spiel. Mimimimimi. Alles nur aneinander gereihte Quick-Time-Events. Blindes Knöpfedrücken, statt echtem Skill. Mimimimimi.

Es wurden viele Witze über Quantic Dreams’ letztes Projekt „Heavy Rain“ gemacht. Einige davon waren verständlich (Jason! Jason!), die meisten allerdings Rumgejammer auf unsachlichem Niveau. Die Spiele von Quantic Dream sind tatsächlich das, wovon die meisten Entwickler immer so geistlos sprechen: eine Erfahrung. Auch im neuen Titel „Beyond: Two Souls“ wollen die Entwickler und Macher eine Geschichte erzählen. Diese Geschichte ist nicht in sich weltbewegend, sondern die Möglichkeit, dass ihr viele der Entscheidungen eines interaktiven Films mitentscheiden könnt – oder euch zumindest glaubwürdig vorgegaukelt wird, dass ihr an den Entscheidungen teilhabt.

Schon „Heavy Rain“ hat dabei ein für Spiele erstaunliches Konzept eingeführt. Eure vier spielbaren Charaktere kommen alle in Situationen, die lebensgefährlich sind. Und die Charaktere können in diesen Momenten tatsächlich sterben… und das Spiel läuft weiter! Dieses Konzept eröffnet dem Spieler ein völlig neues Spielgefühl. Plötzlich wirken Gefahren ganz anders auf den Spieler und man fragt sich stets, was passiert wäre, wenn man sich in einer Situation anders verhalten hätte.

Dieses Konzept greift „Beyond: Two Souls“ auf und verbessert sich in der Demo in allen Belangen. Natürlich setzt das Spiel weiter auf Quick-Time-Events, um ein interaktiver Film bleiben zu können. Allerdings ist die Steuerung weitaus intuitiver als noch im Vorgänger. Kämpfe laufen flüssiger ab und werden durch die Vollführung einer Bewegungsrichtung mit dem rechten Stick abgeschlossen. Kein Hexenwerk und eher ein Reaktionstest. Quick-Time-Events eben.

Und die Wetten beginnen: spielt Willem Dafoe mal wieder einen Bösewicht?

Aber wenn euch ein Fehler unterläuft, läuft das Spiel weiter. Ihr könnt nicht scheitern und oftmals erscheinen Fehler, die man macht nur konsequent. Wer keine Nerven aus Stahl hat, der macht nun einmal Fehler. Das macht das interaktive Erlebnis lebendiger und erhöht den Wiederspielwert.

Doch zum Spiel – oder zumindest der Demo. Ihr begleitet Jodie. Ein zu Beginn des Spiel junges Mädchen, welches seit jeher mit einer unsichtbaren Entität verbunden ist, die den Namen Aiden trägt. Aiden kann Dinge in der Wirklichkeit bewegen und alles was er sieht, sieht auch Jodie. Und ich höre jetzt schon die vielen Spieler jammern, warum man nicht einfach immer Aiden steuert, warum er nur bestimmte Dinge bewegen kann und wie weit seine Mächte reichen. Wer so an das Spiel herangeht, wird keine Freude mit ihm haben. Entweder ihr lasst euch auf Beyonds Geschichte ein oder lasst es besser gleich bleiben.

Die Demo gibt gleich genug Raum, um über scheinbar mangelnde Interaktionsmöglichkeiten zu jammern. Aber nur wenn man will. Den die Mischung aus Spielplatz und Geschichte ist stets gegeben. Ihr erforscht als kleine Jodie entweder ein wenig eure Umgebung, seht Computer und lauft Korridore hinab, nur damit euch eine Wache freundlich zurückweist oder ihr auf Aufforderung eurer Aufpasser umkehrt. Das ist genug Freiheit für Neugierige, aber nicht zu viel, um nicht den Fokus auf die Story zu verlieren.

Während das „Experiment“ ein frühes Stadium des Spiels aufzeigt und Aidens Spielmechanik, sowie das Setting einführt, dürfen Spieler in „Hunted“ einen mit Action und Spannung gefüllten Abschnitt spielen. Nachdem ihr Aiden in einem fahrenden Zug übernehmt und je nach Lust und Laune die Mitfahrgäste erschreckt, kommt es zu einem ungeplanten Zwischenhalt. Polizisten steigen in den Zug und es liegt an euch, ob ihr als Aiden die schlafende Jodie weckt.

Via Flicky By Gage Skidmore

Ellen PageSelbst eingefleischte Page-Hasser, werden mit Jodie fiebern

So oder so wird Jodie mit den Polizisten auf verschiedenem Wege konfrontiert und es beginnt eine Verfolgungsjagd, durch die Wagons übers Dach, bis ihr unter Kugelhagel vom fahrenden Zug springt. Die Kämpfe mit den Polizisten sind irgendwo zwischen der Matrix und Zack Snyder anzusiedeln. Nachdem ihr euch entweder mehr schlecht als recht oder wie eine Kampfmaschine durch die Polizisten gekämpft habt, kommt es im Wald zu einer Verfolgungsjagd mitsamt beißwütigen Polizeihunden und Klettereinlagen.

Letzten Endes führt euch eure Flucht über ein geklautes Motorrad in ein kleines Kaff, welches nach eurem Besuch zumindest um einen explodierten Hubschrauber auf der Hauptstraße als neue Attraktion reicher ist. Wenn ihr richtig zulangt, dann jagt ihr gleich noch eine Tankstelle in die Luft. Das alles ist dank Aiden möglich, der von einigen Menschen Besitz ergreifen kann und ausgewählte Aktionen durchführt.

Am Ende der Demo stimmt die Mischung aus Skript und Eigeninitiative. Wer sich auf die Story einlässt und neugierig bleibt, dem wird während der Action der Puls rasen. Besonders als Aiden werden einige Spieler merken, dass sie das Wesen Dinge tun lassen, schlichtweg weil sie es können. Man handelt irrational und kann sich sein Verhalten manchmal selbst nicht erklären. Wenn konditionierte Spielerreflexe auf Moral und Selbstverständnis treffen, dann schafft „Beyond: Two Souls“ mehr als viele andere Titel in der Branche. Genau weil das Spiel so anders ist und nicht auf den üblichen Kern von Videospielen – das Spielen – aus ist, wird es „Beyond: Two Souls“ auch dieses Mal nicht leicht haben. Ich freue mich allerdings wahnsinnig auf einen weiteren Eintrag der bisher rar gesäten interaktiven Filme.