Der neue Avengers-Trailer ist da. Frisch gebacken mit Effekten und Helden-Clashs! Sollten wir nicht darüber reden, dass es die passenden Videospiele dazu geben sollte bzw. dass Lizenzspiele (fast) immer scheiße sind? Nein, natürlich sollten wir das nicht. Denn ein Spiel über Marvels Avengers könnte wohl nie mehr als ein sehr konventionelles Videospiel werden. Aber um das genauer zu erklären, müssen wir uns mit dem Wort konventionell auseinandersetzen.

Ken Levine hat in Debatten um “Bioshock Infinite” die Aussage getroffen, dass Gewalt leicht zu simulieren ist. Gegner, die den Spieler zu gegebenen Momenten attackieren oder wie bei Mario gewisse Routen absolvieren, sind ein relativ simpel zu gestaltender Baustein eines jeden Videospiels. Auch im Jahr 2014 funktionieren Spiele im Gros weiterhin nach diesem Schema F. Es gibt zu besiegende Objekte, die es auszuschalten gilt. Inzwischen haben sich Spiele zumindest so weit entwickelt, dass es oftmals die Option gibt Gegner ungesehen auszuschalten und dabei zwischen tödlichen und nicht tödlichen Angriffen zu wählen. Der tatsächliche Unterschied zwischen solchen Methoden ist wie in “Dishonored” jedoch oftmals verschwindend gering.

Damit soll Gewalt keinesfalls verteufelt, sondern Levines These schlichtweg untermauert werden. Was soll ein Spiel denn bitte darstellen, wenn nicht Gewalt? Kompetitive Aufgaben reizen den Menschen schließlich zu Taten. Das funktioniert in Renn- und Sportspielen wie im richtigen Leben. Der Konflikt zwischen Menschen oder zumindest irgendwelchen Lebewesen hat in “Story” getriebenen Spielen jedoch eine scheinbar unersetzliche Komponente. Denn was soll der Spieler zwischen den Dialogen zu tun bekommen?

Via Flickr by (the wonderful) Björn Olsson

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Selbst Bücher werden für Gewalt gebraucht, hehe.

Aus dem Hause Naughty Dog bieten sich mit der “Uncharted”-Reihe und dem letztjährigen “The Last Of Us” zwei Titel zur Schau an. Beide Titel werden für ihr tolles Script gelobt, doch in beiden Fällen gilt es Horden von Menschen ins digitale Jenseits zu befördern. In “The Last Of Us” ist diese Gewalt zwar sehr schlüssig eingebunden und Teil der interaktiven Welt, doch damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt. Selbst die besagten Höhepunkte der Videospielnarrative (auch wenn darüber natürlich gestritten wird) kommen nicht um Gewalt herum.

Liegt Spielern jetzt ein Titel wie “Deus Ex” auf der Zunge, dann kann nur ein widerwilliges Jein die Antwort sein. “Deus Ex”, “Fallout” und “Metal Gear Solid” sind nur einige Beispiele dessen, dass es auch ohne Töten geht. Um Gewalt kommt man meist nicht ganz herum und selbst wenn, ist es doch immer eine veritable Lösung. Es ist letztlich wie das Zebra und seine Streifen. Ist es schwarz mit weißen Streifen oder andersherum? Bei Videospielen: Handelt es sich um ein gewalthaltiges Videospiel, welches lediglich eine gewaltfreie(re) Option bekommen hat?

Auf der anderen Seite versteckt sich im Grunde nur ein einzelnes Genre: Puzzle-Spiele. Professor Layton ist wahrscheinlich das beste Beispiel für die Mischung aus Story und Gameplay, die keinerlei Gewalt an den Tag legen muss. Die Charaktere prügeln sich nicht, um cool sein zu können. Keine Duelle auf Leben und Tod, sondern ein großes Rätsel, dass es zu lösen gilt liegt im Vordergrund. Überhaupt ist Layton die politisch und inhaltlich entschärfte Version von “Tim und Struppi”.

Ein weiteres Beispiel von Bedeutung ist Portal, wobei das Spiel von Valve wie auch der Nachfolger “Portal 2” ein äußerst geringes Augenmerk auf die Story legen und eher durch clever geschriebene Dialoge statt eine echte Geschichte glänzen. Allerdings wird wohl niemand abstreiten, dass es möglich ist aus den Mechaniken eines “Portal” heraus eine fesselnde Geschichte zu erzählen.

Via Flickr by megadem

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Es ist Zeit Wörter statt Taten sprechen zu lassen. Nur wie…?

Ein weiteres Genre, welches im Grunde NIE auf Gewalt zurückgreifen müsste, ist Jump’n’Run. Anstatt von Gegnern in “Rayman”, “Mario” und all den weiteren Vertretern könnte sich mit Barrikaden und Sicherheitssystemen beholfen werden. Die konsequente Umsetzung würde den Geist eines “Mirror’s Edge” beschwören. Such nicht den Konflikt, sondern umgehe ihn mit deiner Geschicklichkeit. Gleichzeitig ist “Mirror’s Edge” aber auch der Beweis, dass die meisten Entwickler selbst Angst vor dieser konsequenten Lösung haben und meinen zumindest die theoretische Möglichkeit des Kampfes einzubinden.

Wahrscheinlich wird Gewalt als Lösung von Situationen in Spielen auch deshalb so gerne genutzt, weil es als Ausweg vor dem nötigen Neustart eine leichte Option darstellt. Vielleicht herrscht die Angst, dass die Spiele zu schwer und frustrierend sind und kein Spieler sie anrührt. Es erwartet niemand Spiele wie die “Souls”-Reihe. Vielmehr reicht es schon, wenn die “Gewalt” dermaßen kontextualisiert und abstrahiert wird, dass sie nicht mehr als Gewalt wahrgenommen wird.

“Little Big Planet” ist von Design her ein gutes Beispiel. Auch nicht fehlerfrei gibt es jedoch zumindest viele Gegnerklassen, die keinerlei menschliche oder tierische Attribute aufweisen, sondern an Phantasie-Vehikel und abstrakte Gebilde mit leuchtenden Schwachpunkten erinnern. Das Problem hierbei ist, dass Gewalt aufgrund von Spielen von “Wolfenstein” und Co. gar nicht mehr richtig wahrgenommen wird. Wenn kein Blut spritzt, dann ist es auch keine Gewalt. Einige Videospiel-Seiten versuchen uns “Mario” und “Donkey Kong” als “non-violent” zu verkaufen. Und obwohl ich diese Spiele liebe und sie keine Massenmörder heranzüchten, gehen solche Beschreibungen am Ziel vorbei.

Diese Spiele sind für Kinder geeignet. Das ist oft das Prädikat, dass mit “non-violent” verbunden wird. Und in eine solche Schublade können Mario und Co. problemlos gesteckt werden. Nichtsdestotrotz greifen diese Spiele aber auf altbekannte Mechaniken zurück. Es wird Gewalt benötigt, um an das Ziel zu gelangen. Wenn die Spiele tatsächlich auf Gewalt und Konfrontation verzichten, dann scheint nie mehr Zeit als ein paar Stündchen zu sein. “Journey” und “Gone Home” sind zwei Titel, die schnell aus dem Gedächtnis gekramt werden können. Beides sind exzellente Titel, die jedoch schnell wieder vorbei sind.

Via Flickr by Don

no man's sky

Nur weil ich mir Alternativen wünsche, möchte ich noch lange nicht auf Konflikte verzichten.

Und auch die großen Titel wie “Last Of Us” und “Bioshock Infinite” wären viel schneller erzählt, wenn alle Konfrontationen einfach herausgestrichen wären. Aber was wären diese Spiele dann eigentlich noch außer einem interaktiven Film ohne jede Herausforderung? Die Herausforderung gehört zum klassischen Videospiel einfach dazu. Sie spiegelt die Interaktivität wider. Selbst wenn die Spielmechanik nur daraus besteht, dass ein Spieler verschiedene Dialogentscheidungen trifft, dann handelt es sich um ein interaktives Erlebnis, da der Spieler selbst entscheidet, wie er vorankommt.

Nochmals, dieser Text ist keine Kritik an Gewalt in Videospielen. Vielmehr soll sich vor Augen geführt werden, dass es verdammt schwer scheint, sich von diesem eingeschlagenen Pfad zu lösen. Selbst so spannende Spielideen wie “Minecraft” und das anstehende “No Man’s Sky” haben den Konflikt teils als essentielle Bausteine eingebaut, um dem Spieler eine gewisse Schwierigkeit vorzugeben und das Spiel dementsprechend anzureichern.

Ich möchte nicht, dass Gewalt und Konflikt in Videospielen verschwindet, wenn es nicht gerade so ein Müll wie “Hatred” ist. Ich bin allerdings gespannt, wie und ob es mehr und mehr Spieleentwicklern gelingt, neue Pfade zu erfinden und abseits von Sport und Tanz Wege zu finden, wie man uns Spieler auch ohne schnell geschnittene Baller-Einlagen, literweise Blut und Horden von Gegnern vor den Bildschirm fesselt. Vielleicht ist es sogar Herr Levine, der eine solche Idee vom Papier auf den Bildschirm bringt, wobei er laut Eigenaussage schon Probleme hat, eine Geschichte darüber zu erzählen, wie jemand auf Blöcke springt.