Eine Wohnung in der Innenstadt ist toll. Besonders in Trier. Ich brauche keine Stunde einzuplanen, um mal eben Geld zu holen oder mich mit Freunden in der Stadt zu treffen, bin nur selten auf Busse angewiesen, wenn ich hin und her fahren muss und nicht zuletzt hab ich den Bäcker um die Ecke und einen japanischen Imbiß mir gegenüber (der gleichzeitig auch der Tod meines Portemonnaies ist).
Eine Wohnung in der Innenstadt nervt. Besonders in Trier. Ich kann nachts nur selten das Fenster auflassen, weil die betrunkenen Idioten gerne mal die Innenstadt zusammenbrüllen. Im Sommer dudeln sich die Straßenmusikanten einen Wolf mit ihren immer drei gleichen Liedern und ständig halten unter meinem Fenster Eltern mit ihren wie am Spieß schreienden Kleinkindern. Und wenn hier Fußball-WM/EM/QM/H&M ist, dann brauch ich mir das Spiel nicht anzuschauen, weil ich durch das frenetische Jubeln beim Public Viewing jedes Tor mitbekommen. Besonders wenn Deutschland spielt.
Wer sind sie? Was machen Sie hier? Und hören Sie auf, in meinen Vorgarten zu urinieren! By Emyan, via Flickr.com
Dazu muss ich sagen, dass ich diese Fußballbegeisterung nie verstanden habe. Vielleicht liegt es an meinen tief in mir schlummernden Hipster-Genen, aber ich fand diese Begeisterung für Fußball immer befremdlich, auf eine gewisse Art primitiv. Warum hängen Menschen so emotional an einem Sport, den sie nicht gerade aktiv ausüben. Es ist nachvollziehbar, wenn sich jemand, der gerade auf dem Spielfeld steht, über eine vergebene Chance echauffiert. Aber einen Spieler oder eine Spielerin von der Tribüne aus wegen eines Fehlpasses anzubrüllen, das erscheint mir taktlos und fremd. Wenn diese Leute es besser könnten, okay, aber meistens sind die doch genauso sportlich Helmut Kohl. Investieren Menschen emotional so viel in eine Mannschaft, mit der sie nichts weiter zu tun haben als vielleicht die Vereinsfarben? Warum weinen manche beim Abstieg „ihres“ Teams? Warum werden Leute handgreiflich, wenn ihr Verein beleidigt wird, oder pflegen lächerliche Rivalitäten wie die zwischen Dortmund und Schalke?
Es ist nicht so, als hätte ich es nicht versucht. Mein Vater, Anhänger von Schalke 04, hat mich mal zu einem Spiel zwischen Schalke und Borussia Mönchengladbach mitgenommen. Abgesehen davon, dass ich vielleicht 14 oder 15 war und die meisten Leute in dem alten Stadion in Mönchengladbach mir die Sicht versperrt haben, wusste ich auch nur grob, was da unten abging. Die Blauen spielten gegen die Weißen, aha, und irgendwann gewannen die Weißen. Zu diesem Zeitpunkt lungerte ich gelangweilt auf den Betonbänken herum und wollte wieder zu meinem PC. Letztes Jahr dann ging ich, als freiwilliger Freundschaftsdienst, zusammen mit Max und seiner Freundin auf ein Spiel der Hertha BSC gegen 1860 München. Ich fühlte mich im nasskalten Wetter mit gelegentlichen Regenschüben etwa so:
Und dann die Kommentatoren. Einer meiner Mitbewohner schaut gerne regelmäßig Bundesligaspiele auf unserem Wohnzimmerfernseher. Wenn ich mir dann Essen mache, bekomme ich mit, was für einen Scheiß sich diese Kommentatoren zum Teil zusammenlabern. Da werden Sprichwörter über Knie gebrochen, Sprachsalven abgefeuert und Worthülsen wieder ausgeworfen, dass das Trommelfell jedes*r auch nur abgebrochenen Germanisten*in freiwillig Selbstmordbegehen möchte. Im Fernsehen ist das noch wesentlich schlimmer als im Radio, dort beschränken sich die Liveschaltungen ja meist darauf, das jeweilige Spiel emotional zu schildern. Aber im Fernsehen schmeißen die meisten mit ihren Formulierungen um sich als meinte mensch, ihr Leben hinge davon ab, nicht etwas kohärentes und sinnvolles, sondern lediglich quantitatives zu produzieren. Eigentlich der perfekte Job für mich, wenn ich etwas mit der ganzen Schose anfangen könnte. Aber es ist mir leider selbst bei Judo, das ich seit fast zwei Jahrzehnten (mit Unterbrechungen) praktiziere, eine emotionale Involvierung irgendwie unmöglich. Immerhin ist mir beim Schauen der Judo-Wettkämpfe bei der letzten Olympiade aufgefallen: Die Leute wirken bei der Ausübung ihrer Kampf„kunst“ in etwa so graziös wie ich. Und ganz ehrlich, ich bin eher das Gegenteil von Elegant.
Aber klar, auch ich habe hochabstrakte Themen, über die ich mich angeregt diskutieren kann. Wie in diesem Rahmen oft genug bewiesen. Oder alle zwei Wochen bei Mehr Spieler. Aber nie würde ich frenetisch mit anderen Jubeln, nur weil Dark Souls 2 angekündigt wurde, nur als Beispiel. Okay, vielleicht ein bisschen. Nie aber würde ich jemanden ins Gesicht schlagen, nur weil diese Person um Beispiel ein Spiel doof findet. Ausser es ist Chrono Trigger. Chrono Trigger ist DAS BESTE SPIEL EVER! Und wer was anderes behaupet, dem geb’ ich volles Pfund aufs Maul!
1 Pingback