In unseren Podcasts und Blogbeiträgen haben wir immer wieder ein Spiel erwähnt: FTL. Dieses kleine Indie-Spiel ist aus verschiedenen Gründen besonders, heute geht es aber um eine Bezeichnung, die immer wieder auf das Spiel angewandt wird: Roguelike (oder mit Bindestrich, Rogue-like also, wie es Wikipedia macht). Wo kommt der Begriff her, was sind die Merkmale dieses Meta-Genres und warum ist ein Roguelike vielleicht gerade für Indie-Entwickler*innen attraktiv? Na dann wollen wir mal:

Der Begriff leitet sich vom Spiel Rogue ab, welches 1980 im universitären Kreis Kaliforniens entwickelt wurde. Urheber des Ganzen waren Glenn Wichman, Ken Arnold und Michael Toy. Was die drei Fragezeichen des Computerrollenspiels da gemacht haben, war nichts weiter als das wahrscheinlich erste grafische Rollenspiel auf einem Heimrechner, zumindest neben Akalabeth und Wizardry. Zumindest was mensch damals so Grafik nannte, denn eigentlich bestand alles nur aus ASCII-Zeichen. An diesem Markenszeichen orientieren sich alle bis heute erschienene (freien) Klone des Ur-Rogues. Mensch spielte den namensgebenden Rogue, hier also eine Art Schatzsucher, der immer tiefer in ein Dungeon hinabstieg, um das “Amulett von Yondor” zu bergen. Anders als aber in den bisher erschienenen Rollenspielen, bis dahin fast ausschließlich Textadventure, spielte mensch nicht nur quasi auf einem Spielbrett, das Verlies änderte sich auch mit jedem neuen Spiel, genau wie die Positionen der Gegner und ihre Typen sowie die Schätze, auf die mensch stieß. Und um das ganze noch arglistiger zu gestalten, veränderten sich auch die Wirkungen von Schriftrollen und farbigen Tränken mit jedem neuen Spiel.

Wem kommt das ganze jetzt bekannt vor? Genau, das ist so ziemlich das Rezept vieler moderner Action-Rollenspiele, wie Torchlight, dem Über-Titel Diablo (1 bis 3) oder Indie-Titeln wie Dungeons of Dredmor. Natürlich werden verschiedene Sachen (wie beispielsweise die zufallgenerierten Schriftrollen und Tränke) abgeändert oder weggelassen, aber im Herzen dieser Spiele arbeitet noch immer die Grundmechanik von Rogue: zufallsgenerierte Level, Gegner und Ausrüstung. Während aber Rogue noch rundenbasiert arbeitete (eine Aktion = eine Runde), spielen sich viele moderne Roguelikes durch die Verlagerung in die Echtzeit actionlastiger. Ausserdem kann mensch sich fragen, ob das Genre Roguelike heutzutage nicht viel zu inflationär gebraucht wird. Denn viele Spiele, deren Level oder Loot oder beides, stark zufallsabängig sind, werden sogleich in die Roguelike-Ecke gedrängt. Aber ist Minecraft auch ein Roguelike, dank seiner prozedural generierten Welt? Macht sich Dwarf Fortress auch in dieser Ecke breit, obwohl es mit Rollenspiel nicht mehr viel zu tun hat, sonder es sich dort eher um Strategie dreht? Und steht Diablo 3 noch zu recht in der Tradition des frühen Dungeoncrawlers?

Da ich Genre-Diskussion eigentlich ziemlich ermüdend finde, sollen die obigen Fragen erstmal so stehenbleiben. Interessanter finde ich die Frage, warum im Moment augenscheinlich sehr viele Roguelikes vor allem im Indie-Bereich entstehen. Wahrscheinlich liegt dies unter anderem daran, dass diese recht einfach zu programmieren sind: Mensch erstellt verschiedene Puzzleteile und muss dann nur schauen, dass der Computer diese ordentlich wieder zusammenfügt. Natürlich gibt es dann verschiedene Schrauben, wie Lootgröße, Gegnerschwierigkeit usw., an denen die Entwickler*in schrauben können, aber greifen die Puzzleteile einmal ordentlich ineinander, hat mensch als Pogrammierer*in seine Arbeit getan. Hinzu kommt dann noch der hohe Wiederspielwert: Durch die Zufallsgenerierung erwartet das Publikum ein immer neues Abenteuer nach den weitestgehend gleichen Regeln. Aufgrund dieser Tretmühle aus, nun ja, looten und leveln, ist das Meta-Genre der Roguelikes auch seit Jahren ziemlich beliebt, wie ja auch die Stellung von Diablo und seinen diversen Klonen auf dem Spielemarkt zeigt.

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Gibt es eigentlich Katzen bei Diablo? Habe da nie nachgeschaut. By Geckoam, via flickr.com

Für mich stellt aber gerade die Zufallsabhängigkeit auch die größte Crux im Design eines Roguelikes dar. Denn nie kann ich das Gefühl haben, wirklich fair behandelt worden zu sein. Wenn nahezu mein gesamten Spiel vom Zufall abhängt, dann geht es weniger um das persönliche Können, sondern lediglich um Glück. FTL, zum Beispiel, ist ein tolles Spiel, keine Frage, aber gleichzeitig auch sehr frustrierend. Denn egal wie gut ich meine Crew organisiere, egal wie toll ich mein Schiff ausbaue (so denn ich genug Baupunkte habe), wenn das Spiel mir nicht gute Waffen in den Weg legt, dann werde ich den Endgegner nie besiegen können. Wie oft scheiterte ich am letzten Schiff und ärgerte mich, dass eine schöne und lustige Stunde so jäh und frustrierend enden musste, weil ich gegen eine Horde wilder Drohnen einfach chancenlos war. Ich weiß, das Prinzip hinter FTL ist: nutze, was du hast. Aber mit ein bisschen Pech (und viel gehört nicht dazu), habe ich kaum etwas, was ich ordentlich nutzen kann. Nicht zuletzt deshalb ist das Ur-Rogue auch bekannt für seinen horrenden Schwierigkeitsgrad. Letztlich bleibt aber die Tatsache, dass dieses Meta-Genre, oder eher sein zentrales Element der Zufallsabhängigkeit, seit über dreißig Jahren viele Menschen an die Bildschirme dieser Welt gefesselt hat und dies noch immer tut. Auch mich: Mit ein bisschen Glück konnte ich vor einigen Tagen FTL tatsächlich durchspielen und die Föderation gegen die Rebellen verteidigen! YEAH! Ein Wermutstropfen aber bleibt: es war nur auf dem einfachen Schwierigkeitgrad. Also auf ein neues, du zufallsgeneriertes Weltraumspiel!

P.S.: Wer sich für eine Geschichte der frühen Computerrollenspiele interessiert, der schaue bitte hier rein. Viel Spaß!