Ist es eigentlich schon zu spät, darauf hinzuweisen, dass unser Titel eine Anspielung auf “Hier spricht Edgar Wallace” ist? Na, ist ja auch egal. So toll waren die Dinger eh nicht und durch quere Eselsbrücken in meinem Kopf hat Wallace mir die Lust auf Hitchcock verdorben. Eine Wissenslücke, die ich schon bald zu schließen gedenke. Mich und Till werden mir da bestimmt unter die Arme greifen.
Der heutige Beitrag läuft nach dem bekannten Schema “unverhofft kommt oft”. Letztes Jahr bin ich ohne große Erwartungshaltung (und dazugehörigen Druck) in “The Dark Knight Rises” gegangen und es war mein Blockbuster des Jahres. Auch bei “Life Of Pi” hab ich eher beim Stäbchenziehen verloren, als dass ich mich um die Buchadaption gerissen hätte.
Wie immer zeigen Trailer das was sie nicht sollen… und viel mehr
Ohne das Buch gelesen zu haben (immer ein Vorteil, wenn man den Film allein bewerten möchte) und mit viel Skepsis gegenüber der Spannungskurve eines Films mit einem Boot, einem indischen Teenager und einem bengalischen Tiger habe ich mir also “Life of Pi” angesehen. Und was soll ich sagen? Von all den bisher von mir begutachteten Oscar nominierten Filmen (Lincoln steht noch aus!) ist “Life of Pi” der überzeugendste.
“Life Of Pi” kommt aus dem Französischen und lässt deswegen schöne Parallelen zu “Hugo Cabret” zu. “Hugo Cabret” hatte das Problem, dass der Film in wunderbaren Bildern keine Geschichte zu erzählen hatte. “Life of Pi” kann genau diese Schwäche ausmerzen und liefert eine visuell ebenfalls sehr ansprechende Leistung. 3D ist wie immer überbewertet und macht einige fantastische 2D-Aufnahmen kaputt (u.a. die emotionalste Szene des Films), aber wenn die Effekte zum Einsatz kommen, wirkt es nicht einfach nur drauf geklatscht.
Nach einer guten halben Stunde der Charaktereinführung, die von Pi’s Namensgebung über die Faszination zur Religion des Jungen führt. Der Aufbau des Films, der von der Rahmenhandlung des erwachsenen, erzählenden Pi’s als Bindeglied bei Zeitsprüngen genutzt wird, ist absolut liebevoll gestaltet. Hier zeigt sich, dass Ang Lee auch nach Großtaten wie “Eat, Man, Drink, Woman”, “Der Eissturm” und “Brokeback Mountain” weiterhin versteht die großen Gefühle zu wecken.
Würde wohl nicht nein zu einem weiteren Oscar sagen: Ang Lee. Via jiadoldol
Ohne ein Wort zu sprechen, wird mit einer wunderbaren Mischung aus Kamera-Einstellung, Soundtrack und Effekten die emotionalste Szene des letzten Jahres geliefert, wenn der im Untertitel erwähnte Schiffbruch stattfindet, bevor Pi mit dem Tiger auf Überlebensfahrt geht. Diese Fahrt macht die zweite Hälfte des Films aus und tut dem Pacing des Films ein wenig weh.
Dadurch, dass das Zusammenspiel Pi’s mit dem Tiger glaubwürdig dargestellt werden soll, kommt einem die Passage auf dem Meer erschreckend lang vor. Dabei ist keine Szene überflüssig und allein die vielen Verweise auf Religion und Gott werden weniger gläubige Menschen abschrecken können. Doch ACHTUNG, Baby! Wer sein Hirn einsetzt kann Gott ganz einfach mit Menschlichkeit und Moral austauschen und macht den Film auch für Agnostiker und Atheisten zum Genuss.
Bis auf eine sehr unglaubwürdige Passage gegen Ende des Films erfüllt der Film zu jedem Zeitpunkt seine Aufgabe. “Life of Pi” strotzt vor Moral, Menschlichkeit und Gefühl. Auch deswegen sind die eher abenteuerlichen oder rein visuell interessanten Szenen die schwächeren. Die Exposition des Films hingegen hätte ich noch eine weitere Stunde gucken können.
Ganz viel Gefühl bei Life of Pi. Via George Eastman House
“Life of Pi” ist fantastisch erzählt in Worten und Bildern und ist genau das, was man sich von einem Kinobesuch erwartet. Die Bildgewalt der Stürme auf offenem Meer erschlagen einen (besonders Menschen wie mich, die einen Heidenrespekt vor Naturgewalten und besonders offenen Gewässern haben) und einige Dialoge und Erzählungen Pi’s schnüren einem das Herz in der Brust zusammen.
Hört und schaut nicht auf die Trailer, die allein mit Bildgewalt und Effekten werben, um euch das zusätzliche Geld für 3D aus der Tasche zu ziehen. “Life of Pi” ist einer dieser Filme, nach welchem ihr euch reicher fühlt und teilweise auch emotional erschöpft. Die Geschichte wird allerdings jeden, der ein schlagendes Herz in seiner Brust hat, mit einem Lächeln aus dem Kino spazieren lassen. So muss Kino-Drama für die ganze Familie funktionieren. Ohne Peinlichkeiten und zu großartiges Massenappeal und dafür mit ganz viel Gefühl.
17/02/2013 at 13:21
Die Kritik hat mich überzeugt den Film doch noch gucken zu gehen ^-^
Mal sehen ob ich wen dafür finde :)
21/04/2013 at 11:12
Toll anzusehender Film, der vor allem im Kino mit 3D ein Genuss ist (obwohl ich das normalerweise gar nicht gut vertrage). Die Story selbst kommt im Buch noch besser rüber.