Videospiele sind, wenn man so will, im Grunde eine amerikanische Erfindung. Zwar geht der Computer zurück auf die Forschungen Konrad Zuses, allerdings steckte dieser in einer Art analogen Sackgasse, als die ersten Überlegungen zur digitalen Revolution bei Computern angestellt wurden. Und es waren diese digitalen Revolutionäre, die in den Kellerlöchern englischer und us-amerikanischer Universitäten die ersten Computerspiele zusammenprogrammierten. Eines der ersten Spiele, die so entstanden, war Spacewar!, spielbar auf einem heute archaisch wirkenden Computermodell namens PDP-1. Konzipiert war das Spiel für zwei Personen, allerdings mehr aus Not denn aus Planung, da die Rechenkraft der damaligen Höllenmaschine nicht für die Berechnung einer künstlichen Intelligenz ausreichte. Allein die Tatsache, dass wohl ein Einzelspielermodus geplant war, aber nicht umgesetzt werden konnte, führt mensch eine der Motivationen vor Augen, warum wir heutzutage so gerne zur Maus oder zum Gamepad greifen: Der Wettbewerb.
Denn die Spielerin oder der Spieler kann im Videospiel auf zwei Arten den Wettbewerb suchen: Zum einen mit der künstlichen Intelligenz bzw. gegen das Spiel selbst oder andererseits im Spiel gegen andere, menschliche Kontrahentinnen und Kontrahenten. Bei beiden Varianten steht natürlich die Überwindung von unterschiedlichen Hürden im Vordergrund, doch wie sich diese gestalten, unterscheidet sich nicht zuletzt von Genre zu Genre.
Bevor ich aber auf dieses Thema komme, noch einen kleinen Exkurs. Die USA kennen nämlich die sogenannten Penny Arcades, Spielhallen also, in denen mensch „Telespiele“ an Spielautomaten zocken konnte und dabei sein ganzes Kleingeld Cent für Cent verjubelte. Hierzulande (und ich würde behaupten, in ganz Europa), sind diese Arcades kaum verbreitet oder zumindest auf ganz spezielle Orte beschränkt, wie beispielsweise Jahrmärkte oder Bowlingbahnen. Arcades jedenfalls haben den kompetitiven Aspekt des Wettbewerbsmechanismus früh gefördert durch High-Score-Listen oder Spiele wie Street Fighter II, welche direkt mit zwei Kontrolleinheiten in der Maschine ausgeliefert wurden. Mensch kann sogar noch weiter zurückgehen, denn bereits die ersten Heimkonsolen der 1970er-Jahre, die Pong-Klone und später die Atari-Serien, setzten auf Mehrspieler*innen, waren teilweise ohne eine*n zweite*n Mitspieler*in nicht bedienbar. Wenn man so will, war also der Multiplayer bereits vor dem Singleplayer da.
und von Brettspielen fange ich gar nicht erst an. Via marcia.furman
Deutlich ist also, dass noch vor dem Aufkommen mehr oder weniger komplexer Erzählungen in Videospielen, letztlich den ersten Textadventures wie Adventure und schließlich Zork, das Spiel gegen Menschen mehr Bedeutung hatte als das Spiel gegen die Maschine. Aber auch in letzterem Aspekt geht der Ursprung des Videospiels weiter zurück als mensch gemeinhin annehmen könnte. Es wäre wohl nicht falsch zu vermuten, dass die Flippermaschinen, erfunden kurz nach dem zweiten Weltkrieg, richtig populär geworden in den 1960er und dann wieder Ende der 1980er Jahre, eben den Mensch-gegen-Maschine-Aspekt am besten verkörpern. Schließlich stellt man sich dem Parcours für die Stahlkugel ganz alleine, bewaffnet mit zwei Zeigefinger und der eigenen Geschicklichkeit. Aber auch beim Flipper stellt das Punktesammeln und anschließende Eintragen auf der Bestenliste einen zentralen Beweggrund dar, an dem nicht zuletzt auch der Erfolg und damit Spaß am Spiel gemessen wird.
Bei Videospielen verhält es sich ganz ähnlich: Wir spielen um Erfolg zu haben. Es stellt sich lediglich die Frage, aus welcher Form von Erfolg man jeweils selbst den größten Spaß zieht. Beim typischen Einzelspieler-Spiel, beispielsweise dem Ego-Shooter mit Story (Half-Life, Metro 2033) oder Plattformer (Sonic und (Super) Mario Bros., Super Meat Boy), geht es darum, die von den Designer aufgestellten Hürden zu überwinden und daraus den Erfolg für sich zu verbuchen. Und tatsächlich freut man sich tierisch, hat man ein schweres Spiel wie Sonic oder Super Meat Boy bis zum letzten Endgegner durchgespielt und dabei die vielen schwierigen Stellen gemeistert. Bei dieser Form von Wettbewerb nimmt schließlich das Scheitern einen zentralen Stellenwert ein. Denn diese Spiele würden weit weniger Spaß machen, könnte man sie direkt im ersten Anlauf durchspielen. Zwangsweise also muss der Schwierigkeitsgrad hoch genug liegen, dass mensch beim Überwinden der Stelle das Gefühl bekommen hat, wirklich etwas besonderes vollbracht zu haben. Dark Souls beispielsweise fußt letztlich auf diesem Prinzip des Trial-and-Error, dass der*die Spieler*in also eine Stelle mehrmals angehen muss, bevor er*sie die Belohnung in Form eines besiegten Endgegners zugestanden bekommt. Dieses Spiel ist aber auch insofern interessant, als dass es ein eigentlich typischer Einzelspielertitel ist, der allerdings eine interessante Mehrspielerkomponente enthält.
Der Mehrspielerpart von Dark Souls deckt nämlich beide Varianten des Wettbewerbs mit Menschen ab: Kompetitiv und Kooperativ. Zum einen ist es möglich, in die „Welten“ anderer Spieler*innen einzufallen und sich mit ihnen im Kampf zu messen, andererseits ist es aber auch möglich, mit eben diesen anderen Menschen zusammen das Level zu erkunden und/oder den Boss zu töten. Und beide Mechanismen haben, generell und in allen Spielen, ihren Reiz. So teilt man natürlich gerne den Triumph eines gewonnenen Levels oder besiegten Endgegners, indem man mit der betreffenden Person physisch high-fiven kann. Es gibt ganze Spiele, wie Left 4 Dead, die auf diesem Prinzip aufbauen. Viele Titel, zum Beispiel Gunstar Heroes für den Mega Drive (Genesis) oder Turtles in Time für den SNES sind den meisten Leuten nur wegen ihres kooperativen Zweispielermodus im Kopf geblieben. Hier stehen also beide Spieler*innen im Wettbewerb mit der Maschine.
Dann wiederum gibt es Titel, in denen die Maschine nur das Spielbrett darstellt, auf denen Menschen gegeneinander antreten. Grob könnte man diese Spiele einteilen in actionlastige (Call of Duty, Counterstrike, First-Person-Shooter generell) und strategielastige Titel (DotA und seine Ableger, StarCraft, Spiele der Total War-Reihe). Die besondere Faszination bei dem kompetitiven Modus liegt natürlich darin, gegen echte Menschen anzutreten und am Ende mit dem Gefühl aus dem Spiel zu gehen, besser zu sein als jemand anderes. Wahrscheinlich ist dies aber der Grund, warum ich gerade mit dem Multiplayeraspekt von vielen Titeln nicht viel anfangen kann.
Menschen an und für sich finde ich ja ohnehin eher kritisch. Via Dalboz17
Schließlich seien noch kurz die MMOs bzw. MMORPGs erwähnt. Diese sind teilweise genau auf die verschiedenen Spielmodi ausgelegt. Während der (noch immer) Branchenführer World of Warcraft mehr Gewicht auf das Spiel gegen die Maschine (im MMO-Jargon PvE) legt und seinen kompetitiven Teil (PvP) eher stiefmütterlich behandelt, ist PvP wichtiges Element bei Titel wie dem gescheiterten Warhammer-MMO gewesen (in Abwandlung des Realm vs. Realm). Letztlich bleibt zum Thema Wettbewerb festzuhalten, dass die vielen verschiedenen Formen dieses Mechanismus dafür sorgen, den Spielspaß zu erhöhen. Jedes Genre hat dabei seinen eigenen Reiz. Bei Jump ‘n Runs geht es um das eigene Können im Umgang mit dem Gamepad, genau wie bei Actionspielen. Rollenspiele fordern Planung und Taktik, genau wie Strategietitel. Und Adventures und Puzzlespiele geben uns Spieler*innen immer wieder das Gefühl, uns entgegen landläufiger Meinung doch nicht den letzten Rest Hirnschmalz mit dem letzten Schuß aus der Pistole oder Laserkanone in den Gegner gefeuert zu haben.
Abschließend zu diesen dreiteiligen, kleinen Überlegungen zum Thema Faszination von Videospielen lässt sich sagen, dass es natürlich am Ende ein gutes ineinandergreifen der Mechaniken eines Spiels sind, welches eine*n an das Gamepad oder die Maus fesselt. Für mich sind Narration, Interaktivität und der Erfolg, das Vorankommen, das Schauen-was-hinter-der-nächsten-Ecke-kommt, was das Videospiel zu meinem Lieblingsmedium machen. Ich hoffe ihr habt ähnliche oder ganz andere Gründe, wenn sie denn nur schließlich zu dem führen, was wir in Spielen suchen: Gute Unterhaltung.
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