„Ach, du! Das wäre doch nicht nötig gewesen“, sagt jemand geschmeichelt, aber doch auch voller ernst. Unter dem Geschenkpapier verbirgt sich eine der vielen Remaster-Versionen, die derzeitig den Markt überschwemmen. Neu ist das Prinzip zwar nicht, doch die HD-Aufhübschungen von Titeln wie „Jak & Daxter“ und „Halo“ gaben zumindest eine optische Verbesserung vor. Dass die Ergebnisse nur selten so gut wie bei „Okami HD“ ausfielen, wurde aufgrund der vielen Jahre Pause oft in Kauf genommen.
Die jetzige Flut an Spielen wie „GTA V“, „Tomb Raider“ und „DmC“ lässt sich jedoch viel leichter durch das Dorf treiben und offenbart die Wankelmütigkeit von uns Gamern aller Geschlechter und Völker aufs Neue. „Damals“ war das noch in Ordnung, dass diese „alten“ Titel neu aufgelegt worden sind. Und überhaupt: HD! Die Neuauflage ist natürlich in künstlerischer Hinsicht nicht besonders interessant. Zur zweiten Hälfte des letzten Generationenzyklus war es für viele jedoch recht erfrischend auf ein paar alte Spiele zurückgreifen zu können, die sie vielleicht auch noch nicht gespielt hatten.
Der Grund warum die Remaster derzeit derartig im Kreuzfeuer stehen, ist der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. In drei Jahren würden sich nur die wenigsten beschweren, dass eine „Tomb Raider: Definitive Edition“ den beliebten Bestseller neben einer Reihe von neuen Titeln anbietet. Natürlich gibt es auch immer Nörgler, wie schon bei den gelungenen Neuauflagen von „God Of War“ und Konsorten. Gamer wie ich, die nicht über die vorige Generation verfügen, freuen sich solche vermeintlichen Meilensteine nachholen zu können.
Nicht nur Musik wird gern und oft “remastert”
Wer sich mit der angekündigten „DmC“-Remaster-Version auseinandersetzt stellt zudem fest, dass es eine Reihe von Neuerungen gibt, die zumindest ein neues Spielgefühl versprechen. „FIFA“ lässt grüßen und auch dort ist Fortschritt zu begrüßen, nur die jährlichen Kosten von 60€ sorgen für das berühmte Geschmäckle. Wer sich geistlos über Remaster aufregt und diese für die fehlenden Innovationen ausmacht, der macht es sich einfach und liegt sehr wahrscheinlich komplett daneben.
Die Kapazitäten für solche Remaster-Versionen werden nicht von kompletten Teams durchgeführt und haben mit den tatsächlichen Hauptentwicklern und Produzenten die für neue Titel zuständig sind, überhaupt nichts zu tun. Und Remaster-Versionen können tatsächlich einen Mehrwert haben. Die PS4/XboxOne-Version von „GTA V“ ist ein weitaus belebteres Spiel und kann dem „Open World“- sowie dem „Sandbox“-Aspekt in einer umfangreicheren Art gerecht werden. Und auch die angekündigte „DmC“-Version wird Puristen mit 60 Frames und manueller Lock-On-Funktion gerecht werden. Ein Remaster kann inzwischen viel mehr tun als es die „Remakes“ der letzten Generation vorgemacht haben. Ähnlich wie die „Persona“-Reihe schon vor Jahren gezeigt hat, können die Spielmechaniken neu aufgelegt werden.
Die wenigsten Spiele sind perfekt. Und wer bei nachgereichten Besserungen fragt, warum das nicht schon vorher so war, lässt unglaublich viele Faktoren außen vor. Als Spiele wie „Bioshock Infinite“ und „DmC“ verschoben worden sind, war das Geschrei stets groß. Wären die Spiele vorher allerdings unfertig erschienen, wäre niemand froh gewesen. Es ist wie so oft die Kluft aus (nicht begründetem) Anspruch und der Wirklichkeit. Der Markt fordert, die Publisher wollen ihr Geld und den Entwicklern wird Feuer unterm Hinter gemacht. Das ist oft der Standardablauf, was übrigens auch für Filmemacher und Autoren zutrifft. Und wer von euch nicht arbeitet, fragt mal Freunde, Familie und Verwandte. Wer weiter unten steht, der hat seine Dienstleistungen möglichst effizient zu vollbringen, damit die Gewinnspanne artig steigen kann.
Via Flickr by Andrzej Szymanski
“GTA III”, als Meisterwerk betitelt, ist aus heutiger Sicht geradezu verpflichtet “remastert” zu werden. Warum? Das Spiel hatte keine Ingame Map, was es aus heutiger Sicht und im Vergleich zum Nachfolger “GTA Vice City” nahezu unspielbar und vorsteinzeitlich erscheinen lässt
Die „Remaster“-Versionen bleiben in künstlerischer Hinsicht jedoch trotzdem nahezu überflüssig. Selten ist der Zuwachs an Material derartig bedeutend, dass jemand über diese Versionen spricht, wie es zum Beispiel bei einer „Apokalypse Now Redux“-Version der Fall war. Das liegt natürlich auch daran, dass ein Videospiel oft nicht in Sachen Inhalt, sondern in Bezug auf Balancing und Nuancen hin ausgebessert wird. Kaum ein Spiel schneidet fertige Level heraus, da es nicht wie bei Filmen selbst auferlegte Zeitgrenzen gibt.
Die tatsächliche Verdammung solcher Neuauflagen ist jedoch oft auf selbstgerechtem Geschwätz beruhend. Tut es meiner Brieftasche weh, wenn eine Neuauflage erscheint? Nein, definitiv nicht, da ich nicht zum Kauf gezwungen werde. Die Abzocke wird stets vorgeworfen, doch an diesem Punkt mit dem Thema Abzocke zu beginnen ist in einer Dekade mit DLCs, teils fragwürdigen Funding-Systemen, Season Pässen und multiplen Vorbesteller-Editionen unsagbar sinnfrei.
Bezeichnend für die „öffentliche“ Meinung und indirekte Hilflosigkeit gegenüber solchen „Remastern“ ist, dass das „Spiel des Jahres“ der PS4 „The Last Of Us“ sein müsste. Und wer sich tatsächlich mit den technischen Möglichkeiten fernab der Grafik beschäftigt, stellt fest, dass „The Last Of Us Remastered“ zu den schwächeren Vertretern gehört. Hier wurde ein Spiel von keinem seiner spielerischen Schwächen befreit. Die Freund-KI, sowie das Verhalten mancher Waffen hätte überarbeitet werden können, um ein bereits tolles Spiel nochmals zu verbessern. Da muss im Vergleich vor „GTA V“ und „DmC“ schon der Hut gezogen werden, dass zumindest noch neue Ideen verarbeitet wurden.
Schön und vertraut, aber letztlich deswegen auch so unspektakulär. Anstatt die Gameplay-Schwächen auszumerzen, müssen sich Spieler mit 60 Frames pro Sekunde und besserer Auflösung begnügen
Wer sich jedoch tatsächlich mit solcher Kritik auf „The Last Of Us Remastered“ stürzen würde, ist genau so inkonsequent wie die anderen Gegner dieser Vorgehensweise. „The Last Of Us Remastered“ ist wie alle anderen „Remaster“ auch in erster Linie, um neue Spieler für sich gewinnen zu können. Wenn daneben einige Leute schlichtweg nicht wissen, wohin mit ihrem Geld und sich zusätzlich noch diese Spiele zu den Originalen kaufen, dann ist es deren freie Entscheidung. Ein Ärgernis wären solche Remaster, wenn jährlich solche “Verschlimmbesserungen” zur Mode werden, was in unseren Augen auch mit für die Kritik an Sportreihen, so einigen Prügelspielen und natürlich Assassin’s Creed sorgt.
In der Zeit der von Teilen von Teams durchgeführten „Remaster“-Version können Concept Planner, Event Designer, Character Designer, Story-Autoren und wer sonst noch in die ersten Phasen neuer Spiele eingebunden ist sich auf neue Projekte konzentrieren. Sollte sich tatsächlich irgendwann niemand oder kaum noch wer für „Remaster“ interessieren, dann werden diese auch nicht mehr produziert. Das ist kein ideeller Gedanke, sondern einfache Marktwirtschaft. Warum sollten Publisher Geld für etwas ausgeben, dass ihnen keinen Gewinn verspricht? Diese Frage könnt ihr garantiert auch selbst beantworten und dann gibt es auch nicht mehr ganz so viele Gründe sich aufzuregen.
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