Feminismus wird ja sehr gerne als aggressiv, bevormundend und laut betitelt. Das stimmt sicherlich in manchen Fällen. Immerhin handelt es sich um eine Bewegung, die versucht bestehende Ungleichheiten anzugreifen.
Der Preis für das Kritisieren bestehender Strukturen ist leider, dass man* immer wieder mit den gleichen Kommentaren, ‘Gegenargumenten’ und Beschimpfungen umzugehen hat. Von Vorurteilen gegenüber einer Frauenquote, über das Lächerlichmachen von gegenderter Sprache bis hin zu Vorwürfen das Matriarchat ausrufen zu wollen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zu oft droht der*die Feminist*in unter diesem Berg an Sisyphosarbeit seine*ihre Motiavtion zu verlieren, denn letztendlich läuft es daraus hinaus, dass man* immer und immer wieder die gleichen Argumente wiederholt.
Zurück auf Anfang
Letztendlich war dies auch die ursprüngliche Idee für diese Kolumne. Hier sollten Argumente gegen Vorurteile und vermeintliche ‘Fakten’ (der sexitischen Natur) gesammelt werden, um diesen Kampf ein bisschen zu erleichtern. In letzter Zeit ist diese Idee aufgrund von aktuellen Ereignissen, wie der Debatte um die Pille danach oder dem Serienfinale von How I met your mother ein bisschen abhanden gekommen. In diesem Sinne geht es heute wieder zurück zu den Ursprüngen.
Soll Männlichkeit wirklich so aussehen wie bei Superman?
Es gibt einen Vorwurf, der bei so ziemlich jedem feministischen Thema aufzukommen scheint, egal ob es um Filme, sexuelle Gewalt oder Rollenbilder geht. Früher oder später (leider eher früher) wird jemand einwerfen: “Aber was ist denn mit den Männern?” Auf einer größeren Ebene manifestiert sich das Grundproblem dieser Aussage in der sogenannten Männerrechtsbewegung, die verzweifelt versucht auf das arme Schicksal der von den Feminist*inn*en unterdrückten Männer aufmerksam zu machen.
Von Ablenkung und Eigeninitiative
Es stimmt, dass diesem Einwurf von vielen Seiten entgegnet werden kann, denn schließlich hängt es vom Kontext ab, ob er angebracht ist oder nicht. Doch in der Regel kommt er dann, wenn es eigentlich um etwas anderes geht. Wird z.B. gerade die sexuelle Gewalt an Frauen* diskutiert, heißt das nicht, dass damit automatisch Gewalt an Männern* marginalisiert wird. Es wurde sich lediglich dafür entschieden dieses Thema zu fokussieren (meist, weil eine viele höhere Prozentzahl von Frauen* betroffen ist). Traurigerweise ist die Reaktion in solchen Fälle aber nicht, sich diesem Thema in einem eigenen Artikel anzunehmen, sondern es werden lieber die Autor*inn*en dafür angeriffen, dass sie sich für besagtes Thema entschieden haben. “Aber was ist mit den Männern” verkommt an dieser Stelle leider zu einem traurigen Derailing-Versuch und bringt damit die Dikussion für Frauen* UND Männer* nicht vorran.
Via flickr by Voluntary Amputation
Nicht vom Weg abbringen. Ablenken ist nie ein Zeichen von guter Argumentation.
Doch dem Einwurf liegt ein noch tieferes Problem zu Grunde. Der Feminismus wird damit verteufelt, dass er sich nicht um Männer* kümmert. Viel zu oft wird ihm damit seine gesellschaftliche Relevanz abgesprochen.
Diese Aussage ist wahr und falsch zu gleich. Ohne Frage legt der Feminismus im ursprünglichen Sinne seiner wörtlichen Bedeutung einen Fokus auf Frauen*. Die gute Nachricht ist aber, dass wir uns nicht mehr in den 80ern des letzten Jahrhunderts befinden. Zum einen war der Feminismus auch damals weit davon entfernt eine homogene Bewegung zu sein. Seit seinen Ursprüngen im 19. Jahrhundert zeichnete er sich durch eine große Vielfältigkeit in seinen Ausrichtungen aus, auch wenn das viele gerne mit Verweis auf Alice Schwarzer verdrängen wollen. Zum anderen haben bedeutende Persönlichkeiten wie bell hooks oder Judith Butler dafür gesorgt, dass sich das Spektrum feministischer Debatten um einiges erweitert hat.
Wann ist ein Mann ein Mann
Sexuelle Identität, Rassismus, unterschiedliche Lebens- und Liebeskonzepte – dies sind nur einige der vielen weitdiskutierten Bereiche feministischer Analysen und Aktionen. All diese Aspekte berühren auch die Lebensrealität von Männern*. Vor allem wenn es darum geht stereotype und heteronormative Geschlechterbilder anzugreifen. Ein flexibleres Frauenbild resultiert letztendlich auch in einem flexiblen Männlickeitsbild. Hinzu kommt, dass nicht wenige Feminist*inn*en sich bewusst mit GESCHLECHTERungleichheit auseinander setzten und damit per Definition Männer* einschließen.
Doch all dies beseite: es gibt sicherlich eine Tendenz, Probleme von Frauendiskriminierung zu fokussieren. Begründen lässt sich das schlicht und ergreifend damit, dass Frauen statistisch gesehen häufiger und öfter die Opfer von (strukturellem) Sexismus sind. Nichtsdestotrotz ist es wichtig ehrlich (und nicht als Angriff) zu fragen: “Aber was ist mit den Männern?”
Dies sollte allerdings nicht unter einem feministischen Artikel zur Diskriminierung von Frauen geschehen! Denn der weiße, heterosexuelle Mann ist in unserer westlichen Welt nur sehr, sehr selten strukturell diskriminiert, da er die Norm darstellt an der alles andere gemessen wird. Das weibliche, nicht-heterosexuelle und/oder nicht-weiße gilt letztendlich immer als das Andere. Dennoch ist es wichtig über Männlichkeiten zu sprechen, über alleinerziehende Väter, über männliche Vergewaltigungsopfer und männliche Gesundheitsprobleme. Diese Themen manifestieren sich vielleicht nicht (immer) in einer greifbaren strukturellen Diskrimierung wie ungleicher Lohn für gleiche Arbeit, aber sie sind dennoch Teil einer ungerechten Gesellschaft.
Das Feindbild zu Hause lassen
All diese Probleme können aber nur gelöst werden, wenn wir zusammenarbeiten. Wenn sich Menschen mit diesen Themen auseinandersetzen ohne dabei auf die Diskriminierung von Frauen herabzuschauen und sie zu negieren. Wir leben in einer Demokratie und diese braucht den Diskurs. Nur mit einem Diskurs über diese Probleme und der Zusammenarbeit mit dem Feminismus, der hier schon viel theoretische Vorarbeit geleistet und vielerlei Hinsicht diese Themen bereits angesprochen hat, kann an dieser Stelle eine Besserung stattfinden.
Via flickr by sultan alghamdi
Zusammen erreicht man* immer mehr!
Feindbilder bringen niemandem etwas, das ist die Moral dieser Geschichte. Der Feminismus ist weit davon entfernt Männer zu marginalisieren. Er hat eine Wahl getroffen. Um die Dinge für Frauen zu verbessern, ist es von Bedeutung sich auf bestimmte Aspekte in einer Debatte zu konzentrieren, damit eine Veränderung erzielt werden kann. Bei dieser Prämisse ist es schlicht und ergreifend nicht die Aufgabe des Feminismus sich um Männer zu kümmern. Das heißt aber nicht, dass er kein Interesse hat ihre Situation zu verbessern. Es ist ein einfacher Deal, den viele Feminist*inn*en anbieten: Unterstützt die gleichen Rechte von Frauen* und wir unterstützen euch bei dem Kampf gegen Ungerechtigkeit, die Männer erfahren.
Letztendlich kann nur die betroffene Gruppe Diskriminierungserfahrungen definieren und genau deswegen müssen sich Männer mit dem Problemen heteronormativer Männlichkeiten auseinandersetzen. Deswegen brauchen wir Männer*, die Artikel dazu schreiben, Aktionen planen und die Dinge ändern wollen. Allerdings ohne automatisch alles zu verteufeln, was der Feminismus erreicht hat oder gerade diskutiert, denn am Ende des Tages sitzen wir alle im gleichen Boot. Anstatt also gewollt oder ungewollt mit “Aber was ist ist mit den Männern” zu derailen, schreibt etwas eigenes. Stoßt die Diskussion an, seit Verbündete und verändert die Welt. Zusammen ist man* weniger allein.
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