Es ist geschafft. Man* mag es kaum glauben, aber mit dieser Kritik haben wir auf Daran geht die Welt zugrunde alle Oscar nominierten Filme in der Kategorie Bester Film besprochen. Auch wenn Max bis auf American Hustle mehr als unzufrieden mit seinem Teil der Filme war, kann ich nur noch einmal sagen, dass ich Glück hatte. Zwar war bisher kein Werk dabei, das mich total gehyped hat, aber dennoch lässt sich meine Hälfte der Kategorie als solide bis gut bezeichnen.

Das wahre Unrecht

Solide bis gut ist schließlich auch das Label, dass ich dem letzten Film verpassen muss. Die britische Produktion Philomena gehört unter anderem mit Captain Philips und Dallas Buyers Club in den großen ‘Basiert auf einer wahren Geschichte’-Topf. Der Film handelt von Philomena (Julie Dench), einer Frau auf der Suche nach ihrem verlorenen Kind. Unehelich schwanger im Irland der 50er Jahre wurde sie von ihrer Familie in ein Kloster abgeschoben. Hier musste sie nicht nur unter härtesten Bedingungen arbeiten, sondern gebar auch ihr Kind. Nur eine Stunde am Tag wurde es ihr erlaubt ihren Sohn zu sehen, bis eine Familie ihn adoptiert und sich seine Spur verliert.

50 Jahre später treffen wir auf eine liebevolle und gestärkte Frau, die ihren Sohn aber nie vergessen konnte. Zusammen mit dem Journalisten Martin Sixsmith (Steve Coogan), der anfangs wenig begeistert von der human interest story ist, versuchen beide ihren Sohn wieder zu finden.

Ähnlich wie Die unbarmherzigen Schwestern nährt sich Philomena einem der dunkelsten Kapitel der irischen Geschichte. Bis heute suchen Frauen nach ihren Kindern und noch immer gibt es keine Entschuldigung der Katholischen Kirche an die unzähligen Frauen, die ausgebeutet und erniedrigt wurden.

Ein bisschen Licht bei all der Finsternis

Im Gegensatz zu anderen Filmen ist Philomena allerdings nicht annähernd so düster, wie man* es bei diesem Thema erwartet hätte. Neben der eigentlichen Suche konzentriert sich das Werk vor allem auf die Beziehung zwischen Sixsmith und Philomena, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Sixsmith, der gerade seinen Job bei der BBC verloren hat, ist ein Zyniker, Atheist und der Inbegriff des englischen Snobs, die warmherzige Philomena, die trotz des Traumas ihren Glauben nicht aufgegeben hat, steht hingegen mit beiden Beinen fest auf dem Boden.

Gerade wenn es um die katholische Kirche geht, merkt man* diese Unterschiede besonders. Der Glaube und die Kirchen geben immer wieder Zündstoff für Auseinandersetzungen und zeigen auf der anderen Seite den komplexen Charakter der Philomena, die erst lernen muss wütend auf die Schwestern zu sein.

Via flickr by brixton21judiJudi Dench, eine der Großen des britischen Kinos. Zurecht.

Vergebung oder Gerechtigkeit?

Auch wenn die Grundbotschaft der Vergebung, die der Film letztendlich sendet, ein nobles Ziel ist, so war es gerade dieser Aspekt der mich unbefriedigt aus dem Film hat gehen lassen. Trotz der tollen Chemie zwischen Dench und Coogan und der liebevollen Charaktere, bleibt das Leid Philomenas konstant präsent. Trotz vieler Lacher sehen wir letztendlich Galgenhumor in einer Geschichte von einer Frau, der die Autonomie über ihren Körper und ihr Kind genommen wurde.

Man* lernt die Schwestern in diesem Film zu hassen und genau wie in Die unbarmherzigen Schwestern möchte man* am Ende auf die Barrikaden springen und etwas tun. Gerade die Antagonistin, Schwester Hildegard, die die Frauen als Sünderinnen beschimpft, ist so hassenswert, dass sich einer*einem die Zehnägel aufrollen. Doch das Aufbegehren gegen das Unrecht, die Verurteilung der Schuldigen, bleibt aus.

Das (Nicht-)Problem der wahren Geschichte

Dies mag zum einen daran liegen, dass wir abermals eine wahre Geschichte sehen. Wie auch Max bereits ausgeführt hat, mögen wahre Geschichten zwar beeindruckend sein, die besten Filmdrehbücher liefern sie aber leider selten. Die wahre Geschichte ist letztendlich ein Garant für eine Storyenttäuschung, entweder weil man* schon vorher weiß wie es ausgeht oder weil der Spannungsbogen nicht das leistet, was man* sich erhofft hat.

Dennoch stellt Philomena in gewisser Weise eine Ausnahme dar. Denn es gibt meiner Meinung nach einen weiteren Grund warum der Film so unbefriedigend ist. Wenn es um die Magdalenenheime und ähnliche Institutionen geht, dann gab es bisher kein Happy End.  Es gab bisher keine Gerechtigkeit, keine Verurteilung der Täter*innen. Philomena steht im Kleinen für das was im Großen geschehen ist. Einzelne Frauen haben ihre Vergangenheit aufgearbeitet und vielleicht ihre Geschichte erzählt, aber eine strukturelle Aufarbeitung blieb bisher aus. An dieser Stelle ein Happy End im Film zu erzählen wäre Hohn für die Opfer.

Via Wikimedia Commons by Eloquence

magda

Unrecht in seiner Reinform.

Natürlich könnte an dieser Stelle abermals das Argument ‘wahre Geschichte’ kommen, dennoch verliert es an Gewicht, wenn Filmemacher*innen den Anspruch haben mit ihrem Werk nicht nur zu unterhalten, sondern auch einen kritischen Blick auf die Gesellschaft zu werfen. Will man* auf die Ungerechtigkeiten in Irland aufmerksam machen, dann kann man* sich nicht von der bisherigen Entwicklung losmachen.

Geschichte in Abhängigkeit zur Realität

Philomena ist ein kleiner aber feiner Film, der trotz eines traurigen Themas viel Unterhaltung liefert. Dank der tollen Chemie und den beiden überzeugenden Hauptdarsteller*n*innen gelingt es dem Werk einen kritischen Blick auf eine schreckliche Geschichte zu werfen, ohne das man* das Kino depressiv verlässt. Dennoch glücklich wird man* das Kino nicht verlassen können. Die Gerechtigkeit, die diese Geschichte verdient hätte, bleibt gezwungener Maßen aus. Letztendlich bleibt dem Film durch die Realität unserer Gesellschaft die Hände gebunden.