Berufstätig zu sein hat neben einigen Vorteilen auch einen großen Nachteil: Zeit. Es gibt einfach nicht genug Zeit. Frei-Zeit im speziellen. Deswegen haben relativ kurze Spiele, die einen Nachmittag unterhalten oder zumindest nicht eine Spielzeit von grob 200 Stunden veranschlagen (wie beispielsweise Skyrim, du Inhaltsmonster), ihren ganz eigenen Reiz. Zuletzt war das „Brothers – A Tale of two Sons“, welches innerhalb von knapp drei Stunden zu Ende ist und ganz nebenbei eine bewegende Geschichte erzählen kann.
Far Cry 3 dagegen hat mich zwischen 13 und 14 Stunden gekostet, war aber immerhin sehr unterhaltsam. Wenig unterhaltsam dagegen waren die Endcredits von Far Cry 3. Ungefähr zwanzig Minuten, wenn nicht sogar länger, rollen da die Entwicklerinnen und Entwickler von unten nach oben. Es kommt wirklich jeder dran, von den Leuten bei Ubisoft Montreal bis hin zum italienischen Lokalisationsstudio. Man erfährt, dass Ubisoft in Shanghai den Multiplayer-Teil produziert hat und in Bukarest große Teile der Qualitätssicherung ausgelagert wurden. So interessant das auch sein mag, so stinklangweilig ist die Präsentation: Vor dem Hintergrund einer netten Strandansicht laufen die Credits ab. Die Musik wiederholt sich ständig, im Gegensatz zu den Namen, die da vor sich hin scrollen. Alles in allem wirkt das genauso lieblos wie bei Assassin’s Creed: Revelations und den nachfolgenden Teilen.
Via Flickr.com, by Saitomo
Stellt euch so in etwa das Ende von Far Cry 3 vor. Nur ohne Katze. Und mit mehr Namen.
Natürlich, aus wirtschaftlicher Sicht macht es wenig Sinn, Zeit (= Geld) in die Credits zu investieren, spielen die meisten Menschen ihre Spiele statistisch gesehen ohnehin nicht zu Ende. Aber gehören nicht diejenigen, welche das dann tatsächlich tun, belohnt für ihre Beharrlichkeit? Gute Credits bleiben im Gedächtnis hängen. Und sie haben, je mehr Mühe die Entwickler*innen sich geben, das Zeug zum Kult. Das Ende von Portal (nein, nicht die eher schwache Endsequenz) ist nicht umsonst vielen Leuten im Gedächtnis geblieben und bietet Stoff für Gespräche und Reminiszenzen bis heute (Portal kam 2007 raus. Wir werden alt). Grund: der ziemlich eingängige Abschiedssong mit einer großen Portion Humor.
Aber auch dieser Creditroll fehlt etwas eigentlich sehr essentielles für Videospiele: die Interaktivität. Warum nicht ein Level oder ein kleines Spiel aus den Credits machen? Zumindest würde das zum Medium Spiel passen. Aber da schlägt wohl die Prioritätenliste zu, denn bei vielen Entwickler stehen die Credits beziehungsweise das gesamte Spielende am ziemlich unteren Ende der Aufmerksamkeit.
Via Flickr.com, by Carlos Smith
Resultat: das verkorkste Ende von Mass Effect 3. Nicht der Abspann, sonder einfach alles ab dem letzten Kapitel auf der Erde.
Trotzdem lohnen sich unterhaltsame Credits. Das Ende von Vietcong habe ich mir gerne angeschaut, denn die Entwickler*innen unterhielten nicht nur mit einer aufgezeichneten Mehrspieler-Partie, sondern auch mit Fotos des Teams und der Entwicklung. Call of Duty und sein Nachfolger zeigten am Ende kleine Action-Dioramen. Überhaupt funktionieren Dokumentationen über die Entstehung zumindest bei mir gut. So hat mich die kleine Musiksession am Ende von Bioshock Infinite ziemlich überrascht. Ein letztes Beispiel: Am Ende des Saturn-Titels Dragon Force (großartiges Spiel, übrigens!) konnte man die Outtakes der Synchron-Sprecher*innen hören. Nicht wirklich großartig aber doch eine schöne Zugabe!
Spiele sind ein interaktives Unterhaltungsmedium. Also sollten die allermeisten Elemente eines Spieles mediengerecht gestaltet sein. Dazu gehören auch die Endcredits. Und wenn mensch die schon nicht interaktiv gestalten kann oder will, dann wenigstens unterhaltsam. Denn Credits anzuschauen sollte keine Bestrafung sein, sondern ein Vergnügen. Das haben nicht nur die Spieler*innen verdient, sondern in erst recht die Entwickler*innen.
Leave a Reply