Ich muss zugeben, dass ich es Trier dann und wann nicht leicht mache. Das hat hauptsächlich damit zu tun, dass ich in einer sehr großen Stadt in Deutschland groß geworden bin und die ersten 20 Jahre meines Leben einen gewissen Luxus als normal empfunden habe. ÖPNV, der besser als Autofahren funktioniert, Hunderte von Kinos, mehrere Museen und Ausstellungen sind nur einige Beispiele. Nicht zu Unrecht werde ich (vorzugsweise) von Johannes darauf aufmerksam gemacht, dass ich doch bitte mit diesem ungerechten Vergleich aufhören soll, aber manchmal ist die ‘Großstadt’ Trier einfach niedlich gegenüber richtigen Großstädten, mit Triers gerade mal 100.000 Einwohner*innen oder den Partys, die nur von Donnerstag bis Samstag stattfinden.

Manchmal passiert aber in Trier etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. Dann weht ein Hauch von Moderne durch die mittelalterlichen Gassen und ich merke, dass ich, auch wenn ich immer noch gerne meckere, diese kleine Großstadt ein bisschen lieb gewonnen habe. So jedenfalls ging es mir, als ich von dem neuen japanischen Schnellrestaurant mit dem Namen Chibi-ya in der Glockenstraße erfahren habe.

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Chibi-ya, das bedeutet übrigens soviel wie ‘Kleiner Laden’. CC BY- NC Anne Schaaf

Für alle, die es noch nicht wissen: Japanische Küche ist mehr als Sushi. Die Insel im Ostpazifik ist für Kochbegeisterte eine wahre Fundgrube an neuen Gewürzen, Ideen und spannenden Speisen. Ob elegante Fischgerichte, süße Reiskuchen oder Nudelsuppen, Japan hat kulinarisch so einiges zu bieten und ist vor allem für Neugierige zu empfehlen, die kein Problem damit haben auch mal ein vollkommen unerwartetes Geschmackserlebnis zu erfahren, wie z.B. Natto – vergorener Sojabohnenschleim (schmeckt nicht jedem*r, sollte mensch aber wenigstens mal ausprobieren). Umso trauriger ist es, dass sie ähnlich wie die chinesische Küche in Deutschland oft nur reduziert zu genießen ist (oder wie im Fall von China einfach nur europäisiert). Zwar kann mensch mittlerweile auch in den kleinsten Städten mit etwas Glück Sushi essen, aber damit hört es dann auch schon auf. Zumindest in Berlin haben sich inzwischen auch Restaurants durchgesetzt, die andere Speisen anbieten, aber in anderen deutschen Großstädten fällt einem die Suche nicht immer leicht.

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Das Gyûdon (Rindfleisch und Zwiebeln auf Reis) gibt es in klein, mittel und groß und wird, wie es sich gehört, in Schüsseln serviert und mit Stäbchen gegessen. CC BY- NC Anne Schaaf

Aber in Trier, ja in dieser kleinen Moselstadt, hat sich das Blatt gewendet. Mit Chibi-ya haben wir von jetzt an die Möglichkeit jeden Tag in der Woche von 12 bis 22 Uhr (bis auf Sonntags, da nur bis 18 Uhr) authentische Dons und Currygerichte zu verspeisen. Das Pochen auf die originale Wiedergabe der japanischen Speisen kommt nicht von ungefähr, ist die Inhaberin Eva Leibovitz doch eine erfolgreiche Absolventin der Trierer Japanologie und war selbst mehrmals in Japan. Ihr könnt euch also sicher sein, dass sie in den japanischen Vorbildern ihres kleinen Ladens gegessen hat. Unter anderem deswegen weiß sie auch, wovon sie spricht, wenn sie beim angebotenen Curry auf die Alltäglichkeit des Gerichts verweist und deutlich macht, dass es wie Spagetti mit Bolognese in Japan ist.

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Nebenbei: Calpis ist  wirklich lecker. CC BY- NC Anne Schaaf

Die Kleinigkeiten machen letztendlich bei allen Restaurants, Cafés oder Bars den Unterschied. Jede*r Japan-Interessierte wird sich freuen, wenn die Inhaberin ihnen erzählen kann, dass mensch das Curry deshalb mit dem Löffel isst, weil es immer noch als ausländisches Gericht gilt, obwohl es schon seit langer Zeit in Japan gegessen wird. Und selbst die Größe des Geschäfts vermittelt ein authentisches Gefühl, ist es doch mit seiner kleinen Gemütlichkeit nah an den Raumverhältnissen der japanischen Vorbilder dran. Im Gegensatz zum fernöstlichen Original (wo eher keine Kommunikation stattfindet) sorgt dieser Umstand aber in der Trierer Innenstadt dafür, dass die unterschiedlichen Gäste nicht nur symbolisch zusammenrücken und sich so das ein oder andere interessante Gespräch ergibt – Gutes Essen und Trier interner Kulturaustausch, quasi.

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Sollte es einmal total überfüllt sein, gibt es auch einige Plätze in der 1. Etage. CC BY- NC Anne Schaaf

Neben dem bereits erwähnten Curry und einem Gyûdon steht natürlich auch die obligatorische und leckere Misosuppe auf der kleinen Karte, die aber in Zukunft mit weiteren Gerichten angereichert werden soll. Zwar gibt es noch keinen Nachtisch, aber dafür können Freund*innen von grünen Nahrungsmitteln sich auf einen Salat mit verschiedenen Dressings freuen (Sesam ist sehr zu empfehlen, das nur so nebenbei). Besonders erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass nicht nur die Take-Away-Verpackungen aus ökologisch nachhaltigen Materialien bestehen, sondern mit einem Essen im Chibi-ya auch die regionale Wirtschaft unterstützt wird, da das Fleisch von einem Metzger aus der Serring kommt. Eigentlich bleiben da keine Wünsche mehr offen, außer, dass auch eine vegane Speise durchaus zur Landesküche passen und zumindest mein Herz noch höher schlagen lassen würde. Aber ich gebe offen zu, das ist Jammern auf hohem Niveau.

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Ingwer darf natürlich nicht fehlen. CC BY- NC Anne Schaaf

Doch abseits der Tatsache, dass das Schnellrestaurant gemütlich ist, die Speisen lecker und das Personal liebenswürdig, ist es beachtlich, wofür die Eröffnung des Chibi-ya steht. Nämlich dafür, wie unterschiedlich sich die Lebensläufe von Studierenden nach dem Studienabschluss entwickeln können und wie mutig es ist mit Mitte Zwanzig ein eigenes Geschäft mit den entsprechenden Risiken zu eröffnen. Dass dieser Versuch dann auch noch von Erfolg gekrönt ist, macht das Ganze umso besser. Von den Mangas im Regal über die japanische Popmusik bis zum Grünen Tee ergibt sich ein stimmiges Bild, das durch die schmackhaften Gerichte abgerundet wird. Die Wurzeln in der studentischen Kultur und die Nähe zur Japanologie lassen jedenfalls hoffen, dass sich nicht nur die fünf Verrückten von DgdWz, sondern auch viele andere Menschen im neuen Laden in der Glockenstraße einfinden werden.

DSC_9294Auch die Mangas in japanischer Sprache unterstreichen den authentischen Charakter. CC BY- NC Anne Schaaf