Unbezahlte Schleichwerbung ist immer noch die Beste! Da weiß man sofort, dass der Autor ein unreflektierter Fanboy mit einer Vielzahl von Allüren ist und sehr wahrscheinlich weinen wird, wenn ihr “seine” Band nicht auch toll findet. Und um wen geht es heute, wenn Max (also mir) Star Wars/Final Fantasy ähnliche Fan-Freude auf einem gedanklichen Einhorn reitend auf die Leser loslässt?

Kashmir ist der Name der Stunde. Eine Band aus Dänemark, die sich vor 20 Jahren aus denkbaren Gründen von ihrem Ursprungsnamen “Nirvana” gelöst haben und sich stattdessen nach einem Led-Zeppelin-Song benannt haben.  Bis 1999 hatten sich Kashmir in sämtliche dänische Hörerherzen gespielt und hätten wahrscheinlich sogar mit finnischer Volksmusik an die Spitze der Charts stürmen können.

Das war den Männern um Sänger Kasper Eistrup allerdings zu dumm und so zog man sich zurück, um erst vier Jahre später (von der zwischenzeitlich erschienenen EP “Home Dead” sehen wir mal ab) mit “Zitilites” ihr erstes Werk überlanger Pop/Rock-Musik zu veröffentlichen. Von da an gab es immer mehr Atmo-Rock (“Zitilites”, “Bodmin Pill”), der auf dem Nachfolgealbum u.a. mit Hilfe von David Bowie (“The Cynic”) um Noise erweitert wurde und das bis heute wohl ambitionierteste Prog-Stück der Band auf den Plan rief (“No Balance Palace”).


Das wohl bekannteste Stück des ersten Über-Albums “Zitilites”

So richtig zufrieden war man allerdings doch nicht, wenn man bedenkt, dass abermals knappe 5 Jahre ins dänische Königreich zogen, bevor mit “Trespassers” neues Material erschien. Von der poppigen Wärme auf “Zitilites” war nicht mehr viel zu spüren, doch die durchkonstruierte und auf den letzten Ton abgestimmte Kälte, die durch den Großteils des Albums fließt, ist auch drei Jahre später noch beeindruckend. Zum ersten Mal seit langer Zeit hat sich Kashmirs Stil wieder gewandelt. Sie klingen sauber und größer als je zuvor.

Jetzt kommt mit E.A.R. ein Album, das abermals auf seine Vorgänger pfeift und einen verzerrten Schritt in die Vergangenheit wagt. Anstatt glatter, kühler Produktion klingt ein “Piece Of The Sun” akustisch mit viel Hall aufgenommen. Dazu gesellen sich Harfentöne, die den Track in eine andere Sphäre heben und schon sind wir wieder bei auslagernder Popmusik, die sich Zeit lässt und Details in jeder Strophe versteckt. Mindestens fünf Minuten werden hier im Normalfall pro Song verbucht (“Peace In The Heart” ist knapp 7 Minuten lang, “Pedestals” sogar knappe 9 Minuten).


Akustisch mit weniger Grandeur, dafür mit noch mehr Gefühl

Ausschweifende instrumentale Anteile, neue Melodien innerhalb der Songs und viel atmosphärische Sounds sorgen für wenig leicht zugängliche Kost. Allein die Vorab-Single “Seraphina” ist ein dermaßen konzentrierter Song, dass er seine 5:34 problemlos ausfüllt und selbst einfachsten Pop-Fans Genüge tun wird. Ansonsten schlägt man sich schon mit fünf minütigem Geplänkel herum, bevor der Song selbst beginnt (“Pedestals”) oder muss sich in treibenden Strömen aus Klangexperimenten verlieren wollen (“Foe Or Friend”).

Kashmir stehen sich selbst dabei im Weg uns umzuhauen und experimentieren herum. Nach drei Nummer-1-Alben in ihrer Heimat haben sie diese Narrenfreiheit natürlich. Man nimmt die Geschenke in Form eines “Seraphina”, “Purple Heart” und “Peace In Our Time” gerne an und wird die Qualitäten weiterer Tracks nicht leugnen. Am Ende steht allerdings ein sehr sperriges Album, das nicht wirklich oft überrascht, sondern sich in seiner eigenen Größe verliert und im Verlauf einer Stunde nicht oft genug fesselt, um zu den ganz Großen zu gehören. Glücklicherweise bleibt das bei Kashmir nur Grund zum Jammern auf hohem Niveau.