Der erste Schnee hat irgendwie ganz schön viel aufgewirbelt.

Erstens bin ich so erkältet, dass ich endlich bei Bauchklang mit einsteigen könnte, um mich gemeinsam mit Alex Boeck um die Human Bass Parts zu kümmern.

Zweitens kann man die Stimmung, die bei der Podiumsdiskussion über die Tarifreform der Gema am vergangen Montag herrschte, definitiv nicht als friedlich bezeichnen.

Und zu guter Letzt kam´s dann heute noch zu einigen Reibungen wegen eines Volksfreund-Artikels, der leider zeigt, dass das mit dem Senden und dem Empfangen von Botschaften manchmal gar nicht so einfach ist.

Zu dieser kalten Jahreszeit komme ich in Anbetracht dieser ungemütlichen Diskussionen  nicht umhin, Spaceman Spiff zu zitieren und zu sagen: “Wir bewerfen uns mit Schnee von gestern“.

Dass Kunst und Medien sich des öfteren beissen, also dementsprechend auch Künstler und Journalisten sich manchmal nicht ganz koscher sind, ist kein Geheimnis.

Ich kann derzeit nicht klar sagen, ob die Tatsache, dass ich einige Kunst-Projekte und Kulturveranstaktungen (mit)organisiert hab, aber gleichzeitig seit 10 Jahren als freie Journalistin arbeite, mich meiner Neutralität beraubt oder es mir erlaubt zu behaupten, dass ich meine Pappenheimer auf beiden Seiten kenne.

Was ich jedoch im Moment ohne Zweifel äußern darf ist, dass der Artikel über Automatic Painting, sowie die darauf folgende Diskussion mit dem Veranstalter, einigen Besuchern der Veranstaltung und einem Mitarbeiter des Mediums in dem der Artikel veröffentlicht wurde, mir Bauchschmerzen bereitet hat.

Ich war am vergangenen Samstag pünktlich um 18:00 Uhr vor Ort und wollte mir eigentlich nur in Ruhe die Zeichenmaschinen anschauen, an denen die Macher und Organisatoren Mario Schmidt und Veronika Batzdorfer sich innerhalb der kurzen Vorbereitungszeit ernsthaft abgemüht hatten. Ich bekam, wie alle anderen Anwesenden in dem kleinen Raum,  die Gespräche zwischen der Journalistin und den beiden Organisatoren mit und musste mir schon ein Räuspern verkneifen, als ich von der  Dame  selbst hörte, dass sie vor dem Betreten des Raumes nicht wirklich gewusst habe, um was es ginge.

Da ich jegliche Unsachlichkeit meinerseits verhindern möchte, habe ich mich rückversichert und geschaut, was man bei der schlichten Eingabe des Suchbegriffes “Automatic Painting” bei Google so finden kann. Der erste Eintrag verweist auf einen, wenn auch nicht mit Referenzen, dann doch mit informativen Angaben versehenen Wikipedia-Artikel zum Thema. Der Link zu der Seite von Papergirl Trier und dem benannten Event steht sogar schon an vierter Stelle und enthält wiederum Verweise auf das Projekt “We Convert Our Mind To Creativity”.

Nicht alle Personen, die an diesem Projekt mitarbeiten haben Erfahrungen mit der Presse, aber man darf die vorliegenden Texte als verständliche Grundlage für die Konzeption eines Fragegerüstes ansehen. Zudem kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen, dass Leute, welche noch nicht so oft mit der Presse in Kontakt gekommen sind, oft, logischerweise ehrlicher auf Fragen antworten und des öfteren auch Journalisten nicht darauf hinweisen, dass die eben gestellte Frage eigentlich relativ sinnfrei, zu generell oder ähnliches war. In solchen Situationen stellt sich also die Frage, ob man sich gezielt aneinander herantastet oder ob man es bleiben lässt.

Ich habe in diesen Sommer gemeinsam mit Michel einen Talk auf der Haxogreen  in Luxemburg gehalten, in dem es uns wichtig war, zu vermitteln, wie schnell es innerhalb der Berichterstattung trotz teils sogar gut gemeinter, aber dumm gelaufener Kommunikation zu unerwünschten und vor allem nicht informativen Resultaten kommen kann. Und es hat leider in eben diesem Kontext etwas (Traurig-) Ironisches, zu merken, dass Menschen oftmals verschiedene Sprachen sprechen ohne es zu merken.

Ich hatte innerhalb der heutigen Diskussion unter anderem angemerkt, dass ich Kopfschmerzen bekomme, wenn ne Journalistin im Rahmen der durch das MaKey MaKey-System generierten Geräusche von “DJ-tauglichem Scratch-Sound” spricht. Abgesehen davon, dass der Vergleich in doppelter Hinsicht jeglicher Logik und Sachkenntnis entbehrt, können sich (vor allem die Volksfreund-) Leser nix darunter vorstellen.

Und eben dieser Punkt stört mich am meisten. Warum, für wen und was wird wie berichtet?

Der Kollege vom Volksfreund merkte an, er könne außer dem nun benannten, sonst keine inhaltlichen Fehler feststellen. Und eben hier liegt das Problem: Auch wenn es inhaltlich nicht falsch ist, wage ich zu bezweifeln, dass die Leser sich zum Beispiel dafür interessieren, wo Mario Schmidt arbeitet (ausser vielleicht sein Chef, der sich sicherlich darüber freuen wird zu lesen, dass der Arbeitnehmer nen Ausgleich von der Arbeit braucht) oder dass die Leser nicht von alleine merken, dass der DJ, mit dem Namen Nicolas Waters nicht unbedingt aus dem Saarland stammt.

Ich muss zudem schmunzeln, wenn ich sehe, dass in dem doch recht kurzen Artikel unbedingt angemerkt werden muss, dass die Roboter nicht alle gleichzeitig auf Anhieb ne riesen Show boten. Die werte Dame behauptet in ihrem Artikel: “das Projekt hakt etwas daran, dass die meisten Maschinen nicht funktionieren”. Tut es das wirklich? Schafft diese Info nen Mehrwert für den Leser? Hat die Journalistin den Sinn der Veranstaltung wirklich verstanden oder vor allem verstehen wollen?

Ich lasse diese Fragen bewusst offen und merke nur an, dass es sich bei den Konstruktionselementen (wie ihr es auf den Bildern sehen könnt) augenscheinig um gezielt zweckentfremdete Gegenstände handelte und dass alle, aber wirklich alle Roboter nach kurzer Betreuung kleine Kunstwerke schufen.

Wir haben den größten Teil der Veranstaltung mit einer 9-Jährigen verbracht, die nun unter anderem weiß, dass auch Bananen Strom leiten können und ich sprach mit einem angehenden Grafiker, der bewundernd vor den einzelnen Maschinen stand und sich, seiner eigenen Aussage nach, darüber freute, zu sehen, wie es ausserhalb seines Tätigkeitsbereiches zugehen kann, wenn die Rahmenbedingungen für ein zu schaffendes Werk nicht zu eng geschnürt sind.

Meiner ganz persönlichen Meinung nach, sind solche Projekte, gerade wenn sie von Menschen organisiert werden, die nicht in in der eigenen künstlerischen Profilneurose ersticken, sehr wertvoll, da sie wirklich niemanden (und dementsprechend auch keine Volksfreund-Leser) ausschließen und für jeden (auf seine eigene Art) ne kleine Horizonterweiterung bieten.

Gerade deswegen kann ich dann Reaktionen auf die Kritik am Artikel, wie “Eure Statements  sind eine richtige Ermutigung für alle, die versuchen, im TV mehr “neue Kulturszene” unterzubringen. – (Ironie-Modus aus)” oder “Ein großer, alter Tanker wie der TV muss sich an neue Kunst-Formen ja auch erstmal rantasten” nicht nachvollziehen und verkneife mir leider auch ein müdes Lachen über diese Haltung nicht.

Viele oder fast die meisten Themen in diesem Bereich sind so “sperrig” (O-Ton Volksfreund-Journalist) wie man sich sie selbst macht. Und der TV kann sich gerne selbst als veraltetes Gefährt bezeichnen (denn das hat keiner der Diskutanten gemacht), aber das entbindet ihn nicht von der Tatsache, dass die Gewässer auf denen er so schippert, fließen und nicht eingefroren sind.

Wir schreiben das Jahr 2012! Die Pflicht ein Mindestmaß an vorheriger Recherche zu praktizieren ist für jeden, der sich Journalist schimpft, verbindlich und wenn man Menschen , die nicht vom Fach sind, Bilder für Artikel schießen lässt, dann sollte man (und vor allem die freien Mitarbeiter, sich selbst) über die Standards und die Gesetzeslage zu Bildrechten* informieren.

Medienbashing ist unglaublich out und zeugt eher von einem nicht vorhandenen Verständnis der Sachlage und der Arbeit, die ne anständige Berichterstattung bereiten kann, aber knappe humane Ressourcen etc. sprechen einen nun mal nicht von journalistischer Qualität frei.

Ich wohne seit fast 3 Jahren in diesem kleinen Städtchen und werde so bald nicht aufhören, mich für das was hier passiert zu interessieren und zu begeistern. Es gibt eine hohe Anzahl an motivierten Menschen und damit meine ich längst nicht nur die “neue Kulturszene” (die gar nicht so neu ist). Es geht eben gerade nicht um abgeschottete Personenkreise, sondern um Menschen, die die Möglichkeit zur sinnstiftenden Interaktion immer mehr öffnen. Man muss der Omma aus Pallien, das Thema nicht gekünstelt schmackhaft machen, sondern selbst verstehen, warum die ältere Dame eventuell richtig Spaß gehabt hätte, wenn sie unter anderem die Veranstaltung am Samstag besucht hätte.

Die l´art pour l´art – Attitüde soll und kann heutzutage überhaupt nicht mehr aufgehen und genau deswegen sind spielen sowohl Kulturveranstalter, als auch die Medien eine wichtige Rolle und sollten daher auch mal in die Pötte kommen und schauen, dass sie so miteinander reden, dass sie sich sogar ansatzweise verstehen und der Leser/Zuhörer/etc auch noch was davon hat.

Ressentiments und die Überwindung eben dieser beiden Elemente ist nun mal Teil des Jobs.

Take it or leave it.

(* Ich musste die Journalisten darauf aufmerksam machen, dass die Minderjährige, die sie gerade ablichten wollte und die sie ohnehin nicht mal selbst gefragt hatte, kein Einwilligungsrecht inne hat.)