Kennt ihr das, wenn man überhaupt keine Lust verspürt über neue Musik zu schreiben. Nicht, dass ich der Musik plötzlich den Rücken gekehrt hätte. Aber in den letzten Tagen habe ich wieder Platten aus den letzten Jahren hervorgekramt. Zum Beispiel habe ich mir die letzte Kings Of Leon als MP3-Album besorgt (legal beim Online-Großanbieter meines Vertrauens). Ich hab schon wieder vergessen wie gediegen und ruhig dieses Album ist. Von den wunderschönen Hymnen „Pyro“ und „Mi Amigo“ über all die Stadionrocker der Marke „The Immortals“ habe ich wirklich Spaß mit dem Album. Warum also diese Woche wieder mühsam nach neuer Unterhaltung in Audioform suchen?

 
Wie wäre es denn hiermit, Max?

Caroline Keating: Silver Heart

Verflucht seist du, oh, Liebe zu Singer/Songwriter-Musik meinerseits. Allein nach diesem Video (siehe oben) von Caroline Keating kann ich gar nicht anders, als mich doch um die neuen Schätze der Musikwelt zu kümmern. Der Neuling aus Kanada macht sich großteils ganz allein mit dem Flügel daran die Hörerschaft zu verzaubern. Das macht die Gleichung für potenzielle Hörer aber nicht einfach. Auch wenn Keating scheinbar minimalistisch in der Ausstattung daherkommt, ist ihr Klavierspiel selbst so abwechslungsreich, dass sich nur wenige Tracks direkt miteinander vergleichen lassen. Manch einer wird vielleicht sogar von einer akustisch leichter zugänglicheren Kate Bush sprechen, ich will dagegen einfach nur, dass ihr euch den Namen CAROLINE KEATING dick und fett im Singer/Songwriter-Kalender notiert.

 
Hach ja! Sie werden so schnell erwachsen!

Taylor Swift: Red

Dagegen empfehle ich den nächsten Interpreten nur ganz vorsichtig und mit viel Respekt vor Hatern. Ich hätte selbst nie erwartet, dass ich den Namen Taylor Swift in dieser Rubrik erwähne. Ihr kennt Taylor Swift nicht? Nun, ich kenne sie auch nur über die mitgehörte Klatschpresse und dergleichen hier in der WG. Aber ich weiß sie ist Amerikas Darling, wenn es um „junge“ Country-Musik geht (Außerdem war da wohl mal was mit dem Taylor Dingsbums, der den Werwolf ohne Brusthaare spielt).

Das neue Album „Red“ ist von der Aufmachung ein Wink mit der gesamten dänischen Windkraftanlage, dass Taylor Swift bald 23 wird und eine erwachsene Frau ist. Mit dick aufgetragenem, rotem Lippenstift präsentiert sich Swift selbstbewusster mit ihrem Körper ohne dabei ihre Country-Gemeinde zu verärgern. Dass man hier auch ein wenig freier mit Gesellschaft und Sexualität umgehen kann ist auch ein Verdienst von Shania Twain. Ja, die Frau hat den Karren gewaltig vor besagte Windkraftanlage gefahren, aber auch sie hatte ihre Hochzeiten. Würde Shania heute noch aktuelle Musik bringen, würde sie Taylors „Red“ nicht allzu unähnlich sein.

 
Zurück mit ganz viel Gefühl: Martha Wainwright

Martha Wainwright: Come Home To Mama

Die nächsten beiden Namen muss ich für Genre-Kenner eigentlich auch nicht groß ankündigen. Ebenfalls am 26.10.2012 haben Martha Wainwright und Neil Young neue Alben herausgebracht. Die Schwester von Rufus Wainwright sollte dabei wirklich jedem ein Begriff sein. Wie in ihrer Vorab-Single „Proserpina“ hat sich Martha auf ihrem letzten Album noch mit dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2010 auseinandergesetzt. Wer die Bammel bekommt, dass auch das neue Album „Come Home To Mama“ so niedergeschlagen wird, der hat sich von Frau Wainwright ordentlich in die Pfanne hauen lassen. Abgesehen vom Album-Vorreiter (der wirklich eine wunderschöne Melodie hat) ist das Album stürmisch und aufbegehrend und arbeitet mit einer guten Hand voll Gastmusikern. Leider will mir das Internet noch nicht die Gelegenheit geben euch noch andere Einblicke in das neue Album Martha Wainwrights zu gestatten.

Denkt einfach nur daran, dass auch wenn euch „Proserpina“ richtig gut gefällt, dies nicht der Tenor des neuen Albums „Come Home To Mama“ ist. Hörenswert ist die Scheibe trotzdem geworden, auch weil Wainwright nicht zu viel experimentiert, sondern ihr Heil in eingängigen Melodien sucht.

 
Noch länger als Stefan Raabs berüchtigtes “Wir Kiffen”

Neil Young: Psychedelic Pill

Der Kreis schließt sich dann aber auch wieder mit einem Kanadier. Wie schon angekündigt hat auch Neil Young (schon wieder) neue Musik zu präsentieren. Mit drei Outputs in den letzten 18 Monaten muss man sich fragen, ob Young seinen x-ten Frühling erlebt oder einfach noch mal sein Ruhestandskonto auffüllen möchte. Das Cover-Album Americana (aus dem Juni diesen Jahres!) hat manche einen schon unken lassen, aber was Neil Young auf dem Konzept-Folk-Album „Psychedelic Pill“ auf die Hörer loslässt hat Klasse.

Das 16-minütige „Ramada Inn“ allein ist schon ein Ausdruck Youngs neu gefundener Spielwut. Im Stile Wilcos werden gute Melodien hier bis zur endgültigen Entspannung ausgereizt. Die Rechnung von 88 Minuten, die sich auf zwei CDs mit jeweils nur vier Stücken verteilen, lasse ich euch übernehmen. Young zeigt Zwischendurch-Hörern den Mittelfinger indem er gut 10 Minuten pro Lied einplant und in bester amerikanischer Folkmanier eine hypnotische Melodie nach der anderen raus haut. Zugegebenermaßen wird er vielen die Lust an seiner Musik verderben, weil die Lieder einfach so unglaublich lang sind. Für Autofahrten und beim morgendlichen Kaffee/Tee/Kakao/Glas Milch ist diese Oase aus kernigen Americana-Klängen ein echter Geheimtipp!

Das war’s dann auch schon wieder mit den Tipps dieser Woche. Neue Töne gab es natürlich noch viel mehr und wenn ihr noch ein paar Perlen ausgemacht habt, dann schreibt, kommentiert und lasst die Hölle los! Ansonsten hoffe ich besonders Singer/Songwriter-Freunden ein wenig Futter gegeben zu haben. Zum Abschluss noch ein Bonus weit ab vom Schuss mit der heute veröffentlichten Single von My Chemical Romance, deren letztes Album „Danger Days“ mir sehr gut gefallen hat. Ihre neue, alte Musik scheint zurück zu ihren Wurzeln zu gehen. Bei Interesse: Hört rein!

 
Oft als Emo-Band betitelt, passt das Label heute nicht mehr so astrein