Ziemlich billig eine Harry-Potter-Anspielung zu bringen, wenn man als Verfechter der Schlechtigkeit der Reihe gegen Ende bekannt ist.

Also: Bevor wir zum Tagesgeschäft übergehen muss klar gestellt werden, dass ich einfach immer viel zu viel über Dinge nachdenke und alles und jeden (erst recht mich) hinterfrage. Alles könnte besser sein. Hier fehlt was, da ist was. Meine Herren, ich hab ein Buch geschrieben und will mich täglich dafür häuten, was ich da hingekleckert habe. Warum? Weil ich immer was zum Mäkeln finde!

Harry Potter ist eine durchweg unterhaltende Fantasylektüre, die in Teil 5 ein schreckliches Pacing vorweist. Über Teil 6 und 7 kann ich nichts Genaueres sagen, da mich die Lust verlassen hat. Die ersten Teile habe ich wie jeder verschlungen und war unterhalten. Dafür ist Jugend-Unterhaltungs-Literatur auch da. Meine Fresse! Tut gut, mir das mal selber zu schreiben!

Jetzt aber zur versprochenen Musikpracht, derentwegen ihr alle den neuen Ton nachschlagt/anklickt/aufgezwungen bekommt (hallo? Liest überhaupt jemand diese Einträge? Nickt einfach stumm, wenn ihr das hier lest).

Letzte Woche habe ich jede Menge ausführliche CD-Beobachtungen versprochen, da recht viele – für mich – interessante Musiker neue LPs auf den Markt geschmissen haben und noch schmeißen werden. In braver Chronologie gibt es heute die ersten drei „Max’ Speziale“ unter der Lupe eines Fans, der sich bemüht objektiv zu bleiben.

 

Asian Kung-Fu Generation – Landmark (Japan Release: 12.09.2012; Deutschland Release: Nicht vorhanden)

Wer meine Tätigkeit beim Campusradio Trier verfolgt, der weiß, dass ich heißblütiger Verfechter einer J(apanese)-Rock-Band bin, die auf den stupiden Namen Asian Kung-Fu Generation hört. Und wie bin ich damals auch auf diese Band gekommen? Ein Anime-Intro! Na, das passt ja! Der Otaku (sowas wie ein Nerd) will wirklich noch von Objektivität sprechen?

Ja, auch wenn ich weiß, dass ich es in letzter Instanz gar nicht sein kann. Ich verstehe die japanische Sprache nicht (und höre sonst auch keine weitere japanische Band), aber der Klang der Sprache ist mir durch den ein oder anderen (auch NICHT animierten) Film inzwischen bekannt.

Diese Sprachbarriere ist es nämlich, die vielen Menschen zu schaffen macht. Die Lieder lassen sich im besten Fall mitsummen, aber das Unverständnis gegenüber der gesamten Artikulation dieser Sprache ist schon ein Brocken, den nicht jeder hinunter bekommt.


Aus frühen Tagen ihr erster Überhit! Warum war Rewrite so bekannt? Natürlich weil es ein Anime-Opening ist

Das ist schade, da Ajikan – so wird die Band kurz genannt – wirklich interessante und gute Rock-Arrangements zutage fördert. Selten hat mir eine Pop/Rock-Band so viele interessante Melodien geschenkt, die mich immer wieder mit ihrer Energie mitgerissen haben und inzwischen sind die vier Jungs von der japanischen Tankstelle meine meistgehörte Band, eben auch weil sie so abwechslungsreich sind.

Am 12. September kam das neueste Werk „Landmark“ in die japanischen Supermärkte (und was die da noch so alles haben) und das Ausland stellt sich wieder dumm. Leider sind bisher nur Importe um die 40€ möglich, wenn man sich nicht auf diversen japanischen und englischen Internetseiten einen Account einrichtet und den Spaß per Übersee zu sich kommen lässt (oder ihr spinnt enge Drähte zur Japanologie der Universität Trier und erkundigt euch bei den vielen Japan-Reisenden, ob sie nicht ein Herz, so groß wie die aufgehende Sonne, beweisen wollen).

Lohnt sich denn der ganze Aufwand überhaupt für das neue Ajikan-Album? Nach vielmaligem Hören in den letzten Tagen kann ich überzeugt sagen: Ja. Wenn euch ältere Tracks der Band ansprechen, dann tun sie genau das, was man von jeder Band erwarten sollte: Sie entwickeln sich stetig weiter. Immer weniger war in letzter Zeit von fettem Rock zu hören, weil aus den Jungs streng genommen längst Männer geworden sind. Da wird experimentiert und ausprobiert und immer neue Messlatten angesetzt.


Laut Experte Johannes H. ist dies der beste Track der Band

Die Band zaubert dabei ihre bisher schönste Melodie aus dem Hut („Kakato De Ai Wo Uchinarase“), fertigt ihren bis dato ambitioniertesten Song („A To Z“) und überschlägt sich in potenziellen Ohrwürmern („1. 2. 3. 4. 5. 6. Baby“, „Sore Dewa, Mata Ashita“, „1980“ und „All Right Part 2“). Dazu kommt eine warmherzige Note, wenn ruhigere Töne angeschlagen werden, die viele Bands im Schatten stehen lässt, ohne dass auf eine Tränendrüse und/oder Effekthascherei gesetzt werden muss („Bicycle Race“, „Machine Guns To Keiyoshi“).

Die hier nicht erwähnten Songs sind dabei keinesfalls schwach. Außer dem simplen „Taiyo Koro“ ohne Sogkraft schafft jeder Track die Hürde und rechtfertigt seine Aufstellung durch kurz knackiges Spiel („Railroad“) oder Ideenreichtum („N2“).

Alles in allem wird diese Scheibe mit dem Großteil ihrer Songs auch in Monaten noch unterhalten, wenn ihr nur endlich auf den Babelfisch im Ohr verzichten könnt. Gebt euch einen Ruck und greift zu, wenn ihr Landmark irgendwo preisgünstig ersteigern könnt.


Asian KungFu Generation – Kakato de Ai wo… von JankkoMizuki
Die wohl schönste Melodie, die diese Band bisher zustande gebracht hat

Mika – The Origin Of Love (Frankreich Release: 17. 09.2012; Deutschland Release: 02.10.2012)

Was habe ich geflucht und gezittert in den letzten Monaten. Nach dem letztjährigen Klasse-Track „Elle Me Dit“ hat man lange nichts gehört und die dann folgenden Tracks „Make You Happy“ und „Celebrate“ waren erst mal Schläge in die Magengrube. Der ganze Freddy-Retro-Charme der letzten Alben fiel weg und dafür versucht Mika scheinbar mit neuer Frisur und feschen Sounds zu den coolen Kids zu gehören. Da war Schlimmes zu befürchten, aber Mika wäre nicht Mika, wenn er nicht… ach machen wir uns nichts vor!

Ich hatte kurz Hoffnungen, da der Titel gebende Opener mit viel Verspieltheit alles das in ein neues Gewand hüllt, was man an Mika liebt (sofern man ihn denn liebt). Die Melodie flutscht schnell ins Ohr und bleibt im Kopf und in der zweiten Hälfte überschlagen sich Hintergrundgesänge auf englisch und (man glaubt es kaum) lateinisch mit Synthie-Spielereien. So macht Pop Spaß und man kauft dem Herren sein neues Image ab. „Lola“ verstärkt mit seiner Ruhe und Lässigkeit den positiven Ersteindruck, bevor die Achterbahn der Gefühle losgeht.

Man möchte „Stardust“ irgendwie schön reden, aber am Ende kann der Mika’eske Gesang das einfallslose Gerüst des Songs nicht verbergen. Im Gegensatz dazu ist – im Vergleich zur Version der Vorwoche – „Make You Happy“ richtig abwechslungsreich geworden und man verzeiht die unnötige Überlagerung viel zu vieler Effekte, die dem Song jegliche, individuelle Persönlichkeit nehmen. Für die Tanzfläche wird’s wohl reichen, wenn das jetzt der Anspruch ist.


Hier erklärt Mika, was er sich bei dem Album vorgestellt hat… komisch, dass es nicht so klingt

In platten Songs wie „Overrated“ und „Underwater“, die einen keinerlei Tiefe erfahren lassen, hält man sich an den wenigen schönen Momenten fest, die dargeboten werden. Zugegebenermaßen war Mikas Musik noch nie tief und hat immer durch seine Melodien und Lebensfreude bestochen.

Wer Pop in Richtung Gaga und Rihanna mag (es tut mir wirklich Leid, dass mir immer nur diese Beispiele einfallen), der wird hier Freude haben, aber es sind nicht die Dinge, für die man Mika mag und – ganz objektiv betrachtet – ist die neue Richtung auch nicht die Stärke des (immer noch) jungen Mannes. Da plätschert ein „Kids“ an uns vorbei und ist viel zu sehr in seine Elektro-Spielereien verliebt, um irgendwelche Gefühle im Hörer zu wecken.

„Love You When I’m Drunk“ ist eine der wenigen, witzigen Inseln an Freude, die Mika uns gelassen hatten. Ansonsten regiert König Elektronik und bringt das Chartprinzip in ansonsten eigentlich so schon schöne Songs wie „Step With Me“. Wie eine Strophe so romantisch ehrlich und ein Chorus so unglaublich gekünstelt wirken kann… das kann nicht jeder!

Das Ergebnis ist ein großer Haufen Glitzerstaub auf sehr normaler Massenware. Der Gipfel dabei ist übrigens die englische Version von „Elle Me Dit“ und klingt – wenn man das Original gehört – leider schlichtweg peinlich und alles Andere als harmonisch.

Aber jeder darf mal auf die Fresse fliegen und so verzeiht man gerne den Ausrutscher in die Mittelmäßigkeit, die bei uns zu Lande am 02.Oktober erscheinen wird. Lasst die Finger davon, pickt euch per Downloadportale wie musicload.de und amazon.de eure Perlen heraus. Das Album als solches hat es leider wirklich nicht verdient in Hochachtung gebadet zu werden, Punkt.


Hier die Sampler zum mauen Spaß. Dabei ist der Opener/Titeltrack einer der besten Mika-Sounds so far

Aimee Mann – Charmer (Deutschland Release: 21.09.2012)

Habt ihr noch (Lese-)Luft? Dann gibt es nämlich noch das erlösende Gegenprogramm zu Mikas Ausrutscher ins Nirvana elektronischer Töne. Aimee Mann klingt wie schon vor über zehn Jahren auf dem Soundtrack zur Filmperle „Magnolia“. Langweilig? Mag manch einer vielleicht denken und auf musikalischer Ebene hat er da auch irgendwie recht. Aber ähnlich wie ein Bruce Springsteen hat Aimee Mann immer etwas Neues zu erzählen und die begleitende Musik ist für sich zeitlos geworden und Teil der Erzählung. Ja, es geht bei ihr tatsächlich mal um die Texte (und schließt so den Kreis in Betracht auf die Asian Kung-Fu Generation, die ich bei Sonstwas nicht verstehen kann).

Wenn gute Geschichten mit dieser unglaublich schönen Frauenstimme und warmen Gitarren erzählt werden – ja, das geb’ ich zu – dann schmelze ich dahin. „Labrador“ ist ein treffendes Beispiel für ein tiefgründiges Lagerfeuerlied, wie es im Buche stehen sollte. Man hört genau zu, wird nicht von der Musik abgelenkt, sondern viel mehr von ihr getragen.

So erfährt man auf „Charmer“, was Mann so über Menschen mit Charme und Persönlichkeit denkt und was für Geschichten sie um solche gestrickt hat.

In ihrer Einfachheit sind die Melodien oft genau richtig und sorgen auch im Alleingang für gute Singer/Songwriter-Unterhaltung, sodass die Gitarren aus „Soon Enough“ genauso im Rücken kribbeln, wie „Red Flag Diver“ eine wohlige Wärme in die Magengegend bringt.


Wer “Magnolia” nicht geguckt hat, der hasst Kino. Haha! So einfach ist das!

La grande finale

Das war der etwas andere neue Ton für diese Woche. Hoffentlich konnten diese Näherbetrachtungen euch die Platten etwas näher bringen. Fragen, Kritik und übersehene Schätze dieser Woche? Kommentiert und vielleicht schaffe ich es, etwas nachzureichen. Bis dahin: rockt und wippt in welcher Sprache ihr auch immer wollt und bleibt offen für Neues.

 

Mit besten Grüßen,

Euer Mäxle

 

P.S. Die Harry-Potter-Filme find ich immer noch richtig, richtig schlecht!