Wir sind Gamescom! Also… eigentlich waren wir Gamescom. Es wurde wieder geschwitzt, gelatscht, gezockt und die eigene Geduld unter Beweis gestellt. Da wird schon mal 6 Stunden angestanden, um ein erstes Spielgefühl von CoD:BlOps II (Call of Duty: Black Ops 2… die wahrscheinlich schönste Abkürzung seit es Counter-Strike gibt!)

Außerdem gab es wieder viele kostümierte Fans, Nerds und Schönheiten, die aus dem begehbaren Backofen in Köln zumindest einen Augenschmaus machen konnten.

Aber was gibt es eigentlich Neues? Assassins Creed III ist ein genau so alter Hut wie The Last of Us. Die Fans feiern es – verständlicherweise – trotzdem und freuen sich über erste Spiele-Sessions. Die Magie des Neuen und Unerwarteten auf einer Spielemesse sucht man auf der Gamescom allerdings großteils vergebens. Gemeinsam mit euch möchte ich die goldgelbe Straße des imaginären Messebesuchs gehen und hier und da nach den letzten Überbleibseln von Überraschungen und Faszination suchen. Schauen wir uns die – vermeintlichen – Schätze an, welche die Entwickler vor uns versteckt hielten.


Cosplayer: Ein Grund auf eine Spielemesse zu gehen! Gamebabes: Go f*** yourself Publishers! Danke das wir auf Sex und das männliche Geschlecht reduziert werden!

Die erste und größte Überraschung war die Neuankündigung aus der Spieleschmiede von Media Molecule. Bekannt ist das britische Studio in erster Linie für die Little-Big-Planet-Reihe (LBP), die als Kritikerliebling und Coregamerhassfeind jedem ein Begriff sein sollte. Schwammige Steuerung und viel Eingewöhnungszeit für einen sehr guten und umfangreichen Editor haben nicht wenige „übliche“ Spieler vertrieben. Bastler und Hobby-Editoren, sowie auch viele Casual-Zocker sind durch LBP jedoch zum Spielen gekommen. Zu süß waren und sind die Sackboys.

Das neue Spiel Tearaway, welches auf der Gamescom enthüllt wurde, verspricht allerdings ein viel umfangreicheres und für Sony interessanteres Unterfangen. Es geht um nicht weniger als die Rettung der PS Vita.

Der – ich nenne es mal – Inverted-Augmented-Title lässt den Spieler das Gefühl geben, dass er mit dem Protagonisten des Spiels und der Spielwelt interagiert. Ich könnte jetzt lange erklären, inwiefern der Spaß funktioniert, aber der Announcement-Trailer erklärt in bloßen Bildern wunderbar, wie scheinbar jedes vorher noch ungenutzte Gadget der Vita zum Einsatz kommt. Das wird wohl wieder nichts für ernsthaftere Gamer, aber es ist schön, dass ein Studio sich der Möglichkeiten der Vita annimmt und so schmackhaft präsentiert.

Der Vorfreudefaktor auf dieses Spiel ist auf jeden Fall riesig, weil es neue Dinge ausprobiert und ein etwas anderes Spieleerlebnis verspricht. Allein die Furcht vor zu mauem Gameplay (wie eben bei LBP) drosselt die Erwartungen ein klein wenig.


Ein Spiel für Indie-Kack-Hipster oder ein freundlicher Versuch die Möglichkeiten der Vita zu präsentieren?

Was – bisher, oh Gott habe ich Angst vor weiteren Szenen aus diesem Spiel – ebenfalls für Aufregung sorgte ist das Zukunfts-Assassins-Creed Capcoms Remember Me. Wie kommt er denn darauf? Das wollt ihr nicht mehr fragen, nachdem ihr eine siebenminütige Gameplay-Demo gesehen habt. Protagonistin Nilin hüpft und klettert wie in Profi und ist eine Auftragskillerin… von Erinnerungen! Ganz recht. In der nahen Zukunft, die sich das Entwicklerteam von Dontnod gibt es Erinnerungsjäger, welche die Erinnerungen von Menschen zu Gunsten der Auftraggeber ändern. Das kann wie in der Demo zum Suizid der Zielperson führen und bietet eine Menge Möglichkeiten. Die Dinge, die ihr in den Erinnerungen verändern könnt, scheinen aber nur bedingt zu Zielen zu führen und anstatt Spieler mit alternativer Fortführung von Aufgaben zu belohnen/bestrafen (zum Beispiel, dass man selbst Hand anlegen muss, wenn man die Erinnerung nicht richtig verändert hat), wird einfach so lang eine Option gewählt, bis man sein Ziel erreicht hat. Das erinnert stark an die Attitüde von Assassins Creed, die den Coregamer bloß nicht vertreiben will. Wenn jetzt das Kampfsystem noch so unterfordernd bleibt wie beim großen Vorreiter von Ubisoft, dann könnte Remember Me trotz feiner Optik und schickem Design ein ganz großer Flop werden.

Bei so wenig echten Neuankündigungen möchte man aber natürlich hoffen und drückt dem französischen Studio die Daumen, dass der Sci-Fi-Thriller mit abwechslungsreichem Erinnerungshacking und spaßigem Kampfsystem es doch zu Qualität bringt, wie erst letztes Jahr Deus Ex: Human Revolution.


Es wird wieder “incepted”… BAAAAAAAAAAAAAAAAAAM! BAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAM!

Die letzte Neuigkeit, die nicht eine Online-Verwurstung bekannter Titel ist (Hallo, Might & Magic und Anno!) oder sich ein weiteres Mal an einem „Move“-Abenteuer versucht, ist Puppeteer (Für die „Move“-Interessierten: „Until Dawn“ muss wirklich die Adrenalinpumpe aufdrehen, wenn es jemanden vom Hocker reißen soll. Grusel mit Move… das hat Nintendo mit „ZombiU“ auch vor und die ersten Stimmen sind mehr als enttäuscht aufgrund von hackeliger Steuerung und zu wenig Schock).

Puppeteer (einer von recht vielen, neuen PS-Exclusives) ist im Grunde nichts Neues. Ein auf Puppenspiel getrimmtes, superschönes Sidescroller-Jump’N’Run. Nicht wenige werden an ein LBP von Tim Burton denken. Der Stil ist für kleine Kinder zu abgedreht und richtet sich an ein Publikum, dass süß gerne mit düster verbindet. Ein wenig makaber, aber mit besserer Steuerung als LBP könnte sich hier ein ambitioniertes Projekt präsentieren, dass vielleicht an die neueren 2D-Raymans heran kommen könnte.


Kommt aus Japan und könnte auch deswegen erfrischend verrückt sein: Puppeteer

Interessiert euch das eigentlich? Keine Sau scheint eine PS Vita zu haben und „Remember Me“ muss erst noch beweisen aus welchem Holz es geschnitzt ist. Für eine der größten Messen der Welt ist die Liste an Neuankündigungen schon sehr schmal geraten, aber im Vergleich ist die E3 in Los Angeles auch nicht besser weggekommen. Mal schauen, ob die Tokyo Game Show im September noch für den Zauber des Unerwarteten sorgen kann oder ob wir auch dort den ewig gleichen Brei bekommen, den man im Internet auch ganz entspannt erfährt.

Kein Schlange stehen, kein Gedränge, keine Kleinkinder und Babys, die als Schutzpolster genutzt und froh sein dürften, dass sie sich an ein solches Wochenende – hoffentlich – nicht erinnern werden. Wo geht es hin mit dir, Spielemesse? Brauchen wir dich eigentlich noch? Darüber müssen und werden wir in den nächsten Wochen noch sprechen. Bis dahin zockt fleißig weiter und findet uns ein paar mehr Spieler!