Voll auf die Mütze gab es nicht nur für den ein oder anderen Bundesligisten im DFB-Pokal und bei diversen Sommerfestivals bei bis zu 37°C im Schatten, sondern auch in den Plattenregalen der Republik. Auch wenn es schwer fällt, sich nicht schon auf das Trio aus Mika, Muse und der Asian Kung Fu Generation zu freuen, die Mitte September auf einen Schlag für Qualität bürgen (bis jetzt).

Da kommt es nur gelegen, dass der 17. August wieder jede Menge Ablenkung bereit stellt und mit ebenfalls bekannten Namen wie Madsen, Eluveitie und Yellowcard ebenfalls Unterhaltung aus dem Oberhaus verspricht. Wie immer kann aber nur ein Album den Reichsapfel des guten Tons erhalten und das Zepter schwingen, wobei auch diese Woche viele Kronprinzen um das Recht der ersten (Hör-)Nacht streiten.

 

Der gute Ton

Nach langen Überlegungen geht der gute Ton an Eluveitie, die jetzt schon seit Ewigkeiten ihren Mix aus Mystery, Mittelalter und Rock unter einen Hut bringen, geben neuen und alten Fans die Chance ihre Anfänge neu zu entdecken. Warum preise ich eine Wiederauflage einer längst erschienenen EP an? Normalerweise ist das doch Ausverkauf und die DGDWZ-Redaktion müsste schon vermummt mit verbalen Molotow-Cocktails auf die Barrikaden gehen!

Aber wenn es sich um eine starke Band handelt, die ein nahezu vergriffenes Stück Musik wieder auf den Markt bringen lässt, dann kann und will man einfach nicht böse drum sein. Dredgs „Leitmotif“ findet man schließlich auch nicht mehr an jeder Straßenecke, wogegen Best-Ofs den Markt mit sowieso schon leicht zugänglichen Singles überfüllen.


Zu viel Wahnsinn versprochen?

Nach „Evocation I: The Arcane Dominion“ ist der Stil der Band so abgerundet, dass es spannend ist, die Beginne der Band im Vergleich zu hören. „The Early Years“ klingt rauer, experimenteller und ist schon Wegweiser für die paganen Sounds des letzten Albums. Aber ACHTUNG (Baby… sorry! Das musste sein!): „The Early Years“ ist nicht optimal für Einsteiger, da dieser Eindruck einer Band, die sich in den letzten 10 Jahren weit entwickelt hat, trüben kann. Eluveitie schmieden jetzt schon 10 Jahre lang ihr Soundschwert und es hat immer weniger Kanten, schneidet dafür aber auch immer schärfer. Interessiert? Dann hört am besten quer durch die Diskographie des Achters.

 

Ton-Landschaft

Den ersten Preis an Eluveitie zu vergeben wirkt aber auch in Anbetracht all des Lobes fast wie eine Farce, wenn so viele andere Bands auf gleichem Niveau (aber in anderen Sparten) mithalten können. Charlie Simpson wäre mit seiner Scheibe „Young Pilgrim“ ein Anwärter gewesen, der auch den Kürzeren zieht, weil schon letzte Woche ein Singer/Songwriter die Würdigung entgegen nehmen durfte. Außerdem kommt hinzu, dass Simpson so ziemlich genau ältere Coldplay-Formeln kopiert. Dieses tut er zwar gut (teil sogar sehr gut), aber der Hintergedanke „dann kann ich auch gleich Coldplay hören“ will einfach nicht aus dem Kopf gehen.


Charlie Simpson kann auch nach sich selbst klingen. Gut!

Im Rock-Sektor streiten sich Yellowcard und Dispatch um den Thron und sorgen mit eingängigen Rockern für gute Laune, aber auch große Momente. Gerade Geheimtipp Dispatch, die ihre Alben sonst selbst vermarkten, geben ihr „offizielles“ Debüt mit „Circles Around The Sun“. Europa jubiliert zu einer gelungenen Rock-Reise quer durch Genres, die auch Country und Psychedelic nicht ausschließt. Yellowcard ist dagegen wieder poppig und punkig wie eh und je und schafft es irgendwie auch auf Album Nummer X frisch zu klingen.


Blues? Country? Rock? Scheißegal! Hauptsache Dispatch!

Ähnlich stellen sich da übrigens die Gebrüder Madsen (samt Anhang) an, die mit „Wo Es Beginnt“ (mal wieder) zurückkehren. Nach der ausufernden und für Madsen-Verhältnisse experimentellen Platte geht es zurück zu einfachen Melodien, die schnell und knackig erzählt sind. Wer Madsen mit ihrem Debüt lieben gelernt hat, dem wird „Wo Es Beginnt“ wieder munden… also im Ohr.


Madsen kann noch und will noch, auch wenn das Album überhaupt nicht nach der Auskopplung “Lass die Musik an” klingt.

Ton-Kompost

Können wir den Kompost nicht streichen? Diese Woche gäbe es einfach noch viel mehr gute Musik, die ich euch vorstellen möchte. Die verrückten J-Rocker AnCafe zum Beispiel oder der durchaus gelungene Metal von Hellwell ständen da zur Auswahl. Ne nette Kiss-Platte wurde wieder ausgegraben und Ry Cooder liefert ordentlichen Blues ab, was heutzutage auch keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Trotz dem bescheuerten Albumtitel „Pussyfoolin“ haben The Cheats auch noch sowas wie Punkrock auf die Beine gestellt und die Liste angenehmer Hörausflüge geht noch weiter. Müssen wir und da wirklich mit Kompost beschäftigen?


Direkt aus dem Tamagotchi in eure Ohren: An Cafe!

Na gut, bitte schön. Haltet Abstand von der neuen Muse-Single „Madness“. Hört sie euch erstmal in Ruhe an und flippt nicht gleich aus wie die letzten Fan-Sklaven. Minimalismus ist in Ordnung, aber wie hier die gute Melodie des Gesangs durch uninspirierte Elektronik unterstützt wird, ist weit unter dem Niveau, dass die Olympia-Single „Survival“ versprochen hat. Vielleicht zündet das Lied wie „Undisclosed Desires“ erst später oder wir haben den einen schlechten Song des Albums vorab. Ich kreuze die Finger und hoffe.