Anni und Johannes Link, Max hat keinen Bock mehr und wer liest eigentlich noch Einleitungen. Was bringen Hashtags, ist Jessica Jones besser als Daredevil und wer mackert besser: Steffan Niggemeier oder Maximilian Nitzke?

Anni

  • Wie viele habe auch ich Jessica Jones für so manches gefeiert. Für den Umgang mit schwierigen Themen, wie Misshandlung und Vergewaltigung; aber auch für die tolle Darstellung von weiblicher Freundschaft und die Inszenierung einer vielschichtigen Antiheldin. Daher freut es mich sehr, dass die Serie eine zweite Staffel bekommt.
  • #ausnahmslos ist das Hashtag und der Titel von Feminist*inn*en, die sich gegen eine fremdenfeindliche Instrumentalisierung von den Vorfällen in Köln aussprechen. Im Freitag kann man nachlesen, warum das so wichtig ist.
  • Bei Stichwort Köln drängen auch wieder andere Probleme an die Oberfläche, z.B. die ständig wiederkehrenden Fälle von Hatespeech im Internet. Ob und wie dagegen vorgegangen werden kann und warum der Kampf so wichtig ist, kann man hier nachlesen.

Johannes

  • Thomas Fischer ist ein ziemlich wortgewaltiger, praktizierender Richter am Bundesgerichtshof (der wichtige, in Karlsruhe). Seine Kolumnen für die Zeit sind immer wieder brachiale Abrechnungen mit verschiedenen Themen und gleichzeitig faszinierende Zeugnisse einer rein juristischen Sichtweise vieler zeitgenössischer Probleme. Ich freue mich über seine langen Klagen, zuletzt über das Thema “Sexmob”, die zumindest mir zeigen: Nicht alle Juristenmenschen sind verknöcherte Konservative.
  • Seit etwas mehr als einer Woche gibt es das neue Internetportal Übermedien, gegründet von den beiden Medienjournalisten Boris Rosenkranz und Steffan Niggemeier. Ziel ist es, ein unabhägiges Magazin für Mediennutzende zu schaffen. Da wir alle Medien konsumieren, lohnt sich für jede*n von uns der Blick auf die – zugegeben –  nicht sonderlich frisch gestaltete Seite. Anfangen könnte man zum Beispiel mit einem kleinen Video über die Bildbeiträge von Focus Online – und warum diese völlig unterirdisch sind.
  • Es geht ab in Deutschland, auch in Berlin. Vor allem im Osten dieser Stadt findet man* noch so manche Hausbesetzungsprojekte alter Schule, mit einfachen Schwarz/Weiß-Zeichnungen was die “guten” Linken und die “bösen” Polizisten angeht. Das ist leider alles nicht mehr so wirklich aktuell, zumindest aber wesentlich komplizierter. Trotzdem ich diese dogmatischen Linken nicht über alle Maßen sympathisch finde, bereitet mir das Vorgehen der Polizei und die Ankündigung des christdemokratischen Berliner Innensenators Frank Henkel, keine “rechtsfreien Räume” mehr zu dulden, arge Magenprobleme. Immerhin werden bestimmte Grundrechte, wie die Unverletzlichkeit der Wohnung, dank einer “Null-Toleranz-Politik”, durch die Polizei außer Kraft gesetzt. Ich verstehe ja, dass der Polizei die Projekte und das Auftreten der dogmatischen Linken in der Rigaer Straße ein Dorn im Auge sind, aber wir sollten uns eins klar machen: Nazis zünden Heime für Flüchtende an, nicht “Linke”. Fremdenhass tötet. Und Kapitalverbrechen werden auch vom Gesetzbuch wesentlich härter bestraft als Eisenstangen im Keller zu horten.

Max

  • Über diesen Zeilen, wehrter Leser, lesen Sie die Gründe, warum ich diese Woche keine Links teile. Seit knapp drei Wochen schreien sich die Leute nur noch an. Zwischen Nazi-Vergleichen und vermeintlicher Europa-Rettung durch Montagsspaziergänge sammelt sich so viel unreflektierte Wut an, dass es kaum noch Freude macht, das Internet als Kommunikationsmedium zu nutzen. Lieber flüchte ich mich in Videospiele, Bücher, Feuilletonartikel und halte für ein paar Tage den Rand. Und wenn ich wieder Kraft gesammelt habe, dann setze ich mich hin, setze mich mit einer Thematik auseinander und versuche konstruktiv etwas dazu beizutragen. Ich bin dankbar, dass meine Kollegen diese Energie noch nicht verloren haben. Ich ärgere mich so sehr über vermeintliche Ruhestifter, die mal ganz nebenbei und unscheinbar ihre Agenda durchdrücken. Ich ärgere mich furchtbar, dass wir unsere Sprache derart verunstalten, dass es eine Schande ist, dass sich die Leute in allen Lagern noch mit kulturellen (“deutschen”) Federn schmücken wollen. Ich ärgere mich, dass Leute nicht merken, dass sie dumm sind, das Wort Rassismus zu gebrauchen, wenn selbst einfache Internetmemes Grundschülern erklären können, dass es nur die Rasse “Mensch” gibt. Ich ärgere mich über so vieles und das ist nicht gesund. Ich wurde von meiner Mutter weltoffen erzogen, obwohl wir in einer Gesellschaft leben, die “allein stehende Mütter” nicht ganz geheuer findet. Gruseliger sind nur Frauen, die gar keine Kinder wollen. Nachher wollen die noch Karriere machen. Aber Frauen interessieren uns auch nur, wenn wir auf andere zeigen können. Macht es euch doch leicht: Köln ist Deutschland. Der Hauptbahnhof zu Neujahr repräsentiert alle Flüchtlinge. Wir sind Weltmeister. Wir sind Bankenkrise. Wir sind SED. Wir sind NSDAP. Wir sind Til Schweiger. Und meine Fresse, haben wir nicht alle Ahnung von der Craft( Materie)! Wenn ihr wollt, dass der Diskurs so weitergeht, dann macht einfach so weiter wie bisher. Bergab geht schließlich immer viel leichter. Fragt Sisyphos.

Featured Image via Flickr by Kristina Alexanderson