Die Jahreszeit der Awardshows hat auf ein Neues begonnen. Die Golden Globes sind schon verliehen, die Oscar Nominierungen sind gerade raus und wieder einmal beschäftigt sich Hollywood damit sich selbst zu feiern.

Wie jedes Jahr gibt es Filme, die zurecht gewürdigt werden und andere, bei denen man* es nicht versteht. Und wie all die Jahre davor fragt man* sich, warum Drama-Kassenschlager auch noch einen Oscar oder Golden Globe ins Maul geschoben bekommen, wenn es doch viele kleine Projekte, mit wenig Budget gab, die einen Preis verdient hätten. Achja und Fincher geht abermals leer aus – Max weint ein bisschen.

Via flickr by Joe Shlabotnik

golden globesOne down, one to go.

Der große Unterschied

Doch neben all diesen Sachen ist es vor allem die Zeit der Preisverleihungen, die uns vor Augen führt, wie  komisch und vor allem heuchlerisch Hollywood oft ist. Denn fast jedes Jahr gibt es ein*n Schauspieler*in, der*die für seine*ihre Rolle vor allem deswegen gefeiert wird, weil er*sie sich hässlich gemacht hat. Vor allem Schauspielerinnen applaudiert man dann für ihren Mut zur Hässlichkeit (man* erinnere sich an Monster mit Charlize Theron, die für diese Rolle schließlich auch den Oscar gewann).

Während bei Männern hauptsächlich über den Gewichtverlust oder die Veränderbarkeit eines Schauspielers gesprochen wird, feiern wir Frauen dafür, dass sie sich von ihrer hochstilisierten, aufpolierten und vielleicht auch bearbeiteten Schönheit auf ein ‘normales’ Niveau herablassen oder gar Hässlichkeit darstellen. Ähnliche Lobeshymnen finden wir eigentlich nur dann, wenn ein heterosexueller Mensch einen Homo-, Trans- oder Intersexuellen darstellt.

Dieser erste Impuls des Respekt für eine*n Künstler*in, der*die eine schwierige Rolle darstellt ist verständlich. Denn am Ende des Tages geht es beim Schauspielern um das Verändern. Nicht ohne Grund finden sich auf den diversen Preisverleihungen regelmäßig Künstler*inn*en, die zu Recht für ihr Talent und ihre Wandelbarkeit gefeiert werden, weil es ihnen gelingt jeden Tag aufs Neue in eine andere Rolle zu schlüpfen.

Aber schauen wir uns doch die Realität an. Die traurige Wahrheit ist: Die Mehrheit Hollywoods ist schlank, ‘schön’ (zumindest nach den Idealen, die uns beherrschen) und vor allem weiß. Sicherlich gibt es Ausnahmen und sicherlich befinden wir uns im Zeitalter von Melissa McCarthy, Viola Davis und Adele an einem Punkt an dem sich das vielleicht ändert. Aber der Backlash den dicke Schauspielerinnen noch immer erfahren (aber nicht ihre männlichen Kollegen, vor allem wenn sie Comedy machen), ganz zu Schweigen von den wenigen Rollen die es für nicht-weiße Schauspielende im Mainstreamkino gibt, macht deutlich: Wir haben noch einen weiten Weg zu gehen.

Rollen für Transexuelle?

Ähnlich wie bei der Diskussion um die Besetzung von Jared Leto in Dallas Buyers Club, muss man* sich zurecht fragen, warum gebt ihr die Rolle einer Transexuellen nicht einer der unzähligen transsexuellen Schauspieler*inn*en? Es ist nicht so, als würde das mit dem Verändern auch umgekehrt so super funktionieren. Wann wird schon mal einer transexuelle Frau die Rolle einer heterosexuellen Frau z.B. in einer RomCom geben? Fehlt euch ein Bespiel ein? Jap, mir auch nicht.

Zwar haben wir mit Laverne Cox endlich eine bekannte transexuelle Schauspielerin, die mit ihrem Talent oder auch dem Times Cover letztes Jahr für Sichtbarkeit sorgt, aber das reicht bei weitem nicht. Denn gerade für die Rolle in Dallas Buyers Club hätte es eine große Auswahl an transexuellen Künstler*inn*en gegeben.

Die ‘hässlichen’ Normalen

Es gibt dort draußen talentierte Künstlerinnen* (und ich verwende hier bewusst nur die weibliche Form), die ‘hässlich’ sind. Oder sagen wir: So aussehen wie du und ich. Aber erst wenn diese sich runtergehungert, unters Messer gelegt und/oder rundum aufpoliert haben, haben sie in der Regel die Chance zum Star aufzusteigen. Noch immer können durchschnittliche Männer leichter erfolgreiche (Kino-)Schauspieler werden, genauso wie sie im Schnitt auch noch immer mehr verdienen als ihre weiblichen Kolleginnen.

Via flickr by Greg Hernandez

Monster_movieWenn man* nicht ins weiße, aufpolierte Hollywoodbild passt.

Manchmal gibt es Ausnahmen. Man* denke nur an Precious und die Hauptdarstellerin Gabourey Sidibe, die es bis zu einer Oscarnominierung gebracht hat. Aber auch hier ist die Realität weit trauriger, als sie auf den ersten Blick erscheint. Denn obwohl sich alle einig waren, dass Sidibe hier eine schauspielerische Glanzleistung vollbracht hat, wer wurde ein Jahr später zu Hollywoods Liebling? Lupita Nyong’o. Zwar hat auch diese ohne Zweifel schauspielerisch überzeugt (und den Oscar gewonnen), aber geliebt wurde sie vor allem auch für ihre Schönheit.

Natürlich gibt es rationale Gründe warum am Ende eine Charlize Theron gecastet wird. Das gute alte Geld, Hand in Hand mit Kommerz und Kapitalismus, führt die Menschen hinter der Kamera zu diesen Entscheidungen. Und auch die Schauspieler*inn*en haben Interesse an solchen Rollen. Garantiert doch Häßlichkeit genauso wie Nacktheit in einem einermaßen guten Film gerade Frauen fast den Oscar. Ach, und nicht heterosexuelle Männer zu spielen war auch bei den Männern nie die schlechteste Entscheidung.

Die politische Message ist nicht genug

Es ist toll, das Filme wie Philadelphia oder Milk Preise gewinnen. Und es ist toll, dass Geschichten über normale, komplizierte, furchteinflößende und hässliche Frauen erzählt und gewürdigt werden. Aber das ist eben nur der erste Schritt.

Mehr Diversität heißt eben auch mehr Geschichten über ‘normale’ Menschen zu erzählen,  über Leben und Erfahrungen von Menschen jeder Hautfarbe, über den Alltag von Leuten aller Gewichtsklassen, über das Lieben und Leiden von Partner*inn*en jeder Sexualität und jeden Geschlechts. Vor allem müssen sie von den Menschen erzählt werden, die es erlebt haben. Und es wäre schön dann auch jemanden zu sehen, der nicht in einen Fatsuit gesteckt wurde, um die Geschichte darzustellen. Dünn sein macht niemanden zu einer*m besseren*m Schauspieler*in, genauso wenig wie ein paar Kilos mehr.