Schluss mit der Lernerei, ich brauch jetzt was Pornografisches.

Vorbei ist die Zeit, in der man sich ausgeleierte VHS ohne oder mit äusserst raffinierten Decknamen bei Freunden leihen musste oder hoffte, dass die Eltern bei der Url-Eingabe, nachdem sie ein Y eingetippt hatten, bei Youtube und nicht bei Youporn landeten, da man vergessen hat die History zu löschen.

Nun hat man den eigenen Laptop, zudem hat sich das Konsumuniversum um einige Plattformen erweitert und man hat verstanden, dass diese Wichsvorlagen auch eine Kunstform darstellen können. Da ich ohnehin Geschichte studiere, wird mir definitiv nicht das Rückenmark auslaufen, wenn ich mich auch ein wenig mit der Geschichte der Pornografie auseinandersetze.

Daher beschäftige ich mich heute, obwohl ich die beruhigende Wirkung eines richtigen Streifens nicht zu bestreiten vermag, nun mit einem Film über das benannte Genre.

Vor etwa einem Jahr stieß ich auf  den Film “der Pornograph” des franzöischen Regisseurs Bertrand Bonello.

Erzählt wird die Geschichte Jacques Laurents, einem in die Jahre gekommenen Pornofilm-Regisseur, der aufgrund von Geldnöten, lange nach dem Höhepunkt seiner Karriere, dazu gezwungen ist, erneut Pornofilme zu drehen. Was zu seiner Zeit noch Spielraum für eine künstleriche Auseinandersetzung mit dem Thema im Sinne des cinémà d’auteur bot, hat sich nun in eine florierende, jedoch auch durch mangelnde Kreativität geprägte Branche verwandelt.

(by Niemi via flickr.com)

Nicht ohne Grund handelt es sich bei “der Pornograph” um ein Drama und nicht etwa um ein Sexfilmchen mit ein wenig mehr Dialogen, als sonst.

Die Streitdiskussionen zwischen Jacques Laurent und dem Produzenten spiegeln auf ihre ganz eigene Art und Weise, ein Chaos von Gedanken wider, das sich im Kopf eines Pornokonsumenten oder auch eines Beobachters von sexuellen Inhalten abspielen kann. Welche Situationen verleiten zu guter Letzt zum Verspüren von Lust und zum Höhepunkt?  Die Szenen welche ausgeblendet werden oder die Nahaufnahme des Akts? Brauch der Zuschauer das gekünstelte Stöhnen der Darsteller und ist es das schweigende und doch zuckende Antlitz? Der Film beantwortet diese Fragen nicht, sondern stellt sie dem Publikum.

Die Besetzung des Films passt und trägt ihren Teil zu der gekonnt geschaffenen unangenehmen, nervösen, frustgeladenen Atmosphäre bei.

Dem Hauptdarsteller Jean- Pierre Léaud, einem zugegebenermmaßen sehr talentierten Ziehkind Truffauts, gelingt es sehr gut, Desorientierung, Zielstrebigkeit, sowie künstleriche Offenheit und Sturrheit in einer Person zu vereinen.

Eine der Pornodarstellerin im Film wird von Ovidie (Eloise Becht) gespielt. Sie mimt die professionnelle Darstellerin, die mit einem gewissen Sarkasmus mit der Tatsache, dass der Produzent und der Regisseur sich nicht einig werden, umgeht. Die, sich selbst als sex-positive Feministin bezeichnende, ehemalige Pornodarstellerin verleiht dem dargestellten Charakter seine Glaubwürdigkeit.

Der Film enthält viel Nackheit, sowie explizite Sexszenen, wird jedoch jenen, die sich den bereits angesprochenen Pornostreifen mit ausgefeilter Story erwarten, nicht die erwartete Befriedigung bringen.

Sehenswert ist er auf jeden Fall.

Bande Annonce – Le pornographe von superyiyi

(Das Zitat im Titel stammt aus dem Film. Die Darstellerin wird aufgefordert nach dem letzten Fellatio, das Sperma zu schlucken und sauberen Gesichtes von dannen zu schreiten.)

(Ich werd in nächster Zeit zwar mal ne ausführliche Liste mit interessanten Links zum Thema erstellen, aber hier habt ihr schon mal ne interessante Reportage, die ein Freund von mir für das luxemburgische Radio 100,7 gemacht hat)