Namen für irgendwas selbstgemachtes finden ist scheiße. Jede*r, der*die mal angefangen hat, selbst etwas Kreatives zu schreiben oder gerne Pen & Paper-Rollenspiele spielt, kennt dieses Problem. Ständig stellt mensch seine eigene Entscheidung für den Namen in Frage, schließlich klingt das ganze irgendwann doof und peinlich. Deshalb bin ich sehr froh, dass die Entscheidung für den Namen „Mehr Spieler“ zwischen Max und mir relativ schnell gefallen ist. Bis heute bin ich ein großer Fan, nicht nur des Namens, sondern auch unseres eigenen kleinen Formates. „Klar“, mögen viele jetzt denken, „du machst ja auch den Podcast und die Blogeinträge, natürlich findest du das gut“, aber wenn ich mit dem Format nicht zu neunzig Prozent zufrieden wäre, dann würde ich das nicht auch so sagen. Selbskritik ist schon was feines und nützliches, wenn mensch sie denn anwenden kann.
Matt Groening. Bereits 1985 latent zynisch. By cineorly, via Flickr.com
Jedenfalls war die letzte Woche sehr arbeitsreich, da in Los Angeles die E3 stattfand, eine große Messe für elektronische Unterhaltung, und damit: Videospiele. Max, Walde und ich haben die Berichterstattung gespannt verfolgt und Walde war sogar so bekloppt, sich die Liveübertragungen der verschiedenen Pressekonferenzen anzutun, teilweise um vier Uhr morgens. Ich selbst kann mir diese Konferenzen aber nur selten antun. Denn dort stehen Leute auf der Bühne, die teilweise ganz genau wissen, dass ihr Produkt die ganzen Erwartungen, die sie zu schüren versuchen, nicht erfüllen wird, aber trotzdem versuchen, uns zu begeistern. Prinzipiell ist dagegen nichts zu sagen. Aber statt auf eventuelle Schwachpunkte einzugehen, sie gegen die möglichen Einwände abzuwägen und schließlich die speziellen Designentscheidungen des Produkts zu erläutern, um das Produkt klar und offen zu präsentieren heißt es oft genug: WIR SIND SUPER, WEIL WIR GIMMICK XY HABEN, NUR BEI UNS! KAUFEN!
Das schlaucht beim Zuhören und nervt beim Zusehen. Denn wir als Konsument*inn*en sind ja nicht dumm, wir wissen, dass ein Produkt nicht einmal halb so perfekt ist, wie es uns präsentiert wird. Wir wissen, dass jedes Superfeature meist auch einen Haken hat, und statt uns zu ärgern, dass es tatsächlich einen gibt fragen wir uns stattdessen, wie sehr uns dieser Haken denn ins Fleisch schneidet. Dies führt nicht nur zu einem unschönen Zynismus seitens der Verbraucher*innen, sondern auch zu einem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Anbieter*in und Kundin oder Kunde. Dabei ist doch Vertrauen in eine Marke, ein Produkt, eine Firma so ziemlich das Beste was so einer*m Anbieter*in eines Verkaufsdings so passieren kann, denn das stärkt die Bindung und sorgt für einen sicheren Umsatz. Das einzige Problem: Vertrauen muss mensch sich erarbeiten und nicht mit Geld erkaufen, was in unserem kapitalistischen System heißt, dass Vertrauen letztlich nicht genug Gewinn abwirft.
Deshalb sind solche Produktvorstellung auch unglaublich anstrengend und vor allem entwürdigend für die Menschen, welche diese Präsentation durchziehen müssen. Dann stehen die dort auf einer großen Bühne, reden sich den Mund mit unglaublich leeren Phrasen fusselig und geraten ins Stottern oder, noch schlimmer, reden ziemlichen Stuss, wenn irgendjemand mal kritisch nachfragt. Das tut mir beim Zuschauen weh und ich möchte nicht, dass diese Leute das machen müssen, ja, ich möchte nicht, dass irgendjemand jemals ein defizitäres Produkt hochjubeln muss, auf Kosten ihrer oder seiner Würde.
Wenigstens macht er das aus Überzeugung. Wahrscheinlich. By Nekosoft, via Flickr.com
Stattdessen würde ich mir mehr Offenheit und Transparenz wünschen. Mehr Erläuterungen darüber, weshalb mensch sich für die Möglichkeiten A, B und C entschieden hat, obwohl es hätten auch D, E, und F sein können. Warum beispielsweise setzt Microsoft auf TV und Always On, während Sony weiterhin eine Spielekonsole herstellt? Ich glaube, die Menschen und Verbraucher*innen würden es verstehen, wenn ein Pressesprecher aufläuft und sagt: „Wir haben uns bewusst dazu entschieden, unser Produkt auf diese Art zu gestalten, weil wir finden, dass Gründe G, H und I die besten Entscheidungen für uns waren. Wir konzentrieren uns auf diese Entscheidungen und wollen, dass unser Produkt in diesen Bereichen hervorragend wird. Natürlich hätten wir auch Entscheidung J, K und L treffen können, fanden aber die Ausrichtung auf G, H und I besser.“ Wenn mensch den Zuhörer*innen bei solchen Konferenzen einfach endlich mal offen erklären würde, warum die Dinge so gemacht wurden, wie sie sind, dann können sich doch alle viel besser mit den Zuständen anfreunden. Ansonsten bricht sich nämlich der Zynismus bahn und wir werden grundsätzlich von allem zunächst enttäuscht sein, statt erfreut.
Transparenz und Offenheit hilft nicht nur den Firmen, sondern auch der Politik. Deshalb sollte überall damit angefangen werden, zu erklären, statt zu entscheiden. Dann müssen wir von Mehr Spieler beispielsweise nicht mehr rumragen, weil wir als Kundinnen und Kunden für blöd verkauft werden sollen.
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