Die Vorweihnachtszeit ist ein Arschloch.

Die Wärme welche die meisten Menschen in sich tragen, rührt einzig und allein von der Verdauung des überteuerten, ungenießbaren Essens des Weihnachtsmarktes her und man hofft insgeheim, dass sie in ein vor Glückseligkeit triefendes Sodbrennen übergehen wird. Hinzu kommt dass das, was einem in dieser Jahreszeit so an musikalischen Darbietungen präsentiert wird, meist recht wenig mit Nächstenliebe zu tun hat. Man ist talentfreien Kindern, die schief Geige oder wahlweise auch Blockflöte spielen, ausgesetzt und würde sie eigentlich lieber dafür bezahlen, dass sie endlich aufhören, unschuldigen Anwohnern auf die Nerven zu gehen. Zu guter Letzt gibt es fast keinen anderen Zeitpunkt  des Jahres (außer an Karneval) zu dem ich stärkere Gelüste verspüre, Massivholzmöbel aus meinem Fenster zu schmeißen, weil irgendwelche angetrunkenen Vollhonks glauben, die Fußgängerzone mit ihren fast schon beängstigenden Gesangseinlagen beschallen zu müssen.

Aber glücklicherweise gibt es Menschen, die einen ohne es zu wissen von den eigenen Mordgelüsten ablenken. Zu diesen Menschen gehören auch die Jungs von Herr Berlin.

Eine richtig passende Genre-Bezeichnung ist für das, was diese drei Herren tun, nicht zu finden. Herr Berlin klingt nach Herr Berlin und das ist gut so. Daher sollten die Zuhörer es dem Trio gleich tun: Sich von all zu festen Denkrastern lösen, sich  zurücklehnen  und genießen.

Die erfahrenen Musiker gehen die Sache ganz ruhig an, holen die Zuhörer dort ab, wo diese stehen und laden für einen kurzen Moment in jene Welt ein, in der sie selbst versinken und zwar ab dem Augenblick, in dem die Drumsticks zum ersten Mal das Fell berühren.

Für den Drummer Krefti erfüllt die Musik eine wichtige Aufgabe, indem sie ihm als Ventil dient. Jene Dinge, die den Alltag alles Andere als genießbar machen, werden sanft durch den musikalischen Kompensations-Schredder gepresst. Die daraus resultierende, in Klang gefasste Emotion schildert er wie folgt:

erste Antwort

Ebenso wie Krefti verleiht der Gitarrist Uwe seinen Gedanken auf eine musikalische Art und Weise einen einzigartigen Ausdruck. Zum Einsatz kommen jedoch nicht nur Saiten, die sowohl sanften, wie auch zärtlichen Berührungen ausgesetzt sind, sondern auch Worte, die zwar aus seiner Feder stammen, aber vielen Zuhörern aus der Seele sprechen: ” Alles ist immer wie immer und wie es war, du gehst aus dem Haus, dahinten fährt die Bahn, manchmal gibt es Krieg, nur so aus Prinzip und in den Nachrichten erschießen sich die Leute, Alles ist immer wie immer und wie es war.”*

Die Texte handeln überwiegend von Vergangenem, das nun eine ruhige Nachbetrachtung erfährt. Vor dem was kommt, haben die Trierer Musiker keine Angst. Mit der nötigen Erfahrung und einer gewissen Gelassenheit sehen sie der Zukunft, also beispielsweise  der baldigen Ankunft der “Ufos und Aliens”, entgegen.

Sie sind nicht er- sondern eher gewachsen. Gemeinsam mit der Musik. Die altbekannte musikalische Kompromisslosigkeit ist einer gesunden und vor allem gewinnbringenden Flexibilität gewichen.

Man kann Uwe und Krefti zwar nicht unbedingt als altes Ehepaar bezeichnen, da sie dafür zu nett zueinander sind, aber kennen tun sie sich schon lange. Und das merkt man ihrem Zusammenspiel auch an. Und gerade hier zeigt sich ihre Flexibilität ein weiteres Mal, da sie mit dem dritten Mann im Bunde, nämlich dem Bassisten Florian klangvoll verschmelzen.

Zweite Antwort

Gegen Ende des Interviews habe ich die Jungs gebeten, sich drei mal hintereinander einen der, von mir vorgeschlagenen Begriffen (die ich anhand der Songtexte zusammengesucht hatte) auszuwählen.

Dritte Antwort

Da Florian während dem Interview leider nicht dabei sein konnte, habe ich ihm die letzte Frage nach dem Konzert im BimBam gestellt und musste ein wenig schmunzeln, als er sich den Begriff “Präsident” aussuchte. Ich glaube da haben sich drei Menschen gefunden, die sich gut ergänzen und hoffentlich sobald auch nicht verlieren werden.

 

 

 

* Ufos und Aliens

(Photo-Copyright: Philipp Baumbauch)