Das mit der Anne und den Filmen ist ja so ne Sache. Spätzünder, Heidi-Fan und ein Hang zu schwedischen Frauen, welche nicht sonderlich gut schauspielern, aber dafür unglaublich attraktive Wangenknochen haben. So könnte man es zusammenfassen. Oder so ählich.

Ich bin dokumentarfilm-süchtig und bin im Zuge meiner Sucht auf Vieles gestoßen, das mir, auf die ein oder andere Weise, den Kopf weggeblasen oder gar das Gehirn gefickt hat. Das macht meiner Meinung nach, auch einen guten Dokumentarfilm aus. Man muss sich definitiv nicht unbedingt mit dem Filmemacher eins sein, sondern man sollte für das Thema gewonnen werden. Wenn die Rechnung aufgeht, fahren die Gedanken freiwillig Karussell. Dies lösten bei mir Dokumentarfilme wie Heart for Jenin, The Yes Man, Blood in the mobile oder vor allem auch Deutsche Seelen aus.

Nun habe ich mir mal angeschaut, wie der Herr Winterbottom das so hinbekommt. Der englische Regisseur hat mit Mat Whitecross ein Doku-Drama über 3 britische Muslime gedreht, welche ziemlich unverhofft in Guantanamo Bay auf Kuba landen. Ich komme nicht umher zu sagen, dass die Jungs scheinbar zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren.

Ruhal Ahmed, Asif Iqbal und Shafiq Rasul und Monir wollen im Jahr 2001 eigentlich nur nach Pakistan reisen, damit Shafiq dort seine,  von seiner Mutter auserwählte, zukünfige Frau trifft. Der Abstecher nach Afghanistan erweist sich (wie zu erwarten?) als gefährliche und lebensverändernde Entscheidung, da die Invasion des amerikanischen Militärs sich in der Hochphase befindet. Es bricht ein allgemeines Chaos aus, sie verlieren einen ihrer Freunde, werden von den Milizen der Nordallianz festgenommen und nach Kuba “deportiert”. In der Folge, werden sie fast drei Jahre dort festgehalten, ohne Kontakt zu ihrer Familie, geschweigedenn zu einem Anwalt aufzunehmen zu dürfen.

Das Hauptaugenmerk des Films liegt auf den darauffolgenden kranken Verhör- und Foltermethoden, dem psychologischen Terror und den menschenunwürdigen Zuständen, denen die drei ausgesetzt waren.

Fälle von Misshandlungen und Machtmissbrauch im Gegfangenenlager waren jedoch schon vor Erscheinen des Films im Jahre 2006 bekannt. Sogar Bestätigungen, dass dies von höchster Stelle gebilligt und sogar so gewollt war waren publik.

Gerade diese Umstände verleihen dem Film, gepaart mit der Tatsache, dass es sich um ein Doku-Drama (einer Nachahmung (angeblich) belegbarer Ereignisse, welche durch Originalaufnahmen aus jener Zeit ergänzt oder unterlegt werden) eine sehr irritierende Note.

Dass Zuschauer, welche Berichte über den Afghanistankrieg in den Nachrichten sahen, ohnehin früher oder später zu Abstumpfung, sowie Verdrängung neigten, ist kein Geheimnis und aus einer psychologischen Perspektive auch erklärbar. Viele verharrten in ihrer Position der Angst und der Machtlosigkeit und versuchten eine Art Selbstschutz aufzubauen. Über all dem steht die vorhandene oder gewollte Distanz zum Thema.

Das hier gewählte Filmgenre ermöglicht oder unterstützt diese Distanz sogar. Die gezeigten Leichen sind glücklicherweise nur gut geschminkt und die Gefangenen haben nach dem Dreh nicht im Zwinger, sondern in einem Bett schlafen können.

Ich will hier kein schäbiges Todschlag-Argument bringen, aber ich frage mich einfach, ob es sich bei solch einem Thema (zu dem es weitaus mehr Bilder und Originalaufnahmen gibt) anbietet, dieses Genre zu nutzen.

Der Film zeigt seine Wirkung beim Zuschauer, aber halt nur kurz.