Was will ich hier eigentlich, wird sich vielleicht manch ein Leser oder eine Leserin fragen? Falls er oder sie nicht verschreckt den Titel überscrollt hat und schnell zu einem anderen Blogeintrag gegangen ist. Immerhin steht da ja ein ganz böses Wort: Feminismus. Aber keine Angst, hier wird nicht die Beherrschung der Männer ausgerufen oder Anleitung zur BH-Verbrennung gegeben (wobei, könnte man ja auch mal machen). Hier soll es um gleiche Entfaltung für alle gehen – nicht mehr und nicht weniger.

In einer der Zahlreichen Besprechungen des Teams von Daran geht die Welt zugrunde kam die Frage auf, warum die ganze Sache hier Mythen des Antifeminismus heißen soll. Also dachte ich mir, bin ich doch mal ganz klassischen und beginne mit dem Anfang, nämlich dem Titel.

Mythos, das ist nach der Wikipedia-Definition „in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Erzählung, mit der Menschen und Kulturen ihr Welt- und Selbstverständnis zum Ausdruck bringen“ und somit ein Versuch die Welt zu erklären. Außerdem erläutert Wikipedia weiter „Mythen erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit. […] In einem weiteren Sinn bezeichnet Mythos auch Personen, Dinge oder Ereignisse von hoher symbolischer Bedeutungoder auch einfach nur eine falsche Vorstellung oder Lüge.” Im Gegensatz zu Märchen oder Mären verschwimmen beim Mythos Wahrheit und Fiktion und werden zu einer undurchsichtigen Masse, gerade, wenn man sich die moderne Verwendung des Begriffs anschaut. Es geht hier also darum aufzudecken: Was ist wahr, was ist Fiktion und was wünschen sich die Menschen, das es wahr ist?

Vermeintliche Wahrheit begegnet uns überall im Alltag. Egal ob es sich um Urban Legends oder scheinbare wissenschaftliche Erkenntnisse handelt, die man sich à la „das hab ich neulich gehört“, um den Kopf wirft.

Bei gesellschaftlich heiß diskutierten und insbesondere emotional aufgeladenen Themen trifft man Halbwahrheiten oder gut verpackte Lügen dieser Art besonders häufig an. Und da Gleichberechtigung der Geschlechter (und sexuellen Identitäten) leider in diese Kategorie fällt, muss man sich gezwungener Maßen mit diesen auseinandersetzen.

Da ich ehrenamtlich und ‚beruflich‘ (falls man sein Studium so nennen kann) zu Feminismus arbeite verwundert es nicht, dass ich regelmäßig Kontakt mit feministischen, aber genauso häufig mit antifeministischen Positionen habe. Spannend ist, dass besonders auf WG-Partys oder bei ‚lockeren‘ Unterhaltungen im Bekanntenkreis verstärkt die zweite Variante zu finden ist. Was mich persönlich traurig bis wütend macht ist, dass Gespräche dieser Art in der Mehrzahl der Fälle einseitig und recht unproduktiv ablaufen. Denn outet man sich als Feministin oder Feminist, scheint das überraschender Weise automatisch eine Einladung für Leute zu sein ihre, wie soll ich sagen, sexistische Kackscheiße auf einen loszulassen. An manchen Tagen denk ich mir dann: „Was soll’s, die Argumente sind ja auch deiner Seite: Auf in das Gefecht“, aber Fehlanzeige. Leider hat sich aus solchen Situationen nur sehr sehr selten eine produktive Diskussion ergeben, denn früher oder später kommen die Mythen ins Spiel.

(via AfrikaForce’s)

Ein Beispiel gefällig? Wie wär‘s mit: „Aber es gibt da ne Studien mit Affenbabys, wo die Weibchen nach Puppen und die Männchen nach Autos greifen. Ist doch klar warum Frauen Barbie mögen und Jungs Autorennen.“ Ja… alles klar, ich dachte mir schon immer, dass meine Nachbar*innen Schimpasen sind, das erklärt sooooo viel z.B. die Bananenschale, die neulich im Flur lag. Spaß beiseite, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll um zu zeigen, was daran falsch ist. Ich weiß zwar nicht welche Studie gemeint ist und will diese vermeintlichen Ergebnisse auch gar nicht per se als unwahr abtun, aber generell ist es unglaublich schwierig von Tieren automatisch auf den Menschen zu schließen – ja, auch vom Affen unserem nächsten Verwandten.*

In den meisten Fällen haben solche Argumente eins gemeinsam. Schaut man sich die Sache genauer an, stellt ein oder zwei kritische Nachfragen, befragt die Suchmaschine seines Vertrauens oder – ganz old school – liest ein Buch dazu, dann sind sie nur noch eins: ein Mythos, der eigentlich Humbug ist und mehr über die Wünsche des oder der Redner*in aussagt, als über das besprochene Thema. Private Erfahrungen vermischen sich an dieser Stelle mit pseudowissenschaftlichen Informationen und entwickeln eine beeindruckende Schlagkraft. Obwohl diese Mythen, wie unsere kleine Affenstudie, schon mehrmals von vielen klugen Menschen aus unterschiedlichen Epochen, Ländern und wissenschaftlichen Bereichen widerlegt wurden, wollen sie nicht so recht aus den Köpfen und Diskussionen der Leute verschwinden.

(via crackajack)

Warum das so ist und wie diese Mechanismen der Reproduktion funktionieren, will ich hier in Zukunft thematisieren und kritisieren.

Und ja, man kann es ahnen, natürlich geht es auch darum den Sexist*innen – ja, es gibt auch weibliche Menschen, die das sind – Homophoben und Biologist*innen gepflegt das Schweigeeinhorn** zu zeigen. Nicht nur weil sie mit ihren unreflektierten Äußerungen täglich dafür sorgen, dass diskriminierende Strukturen weiter bestehen, sondern auch weil es zu viele gibt, die nicht einmal raffen, was sie den Leuten da eigentlich erzählen.

* Dazu in einer der nächsten Folgen mehr.

** Wer sich fragt, was das Schweigeeinhorn ist und woher es kommt, dem oder der sei gesagt, es ist ein naher Verwandter des Ruhefuchs. Dabei handelt es sich um eine Strategie für Lehrer*innen aus den Bildungswissenschaften. Wenn die Klasse zu laut ist, dann soll sich die betreffende Person vor die Klasse stellen und den Ruhefuchs machen, dann schweigen alle. Ich persönlich zweifle ja an der Strategie und plädiere für das Schweigeeinhorn… vielleicht außerhalb von Schulklassen.