Es gibt Dinge, die machen eine*n einfach nur sprachlos. Sprachlos vor Wut, vor Unglauben oder vor Fassungslosigkeit. In diese Kategorie gehört ohne Zweifel die Fat-Shaming Week, eine Twitter- und Internetaktion, die von der maskulinistischen Seite Return of the Kings ins Leben gerufen wurde (Eine riesen Triggerwarnung für Leugnung von rape culture, sexuelle Gewalt, verachtende und sexistische Sprache auf der Seite, die ich nur einmal hier verlinke, da jeder Klick ein Klick zu viel ist). Das Ziel der Kampagne lässt sich ganz einfach beschreiben: Dicke Menschen (natürlich vor allem Frauen) sollen sich dafür schämen, dass sie zu dick sind und dies soll geschehen indem man sie durch Blogartikel oder Tweets darauf aufmerksam macht.

Bevor ich auf den inhaltlichen Aspekt eingehen will, ein großes: WHAT THE FUCK?!

In welcher Welt leben wir, dass sich Menschen hinstellen können und andere dazu aufrufen einer Gruppe bewusst zu schaden. In der Hass angestachelt wird und in der Leute Menschen aktiv emotional verletzen wollen. Wenn auch nur einer hier kommentieren will „Aber so ist das Internet eben – Trolls are trolls“: No fucking way.

Es ist mir herzlich egal, ob das Internet so ist. Diese Aktion (oder vergleichbare) sind derart menschenverachtend, dass mir die Spucke wegbleibt. Und genau deshalb dürfen wir solche Zustände nicht akzeptieren, genau deshalb ist es wichtig diesen Punkt immer und immer wieder zu wiederholen. Auf jeden Troll sollten tausende von Kommentaren kommen, die ihn*sie in die Schranken weisen. Scheiß auf Anonymität! Jedes Handeln hat Konsequenzen und emotionale Gewalt ist nicht zu unterschätzen. Sagt mensch nichts, dann stimmt mensch schweigend zu. Zivilcourage hört nicht in der analogen Welt auf. Sie gehört überall dahin, wo Menschen mit einander umgehen. PUNKT!

By Julien Haler via flickr

Fuck you

Und weil mir bestimmt gleich emotionales Verhalten und Radikalität vorgeworfen wird, hier ein gemäßigtes und nettes Bild meiner Meinung.

Über die inhaltliche Kritik könnte ich eine eigene Kolumne schreiben. Ich könnte schreiben, dass Körper unterschiedlich sind und nicht jede*r ‚einfach‘ dünn sein kann. Das Genetik und Stoffwechsel eine Rolle spielen und es leicht ist, diese Infos einfach auszublenden. Oder ich könnte das schon hundertmal hervorgebrachte Argument einwerfen, dass es doch egal ist, wie jemand aussieht. Jede*r sollte so leben und lieben können, wie er*sie will. Genauso sollte jede*r auch geliebt und akzeptiert werden, wie er*sie ist. Die Argumente sind zahlreich und werden von Feminist*innen seit Jahrzehnten hervorgebracht.

Mir geht es hier dezidiert um einen Punkt. Das Recht am eignen Körper. Denn bemerkenswert ist, dass sich die erwähnte Kampagne vor allem gegen Frauen richtet. Fat girls sind es mit denen die vorrangig männlichen User und Mitglieder von Return oft the Kings ein Problem haben (das spiegelt sich z.B. in so schrecklichen Artikel wie 5 Ways To Bully Fat Sluts On A Date wider).

Their self-hatred makes you pity them and their poor nutritional understanding makes you feel bad. Fat women are worse. You can see the look in their eyes, the dead look of a person long-past caring about themselves, motivated only by the fleeting, short-term thrills of bingeing on unhealthy foods. (aus 5 Reasons Fat People Are Evil)

Das Problem ist kein Einzelfall. Es lassen sich sehr starke Parallelen zur Abtreibungsdiskussion feststellen – Das Bedürfnis den weiblichen Körper zu regulieren.

Ich bin es satt. Woher kommt dieser Drang Frauen* zu sagen, wie sie sich zu verhalten und was sie mit ihrem Körper zu machen haben? Auch wenn es sich nicht absprechen lässt, dass der Druck des Schönheitswahns nicht nur Frauen* betrifft, ist es dennoch Fakt, dass die Mehrheit der Frauen* betroffen ist. Werbung, Filme, Serien, Talkshows, Zeitschriften – die Liste an Medien ist lang, die jeden Tag vorleben wie eine Frau zu sein hat: Schön, schlank und vorzugsweise weiß. Welchen Effekt das auf junge Mädchen hat, ist auch kein Geheimnis mehr.

Geht eine Frau in eine Castingshow wird mit fast hundertprozentiger Sicherheit ihr Aussehen kommentiert. Schönheit ist noch immer die Hauptkategorie an der Frauen* gemessen werden. Frauen*, die diesen Idealen nicht entsprechen, haben es nach wie vor schwer. Sind sie nicht nur ‚nicht schön‘, sondern auch noch ‚dick‘, wird es für sie noch schwerer sich zu behaupten (vor allem im Filmgeschäft). Auch ohne solchen Mist, wie der Fat-Shaming Week, ist dieser Druck präsent. Frauen brauchen diesen Dreck nicht, sie leben damit jeden Tag. Sie leben damit, dass sie ihr Essen nicht genießen, dass sie die richtige Kleidergröße tragen müssen, dass sie sich täglich wiegen, um ja nicht dick zu werden und, dass sie sich selbst nicht schön finden. Die Konsequenzen sind ebenfalls bekannt: Von fehlendem Selbstbewusstsein, bis hin zu Selbsthass und Magersucht ist alles vertreten.

Wie bereits angedeutet gliedert sich dieses ‚Einzelevent‘ in eine Struktur ein, die noch immer davon bestimmt ist, dass Frauen* vorgeschrieben wird, wie sie ihr Leben zu leben haben. Sie sollen brav, zurückhaltend und niedlich sein, schön aussehen und ja nicht auf den Gedanken kommen, dass sie ihren Körper selber bestimmen können. Bist du zu dick, dann bist du nur zu faul und selbst daran Schuld, wenn du keinen abbekommst.

Schöner als dieses Video kann ich es nicht auf den Punkt bringen.

Jede*r sollte sich empören über diese sogenannte Kampagne. Jede*r sollte aufschreien über solche niederträchtigen und verachtenden Äußerungen, die von einer privilegierten Gruppe über eine andere getätigt werden. Menschen für ihren Körper zu verurteilen ist NICHT OK! Wer das nicht empfindet, der*die hat größere Probleme als sein*ihr Gewicht, nämliche seine*ihre Menschlichkeit!