Nintendo hat es getan, die Playstation 4 wird es tun und es ist mit dem Start von Windows 8 klar, dass auch Microsoft nicht darum herum kommen wird: Videospiele zu spielen wird zu einem Social-Networking-Erlebnis. Wo Nintendo das MiiVerse geschaffen hat, da versucht Sony mit dem Share-Knopf und den ausgeweiteten Internetfunktionen ihrer kommenden Konsole ebenfalls ihr Netz auszuwerfen und hofft, sich nicht schon wieder böse Hacker einzufangen. Microsoft hat mit Windows 8 ja bereits gezeigt, dass sie Xbox-Live mit den PC-Spieler*innen enger verknüpfen möchten. Aber welchen Mehrwert bringt dieses ganze Social-Media-Gedöns und warum ist das Internet „The Next Big Thing“, zumindest für die Konsolen?

 großkatze_DrGaz
Tiger, Löwen und so weiter gehören übrigens zu den Großkatzen. By DrGaz

Mir wird ja nachgesagt, ein Misanthrop zu sein. Natürlich stimmt das nicht, ich mag Menschen. Leider werde ich nur viel zu oft intellektuell von ihnen unterfordert und bin deshalb froh, wenn ich ein Videospiel anwerfen kann, um mich nicht mit der Dumpfheit meiner Mitmenschen herumschlagen zu müssen. Ihr merkt, Multiplayer ist nicht mein Metier und ich sitze sehr gerne alleine vor einem Spiel. Genauso geht es mir mit dem zunehmenden Exhibitionismus und Aufmerksamkeitswettbewerb, dem mensch sich in sozialen Netzwerken stellen muss. Und deshalb bin ich natürlich auch sehr skeptisch gegenüber diesem neuen Netzwerk-Gedöns, dem sich die drei großen Konsolenhersteller da verschrieben haben. Das MiiVerse erlaubt es, zu Spielen Kommentare abzugeben, seien es Hilfestellungen oder Spoiler. Die PS4 wird es ermöglichen, per Share-Knopf bestimmte Erlebnisse direkt ins Internet hochzuladen, das Zuschauen bei Spielen anderer Leute soll möglich sein, sogar bis hin zur Kontrollübernahme von Freunden oder Freundinnen. Microsoft wird wahrscheinlich ganz ähnliche Funktionen in die neue Xbox-Konsole packen. Die drei Fragezeichen der Spielebranche wollen damit ganz klar Phänomene wie LiveStreams (z.B. bei Star Craft II) oder Let’s Plays auf ihre jeweiligen Konsolen bündeln und damit von anderen Medien wie YouTube weglocken. Dabei stelle ich mir natürlich die Frage, warum man in Redmond, Kyoto und Tokio sich das Geld für die entsprechende Softwaregerüste und Hardware nicht gespart und in eine günstigere Konsole gesteckt hat. Die Angebote sind doch da, nur eben nicht über das eigene Netzwerk, sondern über Fremdanbieter. Oder geht es dem Trio Infernale eher um Kontrolle? Um die Aufsicht darüber, was mit den Konsolen angestellt wird, nun, nachdem man dank nach Hause telefonierender Konsolen ein Hacken der Plattformen fast nicht mehr (oder nur unter großen Einbußen) möglich ist? Oder betreiben die drei Firmen schlicht und ergreifend Kundenbindung und wollen die Spielerinnen und Spieler einfach an das Netzwerk binden durch die Möglichkeiten zur Einbindung in soziale Netzwerke et cetera?

 cat conspiracy_Tjflex2
Ich finde: Sozial nervt. By Tjflex2

Die Antwort liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte dort draußen zwischen diesen Polen an Möglichkeiten, die ich gerade aufwarf. Aber trotzdem verstehe ich nicht, wo der Reiz darin liegen soll, allen meinen Freunden zu erzählen, dass ich gerade einen Endgegner besiegt habe, oder ganz spektakulär den ersten Platz beim neuen Ridge Racer belegt habe. Noch viel weniger aber kann ich die Übernahmefunktion verstehen, welche die PS 4 wohl anbieten wird. Wo ist da der Reiz im Sieg? Warum soll ich mein Spiel plötzlich andere Leute spielen lassen, nur weil eine Stelle etwas haarig ist? Warum spiele ich das das Spiel dann überhaupt?

Klar, letztlich wollen alle drei Kupferstecher ihre Konsolen zu Multimedia-Zentralen für das Wohnzimmer verkaufen und da gehören mehr Funktionen dazu als nur das Abspielen von Spiele-DVDs (obwohl Nintendos Wii ja noch nicht einmal eine Audio-CD erkannt hat, was schon der Saturn drauf hatte…). Deshalb fungiert die PS 3 ja bei vielen gleichzeitig auch als Blu-Ray-Player, und deshalb hat die nächste Konsolengeneration auch dieses besprochene Social-Media-Gekröse.

 Und hinzu kommt dann schließlich die Tatsache, dass diese ganzen Dienste für die Konsolen Unmengen an Bandbreite schlucken. Die aber ist teuer und selbst in hochentwickelten Ländern nicht immer und überall zu haben. Ganz zu schweigen davon, dass man potenziell etwas exotischere Märkte dadurch völlig vernachlässigt. Was ist mit Südamerika? Was mit Afrika? Wie steht es mit der Umsetzbarkeit all der tollen Streaming-Ideen in Indien, beispielsweise? Dies alles sind immerhin mehr oder weniger aufstrebende Märkte und damit für diejenigen Firmen attraktiv, welche die Märkte dort ansprechen können (wie seinerzeit beispielsweise SEGA, dessen Master System in Brasilien wohl besser lief als Nintendos NES). Die ganzen schicken Internetfunktionen sind dort aber wahrscheinlich recht nutzlos.

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So nutzlos wie Katzenspielzeug. By Tabbymomjen

Natürlich, am Ende ist es jedem selbst überlassen, das ganze soziale Brimborium rund ums Spielen mitzumachen oder nicht. Fraglich ist aber, ob das die Entwickler*innen auch so sehen. Werden wir demnächst beim Spielen ständig unterbrochen und gefragt, ob wir unser Erlebnis nicht gleich twittern wollen? Wird der Drop-In jetzt serienmäßig, wie schon jetzt bei Dark Souls, wo das Ganze zwar nett umgesetzt, aber hin und wieder auch nervig ist (blödes PvP)? Und werden alle Publisher so bekloppt sein wie EA und demnächst ganz verstärkt auf Mikro-Transaktionen setzen, auch im Singleplayer? Mir fanatischem Vertreter des Singleplayererlebnisses breitet sich ein Horrorszenario von Free to Play-Titeln aus, in denen man sich Level einzeln kaufen muss, um am Ende mehr zu bezahlen als heutzutage für einen Vollpreistitel. Lasst uns alle hoffen, dass dies nie passiert. Und wenn doch, dass dabei wenigstens der PC als Spieleplattform verschont bleibt!