Diese Woche neuer Ton ist im Grunde ein großes Jammern gegenüber einem Soundtrack, der – FÜR MICH – die gleichen Fehler macht, wie der Film, zu dem er gehört. Warum betone ich so sehr, dass es sich um meine Meinung handelt? Weil es sich um den OST zu Tarantinos neuem Werk „Django Unchained“ dreht und „Tarantino“ (diese bitterliche Erfahrung machen wir innerhalb der DGDWZ-Gemeinde selbst regelmäßig) Zündstoff für erlahmte Diskussionsrunden bietet.

Man kann es sich einfach machen und sagen, dass man uns’ Quentin nur lieben oder hassen kann. Solche Aussagen sind spätestens seit den Mainstreamerfolgen der „Kill Bill“-Filme zwar obsolet und ziemlich billig, aber sei es drum. Auch „Django Unchained“ erfreut sich dem hohen Zuspruch an den Kinokassen, sowie seitens der Kritiker.

Aber Tarantino ist für seinen cleveren Einsatz von Musik mindestens genauso berüchtigt, wie für seine Filme selbst. Der große Fundus, den er über die Jahre in seinen Filmen verwendet hat, erscheint ähnlich frisch wie die Wahl seiner Filmthemen und ihrer Aufführung. Besonders „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“ haben gezeigt, dass Tarantino für seine visuellen Visionen oft auch schon den richtigen Song aus den letzten Dekaden im Kopf hatte. „Kill Bill“ und „Inglorious Basterds“ haben der Reichweite an Musik und Stilen dann noch zu einem Quantensprung verholfen und da Stanley Kubrick nicht mehr lebt, darf sich Tarantino zur Zeit an der Spitze des Einsatzes bekannter Musik in Filmen sehen.

Jetzt ist man natürlich gespannt, wie Tarantino seine eigenwilligen Vorlieben in einen „Western“ einbindet. Und ich weiß nicht, was die meisten anderen erwartet haben, aber ich war sehr enttäuscht, als das erste Mal Ennio Morricone erklang. Das hat besonders geschmerzt, da Tarantino gleich auch gezeigt hat, dass er mit Riz Ortolani einen Komponisten wählte, der zwar auch eine Größe war, allerdings nicht so durchgekaut im Gedächtnis der Massen erscheint. Aber genau wie das Blacksploitation-Ende des Films lediglich einem Genre huldigt, anstatt selbst produktiv etwas zu kreieren, verfällt auch Tarantino in seinem neuesten Werk nicht selten dem Einsatz erstaunlich einfach gewählter Musik, die mit der Faust aufs Auge deutlich macht, warum die Musik ja zur Szene, aber nicht wirklich zur Szenerie oder dem Film passt.


Als es nicht nur um Coolness, sondern auch noch um Intensität ging!

Es wird mit Hip-Hop-Versätzen um sich geworfen und ohne dass man Purist sein muss, sind diese Szenen nur für den kurzen Lacher gut. Wohl kaum jemand möchte Django als kurzweiligen Witz abtun. Besonders nicht die Academy, welche diesen Film jetzt schon mit einer Oscar-Nominierung würdigte (Johannes sprach das leidige Thema letzten Freitag schon mal an!).

Unterdrückung, Befreiung und was der Film noch anschneidet wird immer irgendwie durch Lyrics oder historische Zusammenhänge der Lieder selbst in der Verbindung mit der Szene hergestellt. Das ist clever. Das ist verdammt clever. Und es funktioniert nicht, wenn man sich nicht längs auf den Boden wirft und seine Unwürdigkeit in die Welt hinaus schreit.

Lieder wirken zu oft einfach willkürlich in den Film geworfen, anstatt so schön eingewoben und genutzt wie „Like A Virgin“ in „Reservoir Dogs“’ Eingangsszene. DAS war mal eine kunstvolle Anwendung eines Soundtracks. Und wer bekommt nicht ein wohliges Kribbeln, wenn er an den tanzenden Michael Madsen denkt, der einem Cop das Ohr abschneidet und mit Benzin überschüttet, während „Stuck In the Middle With You“ von Stealers Wheels läuft.


Der Jugend zu liebe an dieser Stelle dann doch Madonna

Aber dieser Einsatz von Musik ist genauso Geschichte wie die räumlich eng und situativ geprägten Szenen, die Tarantino zu etwas so Besonderem gemacht haben. Ich bekomme das Gefühl, dass sich Tarantino leider ausruht und in eine Richtung rudert, die weder ihn, noch seine Zuschauer weiterbringt. Ich gönne ihm den Erfolg allein schon für „Reservoir Dogs“, der mit „Full Metal Jacket“ zu meinen liebsten Filmen aus der schon etwas ferneren Vergangenheit (es sind schließlich 20/25 Jahre!) gehört.

Da kommen wir dann auch schon zu einem Regisseur, der nicht müde wurde, weiter zu probieren und zu machen. Stanley Kubrick. Ein Mann, der (mit Ausnahme von Spartacus, welcher seinen Durchbruch bedeutete) immer weiter versuchte Neues zu schaffen und sich selbst weiter voran zu treiben. Kein Mensch kennt den Film „Barry Lyndon“, doch wer die Aufnahmen auch heute noch sieht, erkennt sofort, dass die Kamera- und Lichtarbeit in diesem Film auf ein neues Level gehoben wurden.

„Django Unchained“ versucht wie ein typischer Tarantino-OST zu klingen, doch zu viele Stücke zeigen einfach, dass keine echte (Audio-)Vision hinter diesem Werk stand. Der OST wirkt nicht konstant und offenbart mit seinen Höhen seine Schwächen und andersherum.


Blacksploitation war schon immer so ein Ding. Und die Django-Besetzung einfach nur ein
Stückerl weißer.

Das ist natürlich nur meine Meinung und ich habe wahrscheinlich einfach nicht die Detailversessenheit, um das Quentin-Tarantino-Film-Manual zu erlernen. Ich muss für mich aber festhalten, dass wirklich gut gewählte/komponierte Musik einfach passt. Das sind diese Momente, wenn man die Milchbar in „Uhrwerk Orange“ das erste Mal erblickt oder Michael Madsen zum Rasiemesser greift. Django hat keine solchen Momente, sondern strotzt vor oftmals, aber eben nicht immer treffender, plakativer Bild- und Hörgewalt.