Hach, was war das letzte Jahrzehnt entspannt, was “Writing in Videogames” anging. Stattdessen tobten wir uns über Open-World-Games aus und die hässliche Fratze des Sexismus löste die Debatte um ludonarrative Dissonanz ab. Dass Naughty Dog eine Debatte um das ein längst verdrängtes Thema wieder aufleben lässt, ist kein Zufall.

Uncharted, die Geschichte um den wahrscheinlich sympathischsten Massenmörder der jüngeren Videospielgeschichte, trat das Thema 2007 mit los. Videospiele versuchten cineastischer daher zukommen. Mit besseren Drehbüchern und realistischerer Charakterdarstellung fiel die Kluft zwischen Videosequenz und Gameplay ungleich größer aus.

Spiele wie God of War 1 – 3 und in der jüngeren Vergangenheit Doom und Doom: Eternal umgingen diese Problematik, indem die Protagonisten mal mit Pathos mal mit Leck-Mich-Wo-Bleibt-Mein-Metal-Solo überspitzt eindimensional dargestellt wurden.

Im Uncharted-Kosmos schien Naughty Dog bis zum bisherigen Schluss keine richtige Antwort auf den Kill-Count im (mindestens) dreistelligen Bereich zu finden, während sie noch vor Uncharted 4 mit The Last of Us schlicht eine Antithese gewagt hatten.

The Last of Us war ein brutales Videospiel, das seine Brutalität in der Geschichte einebnete. Ähnlich wie bei Uncharted war Naughty Dog nicht auf Entscheidungsfreiheit, sondern das Erzählen der eigenen Geschichte aus. In der Endzeitwelt von The Last of Us wart ihr als Ellies Beschützer Joel inmitten einer Welt, die nach dem Intro eine Fressen-und-gefressen-werden-Welt etablierte.

Um Ellie erst wiederwillig und schließlich in purer Verzweiflung zu Verteidigung ging Joel über Leichen. Das konnten Spieler gutheißen oder verteufeln, doch die Story vermittelte glaubwürdig, warum Joel handelte, wie er handelte.

Vieles hiervon wirft The Last of Us Part II (im Podcast von uns meist Last of Us 2 betitelt) über Bord, weil es sich in unseren Augen dem Trend der Entscheidungsfreiheit unterworfen hat. Ihr sollt den Tod eines jeden NPCs, Hunde inklusive, mitfühlen, sodass euch eure Entscheidungen in Mark und Bein übergehen.

So weit, so interessant, klingt das sozial-emotionale Experiment, das Naughty Dog in seinen Zwischensequenzen komplett aushebelt. Ellie begeht in Last of Us 2 Taten, die pazifistische sowie aggressive Spieler gleichermaßen aus ihrer Spielrealität reißt. Das Spiel setzt den Spieler regelmäßig vor entschiedene Tatsachen, anstatt den Spieler wie in den groß angelegten und mit Möglichkeiten gespickten Leveln selbst entscheiden zu lassen.

Zurück bleibt ein unbefriedigendes Gefühl, dass alles in Last of Us 2 sinnlos ist. Und nein, das ist keine geniale Metapher dafür, dass Gewalt zu nichts führt, da das Spiel uns wieder und wieder vorgaukelt, dass die Spieler über Leben und Tod entscheiden.

Das tun Spieler jedoch nicht. Ellie entscheidet wie Joel vor sieben Jahren und lässt sich nicht davon abbringen. Das Spiel schafft es sogar, Ellie noch sturköpfiger und gleichzeitig verletzlicher als Joel zu zeichnen (bei Fragen und Meinungen könnt ihr gerne in den Kommentaren fragen, was ich damit meine. Hier lasse ich die “Spoiler” mal außen vor.)

Am Ende ist Last of Us 2 ein Spiel, dass die Uneinigkeit über Erzählungen in Videospielen wie viele Vorgänger ins Extrem reißt. Nicht mutig genug, um den Spielern seine eigene Geschichte fokussiert und glaubwürdig zu erzählen und gleichzeitig zu erpicht auf die eigene Geschichte, um den Spieler in nennenswerter Weise mit entscheiden zu lassen.

Es ist egal wie Spieler handeln: Ellies Geschichte kennt nur ein Ziel mit unausweichlichen Zwischenschritten. Es ist ein Film, der im Spielbaren seine eigene Identität vertuschen lässt und sich damit potenziellem Pacing raubt.

Johannes und ich haben uns Spiele angesehen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben und Spielen, die Entscheidungsfreiheit unserer Meinung nach organischer in das Medium Videospiel einfließen lassen. Ob ihr unseren Einschätzungen zustimmt ist euch, anders als bei den Entscheidungen in The Last of Us Part II, jedoch selbst überlassen.