Bald nach dem Erfolg von Mad Max 2 war klar: Es wird auch einen dritten Teil geben. Bisher waren die Mad-Max-Filme eine rein australische Angelegenheit gewesen. Der Wunsch, die Filmreihe zu starten resultierte nicht zuletzt aus der Abneigung gegen die australische Filmförderung, die vor allem – ähnlich wie in Deutschland – “Kunstfilme” förderte und für Action kein Budget vorsah. Diesmal aber hatte, dank des Erfolges von “The Road Warrior”, mit Warner Brothers sogar ein Hollywood-Studio Interesse an der Produktion. Mit amerikanischem Geld kamen allerdings auch Anpassungen an diesen Markt.

Hinsichtlich seiner Welt hat sich Mad Mad 3 zum Glück nicht angepasst, sondern vielmehr weiterentwickelt: Die erste Einstellung des Films zeigt Wüsten und Dünen, weniger das spärliche Buschland der Vorgänger. Anscheinend aber kann sich die Welt von Mad Max nicht so recht entscheiden, wie genau sie zustande gekommen ist. Im zweiten Teil war ein großer Krieg impliziert, im dritten ist nun erstmals von einer “Apokalypse” die Rede, inklusive eines Atompilzes. Dies wird übrigens erst in der zweiten Hälfte offenbart und nicht, wie zuvor, vermittels einer Holzhammer-Expostion gezeigt. Zumindest aber hat sich das Rad der Zeit weiter gedreht: Die Wüste hat sich ausgebreitet, Autos finden sich erst in der obligatorischen Verfolgungsjagd am Ende des Films. Die Menschen nutzen eher Speere, Pfeile und Bogen oder Armbrüste als Schusswaffen. Die Zivilisation hat also noch mehr Schritte zurück gemacht.

Weniger Gewalt, mehr Humor

Durch diese Wüste streift Max mit Kamelen und einem von diesen gezogenen Wagen. Vom bereits aus Mad Max 2 bekannten Piloten wird der einsame Wanderer um sein Hab und Gut gebracht, woraufhin Max versucht, dieses in Bartertown wieder zurückzuerlangen. Dazu lässt er sich auf einen Handel mit der Herrscherin von Bartertown, Aunty Entitiy, ein. Die möchte ihren Rivalen Master Blaster loswerden. Denn diese beiden – Master ist ein Kleinwüchsiger, der vom dem Rücken des stummen Muskelprotzes Blaster Befehle brüllt – herrschen über die Unterwelt von Bartertown. Dort werden Schweine gehalten, deren, nun ja, “Abfälle” zur Methanherstellung bestimmt sind. Methan wiederum treibt die Maschinen Bartertowns an.

Max soll nun den Blaster in einem Duell in der Donnerkuppel besiegen. Diese stellt eines der zwei von Aunty Entity geschaffenen Justizsysteme dar: Jegliche großen Streits werden durch einen Kampf auf Leben und Tod in dieser von einer Eisenkuppel überspannten Arena ausgetragen. Um die Kämpfe interessanter zu machen, werden die Kontrahenen in Harnische gesteckt, die mit von der Decke hängenden Gummibändern verbunden sind. Was in der Beschreibung recht spannend klingen mag, wirkt im Film stellenweise unfreiwillig komisch.

Via Flickr, by Dhilung Kirat

canyon waterfall_Dhilung KiratDafür sind die Sets schön anzusehen

Natürlich gewinnt Max das Duell, verzichtet aber auf die Ermordung von Blaster. Weil er seinen Teil der Abmachung nicht eingehalten hat, muss er sich Justizsystem Nummer Zwei – dem “Rad” – stellen, die Strafe für jede*n Vertragsbrüchige*n in Bartertown. Das Rad entscheidet, dass Max in die Wüste verbannt werden soll. Dem Tode nahe, wird er von einer Gruppe Kinder gefunden, die in einer kleinen Canyon-Oase Zuflucht gefunden haben. Es entbrennt aufgrund von Max’ Ankunft ein Streit über die Zukunft des Kinder-Clans. Eine Gruppe sagt sich von der Gemeinschaft los und zieht mit Max’ Hilfe in die Wüste und landet schließlich in Bartertown. Dort aber herrscht nun Aunty Entity, die noch eine Rechnung mit Max offen hat.

Mehr noch als der zweite Teil ist Mad Max 3 handlungsorientiert. Leider verliert diese gegen Ende des Films zunehmend an Zusammenhang und Logik. Dafür wirkt die Ausstattung noch professioneller als beim Vorgänger und das Bartertown-Set ist in seiner Detailfülle beeindruckend. Leider kann dieser Aufwand nicht verhindern, dass Tina Turner als Aunty Entity bisweilen arg den schauspielerischen Bogen überspannt. Zudem muten Figuren wie Master Blaster eher als Karikatur an. Auch dem dritten Teil fehlt es also an Zeichnungstiefe seiner Charaktere. Zudem scheint Max’ Wandlung vom Einzelgänger hin zum Kämpfer für das moralisch richtige, die in Mad Max 2 stattfand, rückgängig gemacht wurden zu sein. Er macht unter und jenseits der Donnerkuppel eine ähnliche Wandlung durch wie in Teil 2.

Zusätzlich spart der Film stellenweise an Gewalt. Waren noch in den Vorgängern die Gewaltszenen relativ eindeutig, wenn auch nicht unbedingt explizit, so verzichtet der dritte Teil darauf, Gewalt in ihrer Konsequenz zu zeigen. Es gibt insgesamt einen expliziten Tod im Film, andere werden nur leicht angedeutet. Für heutige Zuschauer ist die Gewalt in den ersten beiden Teilen nicht unbedingt Magen umdrehend, das Ende der Trilogie jedoch erreicht fast Familienfilmniveau. Nun ist Gewalt bei weitem nicht der Grund, warum die Mad-Max-Filme sehenswert sind. Sie bebildern aber die Erbarmungslosigkeit des Ödlands und somit den Verfall an Empathie, sowohl von Seiten des Helden als auch der Bösewichter. Deshalb lässt die herundergedrehte Gewalt einen etwas faden Beigeschmack, es bleibt der Eindruck, dass sich die Macher*innen für ein jüngeres Publikum öffnen wollten. In Deutschland erreicht der Film daher eine Altersfreigabe “ab 16 Jahren”, im Empfehlungssystem der USA rangiert Mad Max 3 jedoch als “R-Rated”, also nur für Erwachsene.

So sehr zum Lachen, dass es zum Weinen ist

Eine Schwäche ist die bereits angedeutete (un-)freiwillige Komik des Films. Bis heute kann ich “Thunderdome” nicht ohne entsprechenden Pathos in der Stimme über meine Lippen bringen und Zugrunde-Max (die Unterscheidung ist ja wichtig) hat sich im Vorfeld selbst immer wieder über das Prinzip der Donnerkuppel “Two men enter, one man leaves” lustig gemacht. Diese Phrase wird nämlich beständig wiederholt und von den Zuschauern des Kampfes bis zur Lächerlichkeit skandiert (Anm. d. Red.: Zitat von Auntie Entity: “WARRIORS! Come out and Pla-E-Yay!”). Und dann sind da noch Figuren wie eben der Master Blaster, den mensch schon allein wegen seines Namens nur schwer ernst nehmen kann. Die kurzen Kämpfe im letzten Drittel des Films wirken – nicht zuletzt auch wegen der Kinder, die mit Max nach Bartertown gekommen sind – eher wie Slapstickeinlagen.

Via Flickr, by Peter Nijenhuis

uluru sunset_peter NijenhuisIch kann ja hier nicht die ganze Zeit über Australien schreiben und dabei auf ein Bild von diesem großen Felsen verzichten.

Dieser Humor resultiert dabei aus der bewussten Übertreibung, die ein Markenzeichen der Reihe ist. Im ersten Teil half sie, das Setting aus der Gegenwart zu lösen sowie die Motorradgang als Bösewichter zu definieren. Diese waren Bösewichter, weil sie “verrückt”, impulsgetrieben, scheinbar willkürlich und brutal agierten, ohne aber eine übergeordnete Agenda zu verfolgen. So konnte das Publikum dem einfachen Gut/Böse-Schema folgen. Auch der zweite Teil vereinfachte mit diesem Kniff die Charakterisierung und kontrastierte zugleich die “Wildheit” der Banditen mit den “Zivilisation” der Öl-Nomaden. Die Übertreibung, der “Freak-Faktor”, sowohl im Setting als auch den Charakteren, bricht im dritten Teil allerdings mit dem Bau der Welt und reißt die Zuschauer*innen hin und wieder aus dem Filmkosmos. In einer harten und erbarmungslosen Welt wirken diese Slapstick-Einlagen leider fehl am Platz.

Bemerkenswert ist Mad Max allerdings wegen eines weiteren Details: Erstmals spielt eine Frau eine größere Rolle, zudem noch eine Farbige. Denn in den bisherigen Filmen mangelte es an Diversität, zumeist waren weiße Männer die handlungsentscheidenden Figuren. Daran ändert auch Aunty Entity wenig, aber zumindest bemüht sich der Film um ein bisschen Vielfalt in dieser Hinsicht. Allerdings bleibt bezeichnenderweise Tina Turners Rolle auch die einzige farbige Person im gesamten Werk.

Nun mag hier eingewandt werden, dass Australien einen anderen Proporz an Minoritäten hat als die USA und ebenfalls eine andere Geschichte an Konflikten.. Aber auch Australien hat Minoritäten wie Aborigines oder asiatische Zuwanderer. Diese hätten durchaus in die Figurenkonstellationen der Trilogie integriert werden können. Aktuell ist diese bestenfalls ambivalent zu nennende Haltung zur eigenen Zuwanderungsgeschichte an der Abschottung Australiens gegenüber Flüchtlingen zu erkennen.

(K)Eine starke(n) Frau(en)

Nur wenig anders sieht es mit Frauencharakteren in der Mad-Max-Reihe aus. Max’ Frau war im ersten Teil nicht nur das Opfer von Gewalt: In einer Szene wird sie von der Motoradgang bedrängt, kann aber durch einen Tritt in den Unterleib des Anführer entkommen. Trotzdem bleibt sie die “Tote im Kühlschrank” für Max. Der zweite Teil kennt eigentlich nur eine Frauenfigur, die nicht dem Klischee entspricht. Diese aber trägt nicht einmal einen eigenen Namen sondern wird nur “Warrior Woman” genannt. Es gibt also eine Geschichte von klischeebrechenden Frauen bei Mad Max, nicht zuletzt dank Aunty Entity. Aber ein feministisches Statement sind die drei Filme bei weitem nicht.

Zumindest die Stimmen zum vierten Film in der Reihe lassen vermuten, dass Regisseur George Miller sich dieses Defizites seines Werks bewusst ist und wenigstens einen starken Frauencharakter integriert hat. So stark, wie es scheint, dass gewisse Männerrechtsaktivisten zum Boykott aufrufen, weil sie sich um ihren männlichen Actionfilmstar betrogen fühlen. Irgendwas hat Miller da also richtig gemacht.

Insgesamt ist Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel (ach, dieser Titel!) nicht der beste Teil der Reihe, wie Roger Ebert behauptet, aber zumindest der erzählerisch ausgefeilteste. Er trägt weniger Züge eines Action- sondern vielmehr eines Abenteuerfilms. Und von denen gibt es ja leider viel zu wenig.