Taschentücher bereit? Ihr wisst was kommt, oder? Die Wissenden unter euch haben es immer noch vor Augen. Die langen, beharrten Beine unter der Strumpfhose und dieser pralle Hintern den Simon Krätschmer uns als „Grafikhure“ einst präsentierte. Eine so flache, wie treffende Bezeichnung für den Durchschnittsgamer. Denn seien wir ehrlich: den visuellen Unterschied inmitten der Konsolen-Zankerei bemerkt sowieso fast keiner.

Wenn sich jemand aufspielen darf, dann sind es wie immer die PC-Spieler. Feucht fröhlich drehen sie mit der richtigen Hardware die Regler bei Spielen wie „Far Cry“ auf 10 und freuen sich, das alles noch ein bisschen detaillierter aussieht. Das ist schon beeindruckend, mindert jedoch zu keinem Zeitpunkt den Spielspaß von Konsolentiteln. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage stellt sogar fest, dass die ausgewiesene Spielspaß-Konsole dieser Generation, wie könnte es anders sein, die Nintendo Wii U ist.

Genau die Konsole über die wir so gerne Witzchen machen, dass sie wie die Playstation Vita nur eine Handvoll Besitzer vorweisen kann. Aber ganz so abwegig ist der Vorwurf anhand der eben nicht so berauschenden Zahlen der Wii U auch wieder nicht. Und das, so lässt unter anderem die Umfrage vermuten, liegt am Grafikwahnsinn. Der meist genannte Grund von Playstation 4-Käufern ist laut der Umfrage nämlich die hohe Auflösung.

Die Auflösung, die in der Regel für keinerlei Grafikunterschiede auf handelsüblichen Fernsehern sorgt. Es bräuchte wahrscheinlich ein ausgewachsenes Zimmer für den Fernseher allein, damit die Größe und Auflösung tatsächlich einen Unterschied macht. Und gleichzeitig ist bei einem 4k-Fernseher sowieso wieder egal, ob die Auflösung nun unzulänglich oder nicht ganz so unzulänglich ist.

Und auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis stoße ich immer wieder auf diese Einstellung. Selbst bei Spielern, die immer wieder betonen, dass Grafik zweitrangig ist, wird diese zuerst genannt, wenn sie besonders gut oder schlecht ist. Da halte ich es mit Anni, die gerne auf das zweifelhafte Lob für Filme „Also die Maske war gut“ zurückgreift. Wenn etwas derartig Unwichtiges das erste und wichtigste Merkmal zu sein scheint, dann kann es mit dem Spiel nicht weit gekommen sein.

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Jeder erfreut sich an Grafikupdates. Der Inhalt macht jedoch meist den Klassiker aus.

Es gibt keine Grafik, die ein Spiel kaputt machen kann. Spätestens „Final Fantasy VII“ ist eine Ode an diese Weisheit und auch Spiele wie „Grim Fandango“ und die originalen „Monkey Island“-Teile machen trotz staubtrockener Grafik immer noch einen Heidenspaß. Und mit „Counter Strike“ will ich gar nicht erst anfangen. Und doch fallen wir immer in gleiche Muster zurück und streiten uns (ähnlich wie bei Autos) um Dinge, die wir gar nicht richtig nachvollziehen können. Wir hören „mehr PS/mehr Pixel, desto besser“ und reden uns an Millisekunden oder hanebüchenen Frame-to-Frame-Vergleichen ein Unterschiede zu erkennen.

Die Wahrheit liegt auch nicht irgendwo dazwischen. Wenn ein Spiel gravierende, technische Probleme hat, dann hat dies so gut wie nie etwas mit der Grafik-Power, sondern der Programmierung für die spezifische Hardware zu tun. Tearing, Pop-Ups und Co. suchen selbst die teuersten Titel auf High-End-Geräten heim, wenn die Programme nicht überhaupt erst daraufhin ausgelegt worden sind. Für „GTA“ gehören Pop-Ups zu den Erbkrankheiten und es ist in jeder Kritik nicht mehr als ein Schönheitsfleck.

Ich wünschte, dass ein solcher Artikel komplett überflüssig ist. Verkaufszahlen, Kommentarbereiche und nicht endend wollende Games-Berichterstattungen zu Grafikvergleichen offenbaren jedoch eine andere Wahrheit. Dass sich am Ende lediglich die Konsumenten ein Bein stellen, wenn sie auf eine der aufgebauschten Nebensächlichkeiten achten, werden die wenigsten einsehen wollen. Dann müsste man sich nämlich eingestehen, dass man leider ziemlich oberflächlich war.

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