Die Oscars haben immer wieder gerne den Beigeschmack eines sich politisch und geschichtlich zu wichtig nehmenden Ereignisses. Unglaublich gerne werden Preise an Filme vergeben, welche von der „Realität“ erzählen. Zumindest Nominierungen solcher Filme sind eher Regel als Ausnahme. „Captain Phillips“, „The Wolf Of Wall Street“, „Philomena“, „Dallas Buyers Club“ und „12 Years A Slave“ sind allesamt basierend auf wahren Geschichten. Eine langzeitige Wirkung hat kaum einer dieser Filme, die jeweils eher durch Thematik und Schauspiel auffielen.

Überhaupt geben sich die Oscars gerne unpolitisch und existieren in ihrem kleinen Biotop. Man erinnere sich nur an Michael Moores „Shame on you, Bush“-Rede und die dazugehörigen Buh-Rufe. Hollywood tut gerne so, als würden sie über den Dingen stehen. Gleichzeitig beharren sie auf ihre Relevanz durch die zahlreichen Nominierungen solcherlei Filme. Es ist nur eine weitere, kleine Anekdote über den Schwachsinn Hollywood und eine hübsche Erinnerung, dass man das alles nicht zu ernst nehmen kann. Gleichzeitig müssen wir Außenstehenden uns bewusst machen, dass wir über einen Berufsstand reden, der aus professionellen Lügnern besteht.

Und wie viel Wahrheit in einem Film wie „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ tatsächlich steckt, ist am Ende des Tages leider auch völlig wurscht. Es geht einzig und allein darum, ob der Film gut gemacht ist. Dass ein Stephen Hawking ein außergewöhnlicher Mensch mit einem außergewöhnlichen Leben ist, ist schließlich keine Neuigkeit. Den Weg dahin kennen wir jedoch nicht alle. Und so reiht sich Hawking in diese lange Reihe von Filmen, die allesamt hübsch anzuschauen sind, als Film jedoch meistens nicht so viel zu bieten haben. Nicht so viel zu bieten was eine besondere Bemerkung in Sachen Oscars angeht. Ohne Rücksicht auf den Vergleichswahnsinn dieser Preise ist „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ein gelungener Film, den sich jeder Drama-Freund ohne Bedenken antun darf.

Via Flickr by Johnson Cameraface

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Physiker, Vater und Freizeit-Dalek: Stephen Hawking

Ein Film, ein “guter” Film

Die großen Gewinner dieses Films sind, wie so oft, die Hauptdarsteller. Eddie Redmayne (Stephen Hawking) darf nach „Les Misérables“ auch in Sachen Schauspiel glänzen und aufgrund der nahezu nicht vorhandenen Frauenhauptrollen in Filmen des letzten Jahres darf sich auch Felicity Jones (Jane Hawking) über eine Oscarnominierung freuen. Der Grund dafür, dass ich Redmayne mehr lobe, liegt dabei nicht einmal zwingend am Schauspieltalent, sondern schlichtweg an den Rollen im Film. Ja, Jane Hawking bürdet sich ein unendlich zehrendes Leben als Partnerin des stark eingeschränkten, brillanten und sozial nicht immer auf der Höhe seienden Stephen Hawking auf, doch im Vergleich mit einem der wichtigsten Physiker unserer Zeit verblasst ihre Suche nach Glück im Film ein wenig.

Der Film selbst geht die Erzählung sehr konservativ an. Emotionale Szenen werden mit typischer Streichermusik unterlegt, dass auch ja die Krokodilstränen fließen und hier und da muss eine Montage eine Entwicklung über einen längeren Zeitraum beschreiben. Es gibt viel zu erzählen und so verfolgen Zuschauer in chronologischer Abfolge den Aufstieg, Fall, erneuten Aufstieg, erneuten Fall und das Arrangement mit dem Leben des Stephen Hawking und seiner Frau Jane mit.

Nur selten nutzt der Film seine Eigenheiten und sein breites Zielpublikum, um etwas Stephen Hawking in uns zu wecken. Wenn Hawking mit seiner späteren Ehefrau auf einem Tanzabend ist und er eine weltliche Beobachtung zur Vermittlung von physikalischen Theorien nutzt, fühlt man sich als Zuschauer gleich ein wenig schlauer. Es sind diese Momente, die an „A Beautiful Mind“ erinnern, jedoch nie an die Darstellung des Oscar-Films mit Russell Crowe heranreichen.

Via Flickr by Jason Vaughan

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Let it Float, let it float! Glücklicherweise war nicht alles in Hawkings schlecht

Noch so ein Bio-Flick

„Die Entdeckung der Unendlichkeit“ fühlt sich schlichtweg weniger wie eine Erzählung an, sondern mehr die Erklärung eines Lebens. Große Höhen, Tiefen und Spannungsmomente bleiben aus. Selten fiebert man mit den Charakteren, auch wenn sich ihre Beweggründe immer gut nachvollziehen lassen. Was den Film letztlich über einfaches Mittelmaß hebt, ist eben der Charakter des Stephen Hawking. Wie von Außen und von ihm mit seiner Krankheit umgegangen wird, ist das Zentrum des Films (Ach, was du nicht sagst!). In Gesprächen und Interaktionen mit Stephen Hawking kommt es zu einprägsamen Zitaten, Konfrontationen mit einer unangenehmen Wirklichkeit und vielem mehr. Hier punktet der Film, doch ähnlich schon wie ein „Milk“ ist „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ als Einblick in das Leben der Hawkings weitaus interessanter als als Film.

Der Film „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ist eine schöne Liebesgeschichte, die sich mit biographischen Momenten jedoch das Herz manchmal verbaut und gleichzeitig ist es eine oberflächlich erscheinende Biographie, weil zu viel Liebesgeschichte hineinfällt. In den zwei Stunden Laufzeit wird einem nicht langweilig und entweder ist das Interesse an dem Physiker Hawking oder seinem (und ihrem) Leben geweckt. Doch zu selten wird dies durch den Film zusammengeführt. So nickt man gerne zum Abspann voller Achtung gegenüber eines gut gemachten Porträts, doch zu Ovationen für einen fantastischen Film wird niemand aufspringen.

Featured Image via Flickr by Herbalizer