Lange hat es gedauert bis wir dieses Mal die Oscarnominierungen wissen durften. Und was soll man* sagen? Überraschend ist die Auswahl der Nominierten auch dieses Jahr nicht. Hier und da ein künstlerisch anspruchsvoller Film, ein beliebter Regiesseur, ein Film übers Militär, ein Film über amerikanische (schwarze) Geschichte, biographische Schicksale und ein Film über Musik.

Man* muss noch Ziele haben

Es gab sicherlich schon eine schlechtere Auswahl. Doch ohne Zweifel muss man* sagen, wie jedes Jahr wurden Filme übersehen. Wo ist Interstellar, der mit seiner Bildgewaltigkeit der Inbegriff einer Best Picture Nominierung ist? Und wo sind so hochgelobte Filme wie Pride oder Nightcrawler?

Doch sei es drum. Auch wenn die bekannteste Filmpreisverleihung der Welt schon wieder einiges an Frustpotenzial bietet, bleibt Daran geht die Welt zugrunde seiner eigenen kleinen Tradition treu und präsentiert euch in den laufenden Wochen alle acht nominierten Filme der Königskategorie Bester Film. Nicht nur die Filme selbst stehen dabei für uns im Mittelpunkt, sondern auch der politische und gesamtgesellschaftliche Kontext indem sie entstanden. Oder zumindest ist das immer wieder unser Anspruch.

Los geht es mit einem Film der schon mit seinem Inhalt viel dramatisches Potenzial hat. Zwei große Punkte britischer Geschichte werden hier gezeigt, die vor allem von Schrecklichkeit geprägt sind.

Enigma, die Verschlüsselungsmaschine der Nazis wirft unlösbare Rätsel auf. Alle herkömmlichen Mittel scheinen zu scheitern, denn es würde Jahrzehnte brauchen um einen der täglich wechselnden Codes zu entschlüsseln.Trotz strengster Geheimhaltung weiß Alan Turing (Benedict Cumberbatch) um Enigma und bewirbt sich in Bletchly Park (dem britischen Stützpunkt für die Enzifferung der Nazi-Codes). Im Gegensatz zu seinen Kollegen hat der von sozialen Situationen überforderte Mathematiker einen unkonvotionellen Plan um das Geheimnis zu entschlüsseln. Denn zurecht verweist er darauf: Nur eine Maschine kann eine Maschine besiegen. Doch auch wenn ihm am Ende gelingt, was keine*r für möglich hielt wird Turing nicht nur die Anerkennung für seinen Leistung verweigert, er wird außerdem für seine Homosexualität verurteilt.

Am liebsten Jammert man* auf hohem Niveau

The Imitation Game hatte ohne Zweifel eine sehr löbliche Prämisse. Nämlich Alan Turing, einem der Begründer der Computertechnologie, das zuzugestehen, was ihm seine Zeitgenoss*inn*en verweigerten. In drei Zeiteben erfahren wir also von seinem Leben, wobei der Fokus ohne Zweifel auf seinen Jahren in Bletchly Park liegt.

Leider krankt der Film an dem Umstand, dass er vieles auf einmal sein will. Biographisches Drama, Kriegsthriller und Gesellschaftstudie sind zwei Genres zu viel und so ist The Imitation Game zwar kein schlechter, aber auch kein wirklich guter Film. Diese Tatsache ist umso mehr dem Fakt geschuldet als dass der Cast keine Wünsche offen lässt. Benedict Cumberbatch überzeugt ein weiteres Mal als sozial inkompetentes Genie (Sherlock lässt grüßen) und mit Mathew Goode und Keira Knightly wurden ihm zwei britische Schauspielgrößen zur Seite gestellt, die eigentlich nichts falsch machen können. Der Rest des Ensambles erinnert an ein Best Of britischer Drama-Serien und so ist das schauspielerische Potenzial für einen Dramablockbuster bis in die Nebenrollen vorhanden.

Via flickr by Irina Duarte

14078782545_68bf3b8a0c_zDer Außenseiter liegt Cumberbatch nicht erst seit Sherlock.

Doch wie so oft ist es der Plot, der den Film aufs bessere Mittelmaß senkt, denn eine richtige emotionale Verbindung zum Antihelden Turing, der menschlich überall anstößt und ein Einzelgänger ist, will sich nicht so richtig einstellen. Auch nimmt der Film sich nicht genug Zeit die unterschiedlichen Beziehungen vorzustellen. So lässt es sich nicht wirklich nachvollziehen, warum Turings Kollegen sich am Ende doch auf die Seite des Mathematikers schlagen und so dazu betragen, dass Turings Projekt schließlich Erfolg hat.

Von allem ein bisschen zu wenig

Gerade Bletchly Park bietet sehr viel Potenzial um die Moral des Krieges zu hinterfragen, wird doch schnell klar, dass das Knacken des Codes eigentlich nur der erste Schritt in einer riesigen Spionoageaktion ist, die große Opfer fordert. Doch wenn der Film an den Punkt kommt, tiefer in diese Materie einzutauchen, springen wir in Turings Vergangenheit, die vor allem einsam war und von Hänseleien geprägt. Nicht weniger schrecklich ist es, wenn wir sehen wie ein einsamer Mann aufgrund seiner Sexualität verurteilt wird. Doch gerade bei diesem letzten Punkt, scheint der Film nicht mehr als Unglauben und Mitleid hervorrufen zu wollen.

Das aber gerade das Gesetz, dem schon Oscar Wilde zum Opfer viel, einen eigenen Film verdient hätte und beim heutigen Heteroseximus noch immer brandaktuell ist, macht aufs Neue die Versäumnisse des Films deutlich.

The Imitation Game ist ohne Zweifel eine klassische Oscarnominierung, die alles mit sich bringt, was sich der*die ‘liberale’ Amerikaner*in so wünscht. Emotion, Ungerechtigkeit, Minderheiten und Nazis gepaart mit jedermanns Liebling Cumberbatch. Und doch frage ich mich am Ende warum dieser Film nominiert ist, denn weder die Kamera, der Schnitt noch der Soundtrack sind herausragend. Abermals, es handelt sich nicht um einen schlechten Film, aber eben auch um keinen exzellenten. Und am Ende sollte es doch mehr sein als “nicht schlecht” und “den Schauspieler mag ich”, das einem seine Nominierung einbringt.