Leute, die Angst vor Spoilern haben sollten keine analytischen Artikel zu Filmen und Serien lesen. Dankeschön!

Als vor kurzem die finale (Doppel-)Folge von How I met your mother (HImym) über die Bildschirme der USA (und zeitverzögert auch über die Laptops im Rest der Welt) lief, ging ein Aufschrei durch das Internet. Das Wort Enttäuschung mutet fast wie eine Untertreibung an, um die Gefühlsausgüsse der Fans zu beschreiben. Auch wenn die Entwickler der Serie anscheinend von Anfang an das gezeigte Ende geplant hatte, ist es nicht verwunderlich, dass die Fangemeinde nach neun Jahren diese Abwertung an den Tag legt.

Ene mene muh…

Nachdem mehrere Staffel versucht wurde zu erklären warum Ted und Robin niemals ein Paar werden konnten und im Gegenzug überzeugend illustriert wurde warum Barney eine viel bessere Wahl für die Kanadierin darstellte, wurde diese Story- und Charakterentwicklung in der letzten Folge weggeworfen, um einem (billigen) Zirkelschluss Platz zu machen, der nach einer kürzeren Laufzeit der Serie vielleicht Sinn ergeben hätte, aber nach neun Staffeln ein bisschen Fehl am Platz wirkt.

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So oder so ähnlich wird es wohl vor den Bildschirmen ausgesehen haben.

Doch lassen wir Fehlentscheidungen wie diese beiseite. Auch wenn solche durchaus diskutierenswert sind (wobei man* den Nutzen hinterfragen kann, da wir eh nichts mehr ändern können), kommen wir zu einem anderen, unangenehmen Thema. Sexismus.

Von Männern und Frauen

HImym hat sich von Beginn an durch eine sehr ambivalente Einstellung gegenüber sexistischen Stereotypen ausgezeichnet. Denn während wir auf der einen Seite interessante Charakterkonzepte wie das von Lilly und Marshall sehen konnten, die mit ihren charakterlichen Eigenheiten durchaus Geschlechtergrenzen gebrochen haben, existierte daneben eine Figur wie Barney.

Während sich also Barney durch ganz New York vögelte und dabei Frauen zu gesichtslosen Objekten wurden, lernten wir Marshall kennen, der von einer starken Emotionalität geprägt war und in seiner Beziehung zu Lilly regelmäßig typisch ‚weibliche‘ Rollenmuster übernahm. Diese Diversität von unterschiedlichen Männlichkeitskonzepten setzte sich auch in Ted fort, der mit seiner Suche nach der Mutter seiner Kinder eine Rolle ausfüllte, die in Romantic Comedys meist von einer Frau übernommen wird.

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Das ‘Gute’ und das ‘Böse’ lassen sich beides in der Serie finden.

Zusätzlich zu diesen Männlichkeitsbildern wurden uns mit Lilly und Robin zwei Frauenfiguren gegeben, die ähnlich wie ihre männlichen Gegenbilder verschiedene weiblich und männlich konnotierte Eigenschaften auf sich vereinten. Damit erweckten sie verschiedene Lebensentwürfe von heutigen Frauen zum Leben. Trotzdem wurde in vielerlei Hinsicht mit Klischees gearbeitet (wie dem der Karrierefrau, die keine Familie will aka Robin), aber hin und wieder gelang es einfühlsam die Konflikte unserer heutigen Zeit zu verarbeiten. Beispielsweise als Lilly verzweifelte, weil sie niemals Künstlerin geworden ist, wie sie sich das immer gewünscht hatte.

Oder auch nicht!

Trotz dieser positiven Aspekte war HImym niemals eine perfekte Serie. Zu Recht wurde sie unter der Kategorie race kritisiert, da es wieder einmal einen rein weißen Cast gab. Zusätzlich gab es Ausfälle wie das yellow facing in der letzten Staffel und schließlich haben Veröffentlichungen wie der BroCode und The Playbook nicht dazu beigetragen, Barneys Sexismus zu kontextualisieren. Auch wenn ich Barney immer als ironische und zynische Karikatur eines Sexisten verstanden habe, hat die Ikonisierung dieses Protagonisten dafür gesorgt, dass diese Grundintention schnell verloren gegangen ist.

Das Schlimmste kommt zum Schluss

Das Problem an der letzten Folge der erfolgreichen Sitcom ist letztendlich, dass sich die Macher in vielerlei Hinsicht (ob bewusst oder unbewusst) für den Sexismus entschieden haben. Zeichnete sich HImym über die ersten acht Staffel durch besagte Ambivalenz aus, so wurde die Waage letztendlich in eine eindeutige Richtung gekippt. Warum ist das so schlimm? Nicht ohne Grund ist der letzte Satz in einer Rede immer der wichtigste, da er am längsten in Erinnerung bleibt.

Es sind drei große Story relevante Faktoren, die für diese Tatsache gesorgt haben. Der Umgang mit dem Tod der Mutter, das Scheitern von Barneys und Robins Ehe und Barneys ‚Läuterung‘. Denn alle drei funktionieren nur durch Sexismus oder werden auf dem Rücken von weiblichen Figuren ausgetragen.

Ganz von Anfang

Der Pilot beginnt damit, dass Future-Ted seinen Kindern erzählen möchte wie dessen Mutter kennengelernt hat. Die erste Reaktion des Sohnes darauf: Are we being punished for something? Die Tocher folgt mit: Is this gonna take awhile?

Man* möge sich ins Gedächtnis rufen, dass dies die selben Kindern sind deren Mutter sechs Jahre zuvor dramatisch an einer Krankheit verstorben ist. Die beiden Teenager, die hier genervt in die Kamera blicken sind Halbwaisen, die offensichtlich kein Interesse daran haben Geschichten über ihre toten Mutter zu hören.

Zusätzlich zu diesem respektlosen Umgang mit der Figur, ist auch das ‚Happy End‘ mit Robin fragwürdig, da die Mutter letztendlich nur ein Platzhalter war, damit Ted seinen Wunsch nach einer Familie verwirklichen konnte. Die Mutter verkommt zu einem bloßen Plotpoint und existiert nur damit die männliche Hauptfigur seine Lebensziele erreicht. Das Glück Teds wird auf dem Rücken der weiblichen Figur entwickelt – ein eigenes Leben wird ihr nicht zugestanden. Sie existiert nur in Abhängigkeit zum Protagonisten.

Der Teufel liegt im Detail

Ähnlich problematisch wird auch mit Barneys und Robins Ehe verfahren. Die Beziehung scheitert an Robins Karriere. Der Erfolg, den sie sich immer gewünscht hat, ist an ständiges Reisen gebunden, das beide als Belastung empfinden. Nachdem dem Paar eine ganze Staffel für ihre Hochzeit gewidmet wurde, um auch jede*n davon zu überzeugen, dass die beiden so gut zueinander passen wie die Faust aufs Augen, vollzieht sich die Trennung in wenigen Minuten.

Ein weiteres Mal wird in der Film- und Fernsehgeschichte eine Frau für ihre beruflichen Ziele mit dem Verlust von Liebe bestraft. Während Ted das gesamte Paket bekommt leidet Robin so sehr, dass sie sich jahrelang von ihren langjährigen Freund*inn*en fernhält, weil dies zu schmerzhaft ist.

Via flickr by vagueonthehow

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Robin (Cobie Smulders) hat auch ihr Happy End verdient und damit meine ich nicht Ted.

Unabhängig davon das von allen Männern dieser Welt, Barney am ehesten derjenige ist, der mit einer Karriere wie Robins gut umgehen würde und die Trennung für beide Charaktere nicht wirklich Sinn ergibt, bin ich es Leid, schon wieder die emotional gescheiterte Karrierefrau zu sehen. Danke für das tolle Rollenbild! (/irony)

Der gebärende Vater

Und schließlich das Klischee schlechthin – der geläuterte Vater. Barney, der König unter den Frauenhelden, erkennt seinen Irrweg durch die Geburt einer Tochter. Plötzlich spricht er Frauen an, um sie davon zu überzeugen, dass sie mehr Respekt verdient haben. Denn die jungen Frauen könnten ja seine Tochter sein. Frauen haben keinen verdient weil sie jemandes Schwester, Frau, Tochter oder Mutter sind. Frauen haben verdammt noch mal Respekt verdient, weil sie Menschen sind. Unabhängig davon soll jede Frau selber entscheiden wie viel Sex sie wann und wo hat.

Als wenn das nicht genug wäre, setzt sich Barneys Geschichte trotz Läuterung wie bisher fort. Die gesichtslosen Frauen werden durch eine gesichtslose Mutter ersetzt. Während Barney darüber stöhnt, dass er keinen Schlaf mehr bekommt, fragt man* sich warum er das Baby hütet, wo er doch keine Beziehung mit der Mutter führt. Das soll nicht heißen, dass es keine alleinerziehenden Väter gibt. Aber weder erfahren wir, wie die Mutter zu der kleinen Tochter steht, noch lassen uns die Macher so nebensächliche Dinge wie ihr Gesicht oder ihren Namen wissen.

Alles hat ein Ende…

HImym war ohne Zweifel (nach Friends) die Sitcom einer Generation. Nicht wenige wollten der*die Sechste am Tisch im MacLaren’s Pub sein. Neun Jahre lang haben wir mit Ted, Robin, Barney, Marshall und Lily gehofft und gelitten, geweint und gelacht. Traurigerweise zeigt die letzte Episode aber, dass HImym letztendlich die Serie einer Generation im Backlash ist. Während Marshall weinen darf und Ted seinen Traum, ein liebender Vater zu werden erfüllt, sind es immer noch die Frauen denen das eigenständige Glück verwehrt wird. Ich kann nur hoffen, dass die nächste Generation die Art Sitcom bekommt, die wir heute dringend benötigen. Vielleicht um ein paar Staffel kürzer, dafür aber um einige Storyplots reicher, die nicht aus Faulheit in die billige Klischeekiste greifen.