Hochzeiten scheinen zur Zeit wieder in Mode zu sein. Zumindest bekommt man* diesen Eindruck, wenn man* nachts durch die Innenstadt von Trier läuft, denn dort ist es mittlerweile nahezu ein Ding der Unmöglichkeit den umherziehenden Jungesell*inn*en zu entfliehen.

Nun ist die Entscheidung zur Heirat eine persönliche und jedem*r freigestellt. Dennoch gibt es nicht wenige, die Unbehagen bei diesem neuen-alten Trend des Ehelichen empfinden. Das hat in der Regel weniger etwas damit zu tun, dass man* den entsprechenden Menschen nicht das Glück gönnt. Vielmehr haben diese Bedenken politische, historische und bei manch einem*r auch persönliche Gründe. All diese Aspekte sind interessant und zumindest nachdenkenswert. Beispielsweise sollte es zum Nachdenken anregen, dass wir immer noch in Zeiten leben, in denen es nicht-heterosexuellen Menschen nach wie vor verwehrt ist, auf gleiche Art und Weise den Bund fürs Leben einzugehen, wie heterosexuelle Paare. Gleichberechtigung heißt, dass alle die gleiche Möglichkeit haben ihr Leben zu planen, den ‘it isn’t equal if it’s sometimes’! Ob dieser Umstand Personen davon abhält den Bund fürs Leben einzugehen, ist individuell zu klären. Dabei sollte allerdings der alte Spruch „Das Private ist Politisch“ mitbedacht werden, denn das System ändert sich nur, wenn die  Menschen sich ändern.

Via flickr by  Mike Licht, NotionsCapital.com

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Doch neben dieser wichtigen Diskussion und anderen, immer noch spannenden Aspekten um den Bund fürs Leben, wie z.B. die historische Tradition, auf der er fußt, dürfen andere Probleme nicht vergessen werden.

Gerade der wachsende Trend des Jungesellenabschieds (oder des weiblichen Pendants) ist es nämlich, der wirklich auf den Magen schlagen kann. Auch hier geht es nicht darum, die Partywahl Einzelner zu verurteilen, aber dennoch lassen sich bestimmte Muster nicht abstreiten. So greift die binäre Teilung der Geschlechter vor der Hochzeit genau so tief in die Geschlechterklischees, wie die wieder stärker werdenen Farbkodierung von Spielzeugen. Gefolgt von dieser, fast einem Gesetz gleichkommenden Ausgangssituation, kleiden sich die entsprechenden Teilnehmer*inn*en in der Regel in die gleichfarbige T-shirts, wobei wir vor allem bei den Frauen häufiger das altbekannte Pink zu sehen bekommen.

Dabei scheint die im englischen Stag oder Hen Night betitelte voreheliche Aktivität in den letzten Jahren einen früher im deutschsprachigen Raum weitverbreiteten Brauch – den Polterabend – zu verdrängen. Das ist rein objektiv betrachtet erst mal weder schlecht noch gut, sondern eine logische Konsequenz aus unserer immer kleiner werdenden Welt und dem großen Einfluss von englischen und amerikanischen Medien. Dennoch schwingt diesem Text nicht ohne Grund Wehmut bei. Denn im Gegensatz zu besagtem Fest der Geschlechterklischees gelingt es dem Polterabend, eben diese Vertiefung von Rollenbildern zu vermeiden. Traditionell trifft man* sich hier am Abend vor der Hochzeit und feiert mit allen, die kommen möchten. Höhepunkt ist das Zerstören von mitgebrachtem Porzellan oder alter Keramik, denn im Gegensatz zu Glas oder Spiegeln symbolisieren diese Scherben das gewünschte Glück für das Ehepaar. Anstatt die Gemeinschaft zu trennen und ‘das letzte Mal in Freiheit‘ hochzustilisieren, findet sich hier ein Brauch, der sich auf die Gemeinschaft und das kommende Glück des Ehepaars konzentriert. Außerdem nimmt allein die Tatsache, dass beide Partner*inn*en Teil dieser Feier sind, eine Menge potenzieller Verkrampftheit aus der Hochzeit selbst, denn wenn man* genau darüber nachdenkt, scheint es unmöglich, dass die Teilnehmer*innen zu sehr dem Druck der Festlichkeit nachgeben können, wenn die gesamte Hochzeitsgesellschaft verkatert ist. Nicht nur bietet sich so die Möglichkeit, diese ‘Zensur des Lebens’ auf mehrere Tage zu auszudehnen, auch ist es nahezu ein Stimmungsgarant, wenn alle Beteiligten einfacht weiterfeiern und so die Konsequenzen dieser feucht-fröhlichen Festivität – den dicken Schädel und Schlafmagel –  um einen weiteren Tag verschieben können.

Via Wikimedia Commons by Stefan-Xp

ScherbenWobei manch eine*r wahrscheinlich genau wie ich dem schönen alten Geschirr nachtrauert.

In unserem (angeblich) gleichberechtigtem Zeitalter sollte die Ehe eines von vielen Beziehungskonzepten sein. Dass wir weit davon entfernt sind, zeigt nicht nur die bereits thematisierte Problematik um nicht-heterosexuelle Paare, sondern auch die steuerlichen Vorteile, die Ehepartner*inn*en nach wie vor in Deutschland genießen. Die Heirat als Liebesbeweis (ein noch sehr junges Konzept) steht, wenn man* dem Idealismus folgt, für eine gemeinschaftliche und idyllische Verbindung. Leider zeigen die Zahlen, dass auch das gleichberechtigste Paar entweder mit der Eheschließung, aber spätestens mit dem ersten Kind in klassische Rollenmuster verfällt. Abermals soll dies kein Todesargument für die Ehe an sich sein, aber trotzdem verweisen diese Tendenzen auf ein immer noch existierendes Problem. Nur weil wir von Gleichberechtigung sprechen, ist sie noch nicht in den Köpfen aller angekommen. Dass sich Rollenbilder so hartnäckig halten, hat viele Gründe und wird von jeder wissenschaftlichen Disziplin anders begründet. Dass sich wiederholende Stereotype und Glorifizierungen von vermeintlichen Geschlechterunterschieden dazu beitragen ist unabstreitbar. Zu solchen gehört der Jungesell*inn*enabschied. In diesem Sinne gilt es sich zu Fragen, welche Beziehung will ich führen? Wenn die Antwort „Eine gleichberechtigte“ ist, dann ist der Polterabend als Vorbote der Ehe sicherlich eine gute Wahl. Und seinen wir ehrlich, wie kann man* besser einen neuen Lebensabschnitt beginnen, als mit einer wilden Party unter den Liebsten und mit ganz viel Krach.