Die letzten Tage saß ich an einer Kritik zu „Catching Fire“, doch da Anni den Film inzwischen ebenfalls gesehen hat, lassen wir uns die Chance zu einem weiteren „Doppelt Gemoppelt“ nicht nehmen. Bis zum Zweifach-Review, dass bestimmt wieder zu inbrünstigen Diskussionen zwischen mir und Anni führt, schmier’ ich euch allerdings endlich mal eine animierte Filmschnitte. Es wird kein Miyazaki-Lobfest, doch natürlich kommen wir um Mr. Ghibli nicht drumherum.

Letzte Woche klang in Amerika die zweite Staffel von „Die Legende von Korra“ aus und viel länger hätte das wohl auch niemand ausgehalten. Neben nahezu blinder Lobhudelei und Punktvergabe für einzelne Folgen seitens IGN hat diese Dekonstruktion der Serie kaum ein Fan als gut befunden. Foren sind voll von Resignation und Enttäuschung über verschenkte Ideen und wie einige ihrer liebgewonnenen Charaktere entwicklungstechnisch mit Füßen getreten wurden.

Kurz zurück: „Avatar: Die Legende von Aang“ ist die wahrscheinlich beste, amerikanische Trickserie des letzten Jahrzehnts. Selten waren Story, Charaktere, Humor und Pacing so gut gemischt wie in dieser Serie. Der einzig ernsthafte Konkurrent ist für mich mein Allzeitfavorit „Full Metal Alchemist: Brotherhood“. Als nach drei wunderbar abgeschlossenen Staffeln und dem Kino-Reinfall „Die Legende von Korra“ angekündigt wurde, konnten es viele kaum erwarten in diese Welt zurückzukehren.

Via Flickr by ichimac

Full Metal Alchemist

Legend of Korra ist leider nicht ansatzweise so wegweisend wie zum Beispiel Full Metal Alchemist

Aus unerfindlichen Gründen wurde den Machern des Sequels allerdings vorerst nur eine Staffel zugesagt, die also eine abgeschlossene Geschichte erzählen muss. Dass man in 12 Folgen keinen Epos wie Aangs Abenteuer samt behutsamer Charakterentwicklung erstellen kann, war von vornherein klar. Und unter dieser Prämisse hat „Die Legende von Korra“ nahezu alles richtig gemacht. Ein durchgehend starker Cast an Charakteren und eine großteils sehr fokussiert erzählte Geschichte haben – gepaart mit dem unverwechselbaren Humor der Macher – nie enttäuscht. Dass zwei von zwölf Folgen sich auf ein unnützes Liebesdreieck bezogen und die manchmal grenzwertig unfreundlich undankbare Korra in solchen Folgen ihr Hirn nicht benutzen darf, ist schade, war aber über den Rest der Folgen gesehen zu verkraften.

Der Erfolg dieser knackig kurzen Staffel sorgte – Oh Wunder, oh Wunder – dafür, dass drei weitere Staffeln bestellt wurden. Zu dumm, dass die erste Staffel abgeschlossen ist und man eine Geschichte von Grund auf neu einführen muss. Doch die Macher haben in der ersten Staffel bewiesen, dass sie den Hauptplot gut und schnell einführen können ohne die Zuschauer mit Exposition zu erschlagen. Kluges Foreshadowing und explosionsartige, aber verständliche Entwicklungen sind die Zutaten.

All diese Weisheiten müssen bei einem Anfall von Größenwahnsinn über Bord gegangen sein. Das zweite Buch „Geister“ (Original: „Spirits“) versprach Zuschauern in Trailern, dass sie in Miyazaki’eske Traumwelten entführt werden und sie dort epische Kämpfe, sowie Korras Reise zu sich selbst erwarten. Pustekuchen! Die 14-teilige Staffel bekommt insgesamt 6 Folgen lang pure Exposition, die nicht im Geringsten auf den großen Showdown hinweist. In „Avatar: Die Legende von Aang“ war das Duell mit dem Feuerlord stets das über Aang hängende Schicksal und Amon ist als Korra-Antagonist den Zuschauern von Folge 1 als Gegner im Schatten bekannt, doch im Buch „Geister“ wird der Zuschauern mit roten Heringen und Storyfäden überhäuft.

Via Flickr by Chau kar

Amon Korra

Wo sind die guten Antagonisten, wenn man sie braucht?

Während Korra damit beschäftigt ist jeden außer ihrem zwielichtigen Onkel anzuschreien und undankbarer als je zuvor zu sein, wird ihrem Freund Bolin eine Liebesgeschichte zugeschrieben, die nach ein paar Folgen abrupt durch seine Flucht beendet wird und dann in den letzten zwei Folgen wieder aufgegriffen wird. Warum? Weil Teenager! Hormone! Nach 14 Folgen voller Teenager-Herzschmerz entscheiden sich die meisten Parteien auch völlig nicht nachvollziehbar für „Lass uns Freunde bleiben!“.

Aber das ist noch nicht alles. Spongebob Schwammkopf scheint die Kugel der Verwirrung im Polizeirevier von Republik City versteckt zu haben, da außer Mako, der inzwischen ein Polizist ist, niemand auch nur versucht seinen Kopf zu benutzen. Die in Staffel 1 als toughe, wenn auch etwas heißblütige Polizeichefin Lin Bei-Fong bekommt in Staffel 2 kaum Screentime und wenn dann ist sie damit beschäftigt Mako Rookie zu nennen und nur zwei grenzdebilen Polizisten zu vertrauen. Dieses Feuerwerk an Inkompetenz findet sein Finale, wenn sich am Ende der Staffel herausstellt, dass Mako natürlich mit all seinen Vermutungen Recht hat und Lin selbstbewusst sagt: „Er ist mein bester Ermittler.“ Ach so, deswegen wird er nicht angehört, weggesperrt und suspendiert. Wow, wenn das nicht klasse Writing für dreidimensionale Charaktere ist!

Es gäbe noch mehr Storystränge wie einen Krieg zwischen Süd- und Nordpol, um zwei Geisterportale unter Kontrolle zu bringen, sowie dass Bolin nach seiner Flucht zum Filmstar avanciert, Korras Ex-Meister Tenzin (Aangs Sohn) mit seinen Geschwistern Lufttempel-Urlaub macht und das Treiben eines exzentrischen Großhändlers beleuchtet wird. Da das für eine Staffel mit 14 Folgen bei weitem nicht genug ist, wird mit einer Doppelfolge (die Episoden 7 und 8) noch schnell die Geschichte des ersten Avatars erzählt, um auch gleich den eigentlichen Antagonisten der Staffel zu identifizieren, der bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal ansatzweise angekündigt wurde. Foreshadowing 101.

Nach all diesen Fehlern und Problemen muss man sich als Leser fragen: „Max! Warum guckst du den Kram denn dann noch? Wenn’s dir nicht gefällt, dann lass es doch gut sein!“ Für so eine Einstellung liegt mir diese Welt zu sehr am Herzen. Ich möchte nur an „Indiana Jones 4“ erinnern. Und außerdem gab es den Funken noch. Trotz blassem Antagonisten, nerviger Protagonistin und nahezu durchgehend unverständlicher Charakterstagnation hatte die zweite Staffel ihre Momente und Folgen, die mich an das Potenzial dieser Show erinnert haben.

Weitere Meinungen gefällig? Doug Walker hat sich ebenfalls mit Korra befasst

Die liebevoll gezeichnete Geschichte des ersten Avatars Wan (gesprochen „One“… wie Eins… weil erster Avatar… verstehste?) ist ein in sich schlüssiger Epos in 40 Minuten. Hier zeigt die Show wie schnell und gut sie erzählen kann. Genaugenommen erzählt diese Doppelfolge mehr als die ersten 6 Folgen zusammen, ist dabei schlüssiger und liefert gleich noch das Story-Sprungbrett für den Rest der Staffel.

Dank diesen Episoden nimmt die Show auch endlich ein wenig Fahrt auf und auch wenn viele der gelegten Stränge auch weiterhin für ein saures Aufstoßen hier und da sorgen, kommen die Charaktere endlich weiter und bleiben nicht in Exposition stecken. Tenzin muss sich dem Druck stellen, Aangs einziger Luftbändiger-Nachkomme zu sein, Korra muss ihre Rolle als Avatar vor ihre Bedürfnisse stellen und Bolin merkt, dass Reichtum und Ruhm ihn nicht glücklich machen, wenn er sein Leben nicht mit seinem Bruder Mako teilen kann. Und natürlich sind auch die viel zu späten Ausflüge in die Geisterwelt wunderschön anzusehen und erinnern ansatzweise an „Chihiro’s Reise ins Zauberland“.

Diese Momente machten mir Freude, haben mich allerdings gleichzeitig daran erinnert, dass die erste Hälfte der Staffel ein Clusterfuck aus Storysträngen und Exposition ist. Insgesamt kann ich die Staffel aufgrund der vielen Unzulänglichkeiten auch schlichtweg nicht empfehlen. Falls das nächste Buch „Wandel“ („Change“) das Ruder herumreißen kann, sollte man diese mittelmäßige Staffel wohl oder übel über sich ergehen lassen, doch die Schmerzen über schlechte Charakterentwicklung und eine unnötig aufgeplusterte Story sind zu groß.

Spätestens wenn die Serie den finalen Kampf mit einer deus ex machina – die nicht erklärt wird – beendet, ist die wiedergewonnene Geduld mit „Die Legende von Korra“ verloren gegangen. Schaut euch „Avatar: Die Legende von Aang“ an und auch gerne die erste, glücklicherweise abgeschlossene Staffel von Korra an. Aber bevor das dritte Buch – welches in meinem Kopf jetzt schon die Titel „Redemption“ und „Downfall“ – die Fehler dieser Staffel nicht ausmerzt, könnt ihr die Finger von „Geister“ lassen. Die Alternativen sind zahlreich und besser. Angefangen bei besagten Vorgängern und „Full Metal Alchemist: Brotherhood“ habe ich jede Menge Tipps parat. Schreibt einfach in die Kommentare, falls euch das Material ausgeht.