Als ich gestern Nacht nach zwei Uhr ins Bett ging, habe ich mir noch schnell Michael Chabons “Manhood for Amateurs” geschnappt und den ersten Essay “The Loser’s Club” gelesen. Auf diesen knapp fünf Seiten schafft es der Pulitzerpreis-Träger mehr Herz und Hirn zu verpacken, als der in Amerika bisher weitestgehend gelobte Action-Film “Pacific Rim” über seine komplette Laufzeit. Gerade wollte man Mitleid mit dem an den Kinokassen gescheiterten Big-Budget-Film haben. MovieBob hadert in seinem Review sogar, dass die Kinogänger einen solch unterhaltsamen Film überhaupt nicht verdienen. Mein eröffnender Satz lässt den Leser jedoch ein gänzlich unterschiedliches Bild erwarten.

Wenn ich sonst auch immer vergesse Twitter zu nutzen, musste ich auch noch Matt Ruff antweeten sich dieses grobe Filmvergehen gegen gutes Filmemachen nicht anzusehen. Ich kann nur hoffen, dass ich nicht zu spät kam… Fegen wir gleich alle Unsicherheit vom Tisch. Abgesehen davon, dass Pacific Rim ein “Originial” (sprich kein Remake oder dergleichen) ist, darf man Guillermo del Toros neuen Streifen gerne auf einer Stufe mit “Gangster Squad” sehen. “Gangster Squad” war bereits eine Ode an 2-dimensionale Charaktere, die alle nur einen Plot-Device, statt echte, menschliche Wesen darstellen.

Um vernünftig auf den Film eingehen zu können, werde ich auf explizite Teile des Films eingehen. Wer sich die (nicht vorhandene) Überraschung nicht nehmen lassen will, kommt wieder, wenn man den Film gesehen hat (guckt ihn einfach nicht und lest. Ich meine es nur gut mit euch).

Via flickr by HeyGabe WW

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Man muss versuchen so viel generischen Blödsinn auf eineim Haufen mit Humor zu nehmen

STORY

Aber von Anfang an. Der Film scheitert schon mit seiner über 17minütigen Einführung. Die Idee, dass der Hintergrund der Monster in “Fernsehnachrichten”-Bildern vom Hauptcharakter erzählt wird, ist nur der Auftakt zur 0815-Parade der Filmkniffe, die man alle schon mal gesehen hat. Nach dieser unfertigen Exposition, die über den gesamten Film immer nur soweit fortgeführt wird, dass der Zuschauer stets im Dunkeln tappt, kommt es zur Tragödie.

Zwei Brüder – stationiert in der Nähe von Alaska – müssen gegen eines der Kaiju (der japanische Ausdruck für die alten Monster-Filme um Godzilla & Co.) in ihrem gigantischen Roboter bekämpfen. Sie scheinen zu gewinnen, doch der/die/das Kaiju überlebt und reißt ein Loch ins Cockpit des Roboters, woraufhin einer der Brüder stirbt. An diesem Punkt verliert der Film bereits seine gesamte Glaubwürdigkeit, sowie möglichen Charme einer Mechs vs. Monsters Geschichte.

Warum? Nun, uns wird erzählt, dass man diese Roboter mit seinen Gedanken steuert. Man geht einen sogenannten “Drift” mit der Maschine ein. Da die Steuerung das Hirn eines Menschen überfordert, braucht man jedoch zwei Menschen, die über den “Drift” ihre Erinnerungen und Emotionen teilen und sozusagen eins werden. Das ist eine fantastische Idee, die ein Drama um die menschliche Seele selbst und die Verbindung zwischen einzelnen Idividuen ermöglicht. Seelenpartner, sich abstoßende Seelen und die Angst davor Geheimnisse über sich preiszugeben könnten eine komplette TV-Serie füllen.

“Pacific Rim” entscheidet sich jedoch konsequent diese Möglichkeiten über den Haufen zu werfen. Der überlebende Bruder Raleigh Becket (Charlie Hunnam) definiert sich die Hälfte des Films lang über den Satz, dass er den Tod seines Bruders betrauert. Sein späterer Partner, die Asiatin Mako Mori (Rinko Kukichi) – ja… Mako Mori, ich weiß – wird wie alle anderen Charaktere auch brav durch lediglich einen einzigen Charakterzug definiert. Und so kämpfen sturrköpfige Wissenschaftler und Soldaten zusammen gegen die Kaiju, für die man aufgrund der Oberflächlichkeit auf Seiten der Menschen bald mehr Sympathie entwickelt als für die Menschen selbst.

Die Story ist also ein typischer Kampf von “Gut” gegen “Böse” in der jeder Charakter nicht mehr als seinen Zweck für die Story erfüllt und daneben keinerlei Menschlichkeit entwickelt. Als würde das nicht reichen, muss auch DAS große Feature des Films gleich von Beginn an aus dem Fenster geworfen werden. Die Piloten müssen synchron sein, um den Roboter zu steuern, was oft nach einer “Kinect Dance Central” Party in klobigen Anzügen aussieht. Genauso oft sind die Piloten in ihren Bewegungen allerdings alles andere als synchron und man fragt sich ernsthaft, wie diese Dinger nun gesteuert werden? Vielmehr scheint der “Drift” eine Entschuldigung zu sein, dass Raleigh einmal im Film in Makos Erinnerungen kommt, um ihr absolut vorhersehbares Schicksal als Kind zu zeigen.

 
How to: Wie ich möglichst unglaubwürdig schauspielere

Charaktere

Die Beschreibung der Charaktere alleine, zeigt dass dieser Film außer Plot Devices und Exposition nichts zu bieten hat. Ein Film, der Spaß machen sollte, erstickt sich selbst in dauernden Erklärungen, welche die Charaktere bereits kennen und dem Zuschauer nur aus Spannungsgründen vorenthalten werden. Haken wir gleich Protagonist und Übermensch-Amerikaner Raleigh Becket ab. Nach der Eröffnungsszene in welcher sein Bruder stirbt, darf er liebevoll über Fotos streicheln und muss jedem anderen Piloten gegenüber aufdrücken, dass er vor 6 Jahren noch Dinge mit seinem Bruder gemacht hat. Es gibt keinen Absatz, den der Charakter unterbringt, ohne seinen Bruder zu beklagen. Wir haben es verstanden!

Mako, die Protagonistin, muss sich die Hälfte des Films als Lehrerliebling des “Marshalls” (Idris Elba) geben und typisch asiatisch zurückhaltend und höflich sein. Und was will sie eigentlich? Genau! Wie jeder gute asiatische Mensch ihre Ehre wiederherstellen indem sie ihre Familie rächt! WER HAT DIESES DREHBUCH GESCHRIEBEN!? Ihr Mentor ist hingegen ein kontrollierter Mensch, der außer Mako als Kind gerettet zu haben und immer wieder behauptet, dass Piloten zueinander passen müssen und am Ende doch jeder mit jedem fliegt, wenn er nur wirklich will, keine Eigenschaft innehat außer besorgt und ernst zu gucken.

Ein Forscherpärchen, welches sich den ganzen Film wie ein altes Ehepaar streitet, weil sie den anderen heimlich lieben und die Theorien in Wirklichkeit respektieren, klinken sich irgendwann in die Gehirne der Kaiju ein. Was wir sehen sind verschwommene Bilder, die guten Wissenschaftler erzählen uns jedoch gleich die komplette Lebensgeschichte der Kaiju und finden ganz nebenbei heraus, wie man den Rift schließen kann. Wie vorher schon erwähnt erzählen sie uns das immer nur in Häppchen und wir bekommen die unseligen “Oh, no!” Gesichtsausdrücke und den dazugehörigen Bildschnitt, damit wir auch ja gespannt bleiben.

Spätestens wenn Raleigh am Ende erst die bewusstlose Mako aus dem Rift evakuiert, manuell einen nuklearen Sprengkopf zündet und es dann noch schafft sich selbst zu evakuieren (womit die Endzeitstimmung dieser Szene keinerlei Emotionen schafft), muss man an diesem G.I.-Film mit Riesenrobotern auf jeder Linie zweifeln. Da helfen kein bombastischer Soundtrack und keine gut gemachten, dem Stil alter Monster-Filme entsprechenden Action-Szenen. Dieser Film überhäuft sich mit Logikfehlern, gibt uns keine Charaktere auf deren Seite wir stehen wollen und anstatt eine echte Story zu erzählen, wird 2 Stunden lang eine Exposition durchgekaut, sodass man sich nie vollends auf die Welt von “Pacific Rim” einlassen kann.

Das Sahnehäubchen zum Abschluss? Nach der abgekupferten und gekürzten “Indipendence Day”-Rede des Marshalls wird die Zündung des nuklearen Sprengkopfs 1:1 so gezeigt, wie sie in besagtem Blockbuster der 90er geschieht. Jap. Mit Nahaufnahme des Aliengesichtes. Es fehlt nur die “Fat Lady”, die geraucht werden will und die hätte selbst ich als Nichtraucher nach diesem faden Kinoereignis nötig gehabt.