Max, Walde und ich hatten uns ja bereits über Crowdfunding unterhalten und neben prinzipieller Begeisterung (ich) haben andere Menschen mit natürlich völlig valider Meinung große Bedenken und Skepsis geäußert (Max). Der Crowdfunding-Boom (übrigens zu Unrecht immer wieder gleichgesetzt mit dem Erfolg der Crowdfunding-Plattform Kickstarter, welche mittlerweile zum Synonym für Crowdfundingbestrebungen geworden ist), begann unter anderem mit der Vorstellung einer „offenen“, auf Android basierenden Konsole mit dem etwas blödsinnigen Namen “Ouya”. In dem Zusammenhang bin ich mir übrigens nicht ganz sicher, was ich von meiner Überschrift halten soll: genial oder zu doof? Egal. Die “Ouya” sammelte damals fast 8,6 Millionen US-Dollar an Unterstützungsgeldern und nachdem bereits Ende März die Kickstarter-Vorbesteller ihren Multimedia-Kubus bekommen haben, steht diese neue Konsole nun auch für die breite Masse zum Verkauf bereit. Oder zumindest in den USA und Großbritannien, da der einzige Vertriebspartner in Deutschland bisher Amazon ist, wo die Konsole wohl ausverkauft sei.

ouya 1_davidnilssonDiese Botschaft empfängt übrigens die Kickstarter-Vorbesteller*innen beim Öffnen der Verpackung. By David Nilsson, via Flickr.com

Aber die unglaubliche Technologie des Internets ermöglicht es nicht nur, dass wir von Mehr Spieler wöchentlich mit euch mehr oder weniger in Kontakt stehen, nein (!), wir können uns dank dieser raffinierten Erfindung namens Webseite einen kleinen Überblick über die verschiedenen Stimmen zum Ouya-Start machen. Dazu habe ich ein paar Reviews von bekannten Seiten* gelesen und versuche euch anhand der gesammelten Eindrücke meine rein subjektive Einschätzung der Android-Konsole zu geben.

Um über die technischen Aspekte zu reden, fehlt mir leider die Expertise. Aber kurz gefasst kann mensch feststellen: Ein dank Lüfter im Vergleich leistungsstarker Tablet- bzw. Smartphone Prozessor sorgt für die nötige Rechenkraft, gespeichert wird das ganze auf auf 1GB RAM und einer Festplatte mit (je nach Artikel) sechs bis acht GB Fassungsvermögen. Da im Gegensatz zu allen anderen Konsolen (und natürlich dem PC) eine eigene Grafikkarte fehlt, lastet die Bürde sämtlicher Rechenvorgänge auf der CPU, was aufwendige Grafik oder komplexe Simulationen ausschließt. Aber wer das will, kauft sich wahrscheinlich keine Ouya.

Geteilte Meinungen gibt es zum Controller: Inspiriert von der kommenden PS4, vielleicht aber auch andersherum, besitzt das Ouya-Gamepad neben der Standard Zwölf-Button-Bestückung auch ein Touchpad in der Mitte, welches wohl die Navigation in Menüs oder Browsern erleichtern soll. Bemängelt werden zum Teil die Verarbeitung der Schultertasten sowie des Digitalkreuzes. Viele stören sich anhand des insgesamt niedrigen Preises der Ouya (99 US$ bzw. 120 €) aber nicht an diesen Mängeln. Teilweise wird von Funklags beim Spielen berichtet. Ohne das Pad selbst in der Hand zu haben, kann ich dazu natürlich nichts sagen.

pad inside_hot grillWer brauch schon unsichbare Plastikhüllen? By Hot Grill, via Flickr.com

Die Menüs halten die einen für gut strukturiert, die anderen für unübersichtlich. Bemerkenswert ist jedenfalls die große Konfigurierbarkeit der Ouya, dank des „offenen“ Android-Betriebssystems. So lassen sich inoffizielle Programme installieren (sog. Sideloads, Programme dies es beispielsweise nicht im offiziellen Appstore von Android gibt), die über den USB-Port auf die Ouya übertragen werden können. Es gibt sogar einen eigenen Menüpunkt, „Make“, der Programmiererinnen und Programmierer zum Entwickeln für die Konsole ermuntern soll. Inwiefern dies sich allerdings auf die Attraktivität und den Umsatz der Ouya auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Die Unterstützung für Streaming-Dienste wird wohl in Zukunft fokussiert werden. So ist TwitchTV, ein Stream für Videospiele, vorinstalliert und ein Kooperationsvertrag mit OnLive ist bereits in Brief und Siegel. Zusätzlich sollen diverse weitere Multimedia-Dienste, wie Internetradios und Filmstreams in Zukunft abrufbar sein. Aber genau wie auch bei Microsofts XKnochen (Xbox One) stellt sich auch hier die Frage, was alle anderen Länder außerhalb der USA davon haben, ist dort ja leider das Angebot von internetbasierten Unterhaltunsmedien (wie z.B. Netflix) sehr dünn. Es Bleibt die Möglichkeit, digital erworbene Filme über die Ouya abzuspielen. Das ist zwar möglich, erfordert aber wohl etwas Frickelei mit den Abspielprogrammen, da es keine Apps dafür gibt. Also müssen die findigen Film- und Serienfreundinnen und -freunde wieder auf Sideloads zurückgreifen.

usb in car radio_trgIch wage zu behaupten, der Fortschritt der gesamten Menschheit wäre ohne den USB-Stick massiv gehemmt. By T.R.G, via Flickr.com

Aber als Konsole interessiert weniger die Möglichkeit Filme zum Laufen zu bringen, als vielmehr Spiele zu spielen. Das Angebot ist sehr groß, je nach Zählart 150 bis 200 Spiele stehen zur Auswahl, oft sind diese aber nur mäßig an die Ouya angepasst. Dies liegt unter anderem daran, dass die Programme für Android-Plattformen weniger stark standardisiert sind wie beispielsweise bei Apple oder Microsoft. Zudem wird von Controller-Lags und Abspielproblemen auf HD-Fernsehern berichtet, genau wie von starken Framerate-Einbrüchen bei bestimmten Spielen. Es scheint, dass die CPU bereits bei Erscheinen weniger leistungsfähig ist, als erwartet. Lobenswert ist allerdings zu erwähnen, dass alle Spiele mit einer Demoversion austestbar sind. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieses Novum in der digitalen Distribution auch jenseits von Android-Plattformen durchsetzt (ich blicke in deine Richtung, Steam…). Insgesamt sind keine Grafikhammer zu erwarten, der Fokus auf Indie-Spiel lässt aber immerhin auf die eine oder andere fesselnde Spielmechanik hoffen.

 Mein bisher größtes Argument für die Ouya: Emulatoren! Die Ouya könnte für Retro-Gamerinnen und -Gamer interessant sein. Schließlich haben diese dann die Möglichkeit, ihre alten Perlen per Emulator und ROM (natürlich nur auf legalem Weg und so) zu spielen, ohne sich mit veralteten Antennenanschlüssen (VGA? SCART?) oder leeren internen Batteriespeichern (z.B. bei Rollenspielen) herumschlagen zu müssen. Natürlich operiert man damit aber in einer legalen Grau-bis-Schwarz-Zone. Aber allein für die Emulatoren wäre ich fast geneigt, mir die Ouya zuzulegen.

gaming history_londondaveGeballte Rechenkraft, genutzt für trivialstes. Hach! By LondonDave, via Flickr.com

 Mein bisheriger Eindruck aus den gesammelten Reviews: Die Ouya hat durchaus Potential. Weniger als „echte“ Spielekonsole, sondern vielmehr Sandkasten für Entwicklerinnen und Entwickler, welche die offene Plattform zum Ausleben ihrer Kreativität, sei es in Spiel- oder Appform, nutzen möchten. Zudem ist es ein annehmbares, portables Medienzentrum, zumindest sobald sich halbwegs vernünftig Filme, Serien und Musik darauf abspielen lassen. Und dann bietet die Ouya dank vielfältiger Emulatoren noch die Möglichkeit, große Teile der Videospielgeschichte im Nachhinein zu erleben. Wie wichtig diese Nische ist, zeigt auch die Veröffentlichung einer HD-Version von Final Fantasy III direkt zum Start der Konsole. Letztlich aber hat die Ouya noch einige Probleme, die sich leider nicht nur durch Firmware-Updates beheben lassen, sondern hardwareseitig zu suchen sind. Attraktiv ist die Ouya in erster Linie für Technikjunkies, welche ein offenes, aber etwas unbequemes System einem geschlossenen, aber einfacher zu bedienenden System vorziehen.

Die Zukunft der Ouya wird mit Sicherheit interessant und ist nicht zuletzt auch von der Community abhängig. Schaffen es die Userinnen und User, die Ouya am Laufen zu halten und ständig Nachschub in Form von interessanten Spielen und Apps zu liefern? Wie sehen die Multimedia-Möglichkeiten außerhalb der USA aus? Und wird es, wie im Artikel bei Kotaku angedeutet, ohnehin bald eine Ouya 2 geben, welche leistungsstärker ist? Immerhin: Das Erscheinen der Ouya und die Wellen, welche sie (noch) schlägt, sind ein Beweis für die Bedeutung von Crowdfunding und die Chancen, die sich dadurch auftun.

 *im Einzelnen waren dies:
Techradar
Joystiq
The Guardian
Eurogamer
Kotaku
Gamepro
und natürlich Wikipedia