Im letzten Podcast (# 26) haben Max, Walde und ich unsere persönliche Gaming-Historie kurz Revue passieren lassen. Das war (hoffentlich) ganz interessant und unterhaltsam, aber wie so oft kam mir eine Frage etwas zu kurz: Warum wir überhaupt mit dem Videospielen angefangen haben. Aber eigentlich erhoffe ich mir, eine andere Frage dadurch zu beantworten, nämlich warum wir als Menschen uns überhaupt vor einen Bildschirm hauen und Videospiele starten. Ich glaube, es gibt im Wesentlichen drei Gründe, warum diese Aktivität so interessant ist: Spaß, Eskapismus und Wettbewerb. Wie ihr der Überschrift unschwer entnehmen könnt, geht es heute um den Spaßaspekt bei Spielen.

Natürlich kann mensch beim Zocken an vielen Aspekten eines Spieles Spaß empfinden. Mensch kann die Geschichte spannend und toll finden, über den Humor lachen, sich in einer Phantasiewelt verlieren oder ein Fan von Machtvorstellungen sein, letzteres beispielsweise bei den meisten Ego-Shootern. Oder die Mechanik entwickelt einen bestimmten Sog, entweder indem sie dem/der Spieler*in ständig eine Möhre vor dem Kopf baumeln lässt, z.B. in Form eines besseren Gegenstands oder des nächsten Levelaufstiegs, oder ihn/sie nach neuen Erfolgen streben lässt, beispielsweise in der Erfüllung bestimmter kleiner Aufgaben. Viele Aufbauspiele (Anno-Reihe, SimCity, Siedler) setzen darauf, dass etwas „eigenes“ vom Spieler bzw. von der Spielerin geschaffen wird, was die emotionale Bindung an das Geschehen auf dem Bildschirm natürlich erhöht. Und nicht zuletzt kann Spaß auch darin liegen, gegen andere (menschliche) Spieler*innen anzutreten und zu gewinnen, womit wir dann beim Wettbewerb und Multiplayer angekommen werden. Es ist also klar: Spielspaß berührt auch die beiden anderen Aspekte Eskapismus und eben Wettbewerb. Deswegen möchte ich mich im Folgenden auf eine andere Form von Spaß konzentrieren: Die Interaktivität.


Natürlich kann Interaktivität auch das Drücken des Einschaltknopfes sein, oder sich, wie in diesem Fall, auf das Gerät zu setzen. Via irgendwasdavorAdam

Fraglos ist das Videospiel ein interaktives Medium: Mensch drückt einen Knopf, bewegt einen kleinen Hebel und wirkt damit direkt auf das Geschehen auf dem Bildschirm ein. Das Medium ist dabei sehr weit in seiner Interaktivität gekommen: Von einem Joystick mit einem Knopf auf den Atari Konsolen (z.B. dem Atari 2600) über die Joypads der 16-Bit-Ära (Segas Drei-Knopf-Controller mit Digitalkreuz und Starttaste erscheint heute fast primitiv gegenüber dem Acht-Knopf-Conroller plus Digitalkreuz des Super Nintendo) bis hin zu den fast monströsen Bedieninstrumenten der heutigen Konsolengeneration mit teilweise über zehn Knöpfen und zwei Analogsticks. Aber wie Interaktiv sind die heutigen Spiele tatsächlich? Man sollte meinen, angesichts des technischen Fortschritts wären wir heute viel weiter als noch in den Pionierjahren der digitalen Heimunterhaltung. Aber ich glaube, da täuschen wir uns.

Der Knackpunkt liegt im Begriff der Interaktivität. Dieses Wort kann natürlich in verschiedenen Zusammenhängen auch verschiedentlich ausgelegt werden. Im Grunde bedeutet es aber, wie oben beschrieben, die Einflussnahme auf ein bestimmtes Geschehen. Diese Einflussnahme kann im Zusammenhang mit Spielen verschiedene Qualitäten haben: Vom simplen Knöpfedrücken bis hin zur Entscheidung über den Ausgang des Spiels und seiner Geschichte. Meinem Verständnis nach steht Interaktivität eigentlich im Widerspruch zur Narration, also zur erzählten Geschichte des Spiels. Und wirklich Interaktiv, und damit auch spaßig, wäre ein Spiel nur dann, wenn ich als Spieler*in selbst entscheiden kann, welche fundamentalen Wendungen die Story vollzieht. Aber so lässt sich natürlich keine Geschichte erzählen.

Mensch stelle sich eine Linie vor. Auf der linken Seite haben wir die Interaktion, auf der rechten die Narration. Auf der rechten Seite finden sich Spiele wie Call of Duty, Deus Ex: Human Revolution oder Max Payne 3, die allesamt auf viele Interaktionselemente verzichten, um eine bestimmte Story zu erzählen. Bezeichnend dafür sind die vielen Scriptsequenzen in den Tunnellevels von CoD, die einzige wirklich storyrelevante Entscheidung, die man am Ende von Deus Ex trifft, oder die Tatsache, dass bei Max Payne 3 die Zwischensequenzen teilweise länger dauern als die Spielabschnitte (kein Scherz!). Meist geht bei dieses Spielen die Interaktivität auch nicht über das Anvisieren und nachfolgende Töten von Gegnern hinaus (mit der Ausnahme von Deus Ex). Rechts von der Mitte befinden sich viele Rollenspiele der letzten Zeit, wie Mass Effect oder The Witcher, die einem zwar bestimmte Entscheidungen überlassen, deren Entscheidung aber maximal auf das Gameplay und weniger auf die tatsächliche Geschichte Einfluss haben. Links von der Mitte haben wir dann das Sandbox-Genre, mit Spielen wie GTA 4 oder Skyrim, welche den/die Spieler*in größtmögliche Freiheit lassen und in denen die Geschichte allenfalls eine wichtige Nebenrolle spielt. Richtig interaktiv im oben beschriebenen Sinn sind nur wenige Spiele, zumindest haben diese meist keine wirkliche Story sondern konzentrieren sich in erster Linie auf ihre Mechanik. Dazu gehören einige Aufbauspiele (z.B. SimCity) oder Strategiespiele wie DefCon oder Crusader Kings II.


Und am Ende macht es immer “Bumm”. Via Wikimedia Commons

Auch wenn wir festgestellt haben, dass Videospiele gar nicht so interaktiv sind, so ist es doch gerade dieser bestimmte Aspekt, dass ich als Spieler*in selbst Einfluss nehme, und sei dieser noch so gering, ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu anderen Unterhaltungsmedien. Während ich im Kino nur da sitze und zuschaue, ich bei Musik nur zuhöre, kann ich im Videospiel selbst aktiv sein und Dinge erreichen. Ich kann Level durchhüpfen, Drachen töten, Monster verkloppen, Städte aufbauen, Staaten erobern, Festungen einreißen und ganz New York unsicher machen. Mir, in Form der Spielfigur, passieren lustige und tragische Dinge und ich kann mich mit anderen Leuten darüber unterhalten, was das besondere an meinem Spiel war, welche Entscheidungen ich warum gefällt habe und wieso sich andere Spieler*innen anders entschieden haben. Nicht zuletzt macht die Tatsache, dass manche Spiele auf eine traditionelle Narration verzichten, damit die Spieler*innengemeinde ihre eigenen Geschichten erlebt und beschreibt, die Faszination von Titeln wie Skyrim oder Mods wie The Day Z aus.

Machen also Sandbox-Spiele immer mehr Spaß als Spiele, die stark erzählerisch geprägt sind? Wenn dem so wäre, hätten Max und ich im Podcast nicht Amnesia bzw. Heavy Rain als Titel für neue Spieler*innen empfohlen und würden auch heute noch davon schwärmen, wie tief wir in die Geschichte und die Charaktere dieser Spiele hineingezogen wurden. Aber das ist dann das Thema für den nächsten Blogeintrag: Eskapismus.