Ich kann diesen Satz „Das ist der meist erwartete Film des Jahres“ nicht mehr hören. Schon im Frühjahr ging es los, als mit Marvel’s The Avengers die erste große Comicverfilmung anlief und es überraschte nicht das mit The Dark Knight Rises der nächste große ultimative Hype des Jahres 2012 folgte und auch dann ging es munter weiter. Zuletzt war es vor allem Skyfall bei dem mensch massenhaft diese Äußerungen in den Kritiken fand. Es muss einfach festgehalten werden: Liebe Leute, der Satz nutzt sich sehr sehr schnell ab. Und außerdem ist er auch nichts Besonderes mehr, wenn jeder x-beliebige Film ihn aufgestempelt bekommt, nur weil eine große Reihe oder mehrere Einzelfilme dafür gesorgt haben, dass es schon eine starke Fanbase gibt.

Es lässt sich aber trotzdem nicht abstreiten, das Der Hobbit – Ein unerwartete Reise ebenfalls in diese beschrieene Kategorie sortiert werden wird (oder bereits wurde). Immerhin war die Herr-der-Ringe-Trilogie nicht nur ein Kassenschlagen, sondern auch Oscar prämiert, hat zudem neue technische Wege für das Kino eröffnet und dann auch noch die meisten Fans des Buches zufrieden gestellt. Auch wenn dieser neue Streich von Peter Jackson wahrlich nicht zu meinen ‚meist erwarteten‘ Filmen gehörte, so können wir uns vielleicht darauf einigen, dass viele auf ihn gewartet haben, denn bereits im Vorfeld gab es viel Diskussionsstoff. Ob die High Frame Rate oder die umstrittene Entscheidung das doch im Vergleich zum Herrn der Ringe deutlich dünnere Buch in drei Filmteile zu gliedern, streiten konnte mensch sich vorher schon stundenlang, ob das alles so eine gute Idee ist. Als auch noch Jackson wieder an Bord sprang nachdem Guillermo del Toro das Projekt verlassen hatte, waren die einen glückselig und die anderen höchst misstrauisch. Die ersten Bilder jedenfalls konnten einen durchaus in Begeisterung versetzen, schafft das Team des Hobbits (und zum Teil Herrn der Ringe) es abermals Mittelerde – oder Neuseeland in unserer Welt – in Szene zu setzen.

Da das Buch schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat ist die Story weitestgehend bekannt, lässt sich aber im Prinzip in einem Satz zusammenfassen. Eines Tages fallen dreizehn Zwerge und ein Zauberer in das gemütliche Zuhause des Hobbits Bilbo Beutlin aus dem Auenland ein, wirbeln sein Leben ordentlich durcheinander und machen ihn schließlich zum vierzehnten Mitglied ihrer Reisegemeinschaft, die auf den Weg in ein waschechtes Abenteuer ist und das Ziel hat einen Drachen zu erledigen. Diese Geschichte klingt nicht nur wie eine großartige Abenteuergeschichte für Kinder, sie ist eine. J. R.R. Tolkien schrieb dieses Buch für die seinen und so unterscheidet sich Der kleine Hobbit (das Buch) im Erzählton deutlich vom Herr der Ringe, der um einige Schattierungen düsterer daher kommt. Das stellte im Wesentlichen die erste Herausforderung der Verfilmung dar, immerhin ist das Zielpublikum der Verfilmung keine 10 Jahre mehr alt, hat mit Frodo und Sam in Mordor gelitten, mit Aragorn um den Thron gekämpft und mit Gimli und Legolas auf ihre Kämpfe gewettet.

Dementsprechend springt der Film immer wieder zwischen ulkigen Szenen und dramatisch düsterer Erzählung. Alles in allem geht dieser Spagat auch auf, trotz des ‚aber‘, dass ich anfügen muss. Denn wenn beinah die ganze Zwergengemeinschaft den Comic-Relief darstellt, ist es fraglich ob es noch eines durchgedrehten Zauberers (Radagast der Braune, der im Buch nur eine Randnotiz ist) bedarf, der eh mehr oder weniger überflüßig für die Handlung ist. Hier und da geraten die Gags einen tick zu vorhersehbar, weil sie schon hundertmal gesehen wurden (z.B. der dicke Zwerg, der gerne isst und zu gierig ist, was letztendlich dafür sorgt, dass der Tisch unter ihm zusammenbricht). Sieht mensch von diesem Aspekt ab, der nur ein oder zwei Mal störend auffällt, dann macht die Geschichte aber Freude, was durchaus an dem hervorragenden Spiel von Martin Freeman liegt, der Bilbo mit viel Detailliebe zum Leben erweckt und so die von Tolkien erdachten Charakteristika des kleinen Hobbitvölkchens wunderschön auf sich vereint.

Doch trotz Freeman und dem Rest des durchweg überzeugenden Casts (Ian McKellen ist wie immer fantastisch als weiser und doch schelmischer Zauberer, der im Hintergrund seine Fäden zieht) kommt mensch nicht umhin die Längen des Films wahrzunehmen. Da die Vorlage eben doch nicht genug Stoff für drei Filme hergibt, füllen die vier Drehbuchautoren die Lücken mit Informationen, die nicht im Buch zu finden sind (aber in anderen Werken Tolkiens), blasen Figuren und Szenen auf oder fügen eigenen Interpretationen oder Gestalten dem Tolkienuniversum hinzu, wobei der Ring und die Ereignisse des Herrn der Ringe wie ein dunkler Schatten über der Abenteuergemeinschaft liegen. Und so arbeitet Der Hobbit deutlich auf den Herr der Ringe zu und bereitet diesen vor. Für Leute die sich wirklich für die Welt Mittelerdes interessieren, werden die vielen Details und Nebeninformationen, die trotzdem geliefert werden für weniger Probleme sorgen und auf Interesse stoßen. Aber für  Zuschauende, die vielleicht nur einmal die drei Herr-der-Ringe-Filme gesehen haben und einfach einen schönen Fantasyfilm sehen oder gar damit in das Universum Tolkiens einsteigen wollen, sorgen diese Abschweifungen und die dadurch in die Länge gezogene Geschichte dafür, das der Film gerade zu Beginn und in der Mitte zu langatmig ist.

Neben der Story kann mensch aber wenig meckern. Und es wäre auch eine Überraschung gewesen, wenn der Film visuell nicht überzeugend wäre. Immerhin hatte Jackson bereits in drei Filmen gezeigt, dass er dieses Handwerk beherrscht. Auch wenn es ein oder zwei Einstellungen gibt, die an den Herrn der Ringe erinnern, emanzipiert sich der Film vom bloßen Zitieren der ersten Trilogie und wartet mit wunderschönen Kamerafahrten und Einstellungen auf. Die High Frame Rate sorgt für gestochen scharfe Bilder und wirkt damit dem Problem entgegen, das andere 3D-Filme haben, nämlich das Bilder und Kamerafahrten zu verwischt werden. So ist es eigentlich nur die Begrenzung der Leinwand, die eine*n davon abhält das Gefühl zu haben mitten unter den Zwergen zu stehen. Unterstützt von einem abermals exzellenten Soundtrack und einem eigenen musikalischen Thema für die Zwerge sind Augen und Ohren in einem wahren Sinnesrausch. Und der Moment als DER Ring zum ersten Mal ins Bild kommt verursacht fast ein bisschen Gänsehaut, wenn dazu die vertraute Melodie erklingt. Vor allem die Lieder, die gesungen werden bereiten dem Tolkienfan Freude, denn schließlich tauchen sie in großer Zahl in den Werken des Autors zu Mittelerde auf.

Das Fazit ist, Der Hobbit ist kein durchweg überzeugender Film, weist vor allem in der Story Mängel auf und leistet auch nicht wirklich etwas Neues, aber letztendlich ist es egal wie der Film einem*r gefällt, denn wenn die ersten Bilder über die Leinwand flimmern und die ersten Noten von Howard Shores Musik erklingen, ertappt der*die Tolkienbegeisterte sich dabei überrascht zu sein, dass mensch doch wieder im Kino sitzt und einen Film über Mittelerde sieht und das Gefühl, dass sich breit macht ist nicht Ärger über irgendwelche Mängel oder Trauer über bestimmte Änderungen, sondern es ist in erster Linie das Gefühl des Nach-Hause-Kommens. Hoffen wir also, dass der zweite und dritte Teil aus den Schwachstellen des ersten lernt und das somit die kommenden Reisen nach Mittelerde nicht nur vertraut und visuell schön werden, sondern abermals in Euphorie enden.