Da die Welt am 21. Dezember ja untergeht, ist dieses Thema natürlich gern gesehenes Element eines gepflegten Small-Talks. Ich krame dann immer gerne mein umfangreiches Wissen über untergegangene Kulturen heraus und verblüffe die Menschen dann mit der Tatsache, dass die Maya ein zirkuläres Geschichtsbild haben, im Gegensatz zu den „modernen“ westlich geprägten Kulturen, die allesamt ein lineares Geschichtsverständnis aufweisen. Das heißt, gaaaaaanz grob gesagt, für die Maya wiederholt sich die Geschichte in großen Zusammenhängen (so z.B. alle 5 128 Jahre), während für uns die Zeit irgendwann einen Endpunkt haben wird, beispielsweise in der Auferstehung eines toten Zimmermanns aus der Levante.

Ja. Genau der. Via Semolina

Insofern haben die Maya mit dem 21. Dezember 2012, dem Tag des Endes der langen Zählung also nur schwerlich den Weltuntergang hervorgesagt, ganz abgesehen davon dass durch die zahlreichen Kalenderreformen eh niemand mehr so genau weiß, in welchem Jahr wir eigentlich leben. Was ich mit den obigen Ausführungen anreißen will, ist die Tatsache, dass wir Menschen, egal ob Maya oder nur Europäer, älter werden. Alt werden hat so seine Vor- und Nachteile, worauf ich aber nicht so sehr eingehen möchte. Viel eher sind es gesellschaftliche Umstände, die uns allen und mir ganz besonders immer wieder vor Augen führen, dass die Zeit unaufhaltsam voranschreitet und ein Aufbegehren dagegen zumeist eher zwecklos ist. Zum Beispiel die Tatsache, dass Menschen aus dem weiteren Bekanntenkreis heiraten. Das hat fast immer mit dem Alter zu tun und letztlich führt dies auch immer zu einem bestimmten Maß an Selbstreflexion, wenn da zwei Menschen vor dem Altar oder dem/der Standesbeamt*in*en stehen und sich gegenseitig ihre Liebe schwören. Und die Trauung eines solchen Paares ist eigentlich immer Scheiße. Für alle.

Zum Beispiel die Singles. Die fühlen, erst recht ab Ende zwanzig, diesen Druck, doch jetzt vielleicht bitte auch einmal sich eine Frau oder einen Mann zu suchen, Kinder, Haus, Hund/Katze, tot, das übliche Leben zu führen. Die/den ein*e oder ander*e ficht das vielleicht oberflächlich nicht an, aber trotzdem ist diese gesellschaftliche Erwartung ja da und man kann ihr nur schwer entkommen. Und selbst wenn wir auf so einer Hochzeit dem stereotypen Junggesellen, der nur was zum Flachlegen sucht, begegnen, dann ist dieses hemmungslose und irgendwann auch verzweifelte Rumgebaggere einfach nur peinlich für alle Beteiligten.
Noch beschissener hat es jede*r aber, der mit seinem/ihrer jeweiligen Partner*in auf so einer Hochzeit aufkreuzt. Das führt nämlich zu beziehungstödlichen Gedanken wie „Ist er/sie der/die Richtig*e?“, „Muss ich das dann auch tragen?“, „Warum sind alle so fröhlich?“ und vor allem „Hm… ihre/seine Schwester/Bruder sind echt knackig aus…“. Nein, Hochzeiten zeigen allen anwesenden Paaren: Ihr seid die nächsten! Was durchaus als Drohung zu verstehen ist, der Brautstrauß wird ja nicht umsonst geworfen. Und dann fragen sich diese Pärchen natürlich, ob sie tatsächlich mit diesem Menschen immer zusammen sein, ob sie so eng an ihn/sie gebunden sein wollen, ob die Fehler des/der Partner*in auf Dauer wirklich zu ignorieren sind. Es wäre echt mal interessant zu erfahren, wie hoch die Trennungsraten von Pärchen mit vorherigem Hochzeitsbesuch war. Nee, für Singles wie für Paare bedeuten Hochzeiten nur Probleme.

Und von den Junggesell*inn*enabschieden will ich gar nicht sprechen. Da kommt es mir dann hoch. Via Fellowship of the Rich

Aber auch die Familie kommt schlecht weg. Die Schwiegereltern müssen diese schreckliche Person, die da vom eigenem Kind geheiratet wurde und welche nie, NIE (!) die richtige Person sein kann, dieser schreckliche, schreckliche Mensch wird nun also ständig bei Familienfesten anwesend sein, Kinder mit dem eigenen Kind zeugen und dann hat man diese Gene auch noch in der Familie präserviert. Eine schreckliche Vorstellung. Noch ein Maul mehr auf den von allen verhassten, aber trotzdem noch stattfindenden Familienfeiern zu stopfen. Und dann die Kosten der Hochzeit! Die Eltern können ja nicht einfach so ihre Kinder alles bezahlen lassen, da will man ja aushelfen. Früher oder später fragen die wahrscheinlich auch noch nach einem Privatkredit und sowas hat ja schon ganz anderen Leuten Schaden zugefügt.
Enkel! Endlich haben die Eltern ihre eigenen Kinder aus dem Haus und, zwangsweise, unter die Haube gebracht, da kommen die mit ihren Bälgern an und wollen, dass sich „Omi und Opi um ihre Enkel kümmern“, solange sich das junge Elternpaar im Urlaub die Hirn herausfickt. Gerade als man als Frührentner*in einen zweiten Frühling für sich in Anspruch nehmen wollte, muss man wieder vollgeschissene Windeln wechseln! Aber wehe man sagt was! Rabengroßeltern, so schallt es dann aus dem Telefonhörer oder sonstigem Telekommunikationsendgedöns. Nee, Hochzeiten sind auch für die Eltern scheiße.

Noch lachen sie. Aber sie wissen nicht: Es gibt einen Grund, warum das Kind so guckt… Via methyl_lives

Und dann der Staat! Ehegattensplitting! An einem unverheirateten Paar mit zwei Kindern kann der Staat wesentlich mehr Steuern kassieren als bei einem Ehepaar. Und davon können wieder mehr Geld für die Bildung, für die Gesundheit und zur Förderung von Arbeitsplätzen ausgegeben werden. Hat da jemand mal drüber nachgedacht? Für den Staat lohnt es sich also, wenn Leute nicht heiraten! Kann das jemand mal all den Spackos mit ihrem Gefasel von dem Wert der „heiligen Ehe“ erzählen? Wenn es um familiäre Werte geht, braucht man keinen Trauschein. Nee, auch der Staat hat nichts von einer Heirat.

Warum also diese ganzen Blödsinn mitmachen? Aus Liebe? Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich finden den Gedanken viel schlimmer, jemanden den ich liebe aus eigener Dummheit verlieren zu können, als mich durch ein religiös und staatlich unterstütztes Versprechen der ewigen Beziehung aneinander zu binden. Die Motivation, jemanden bei sich zu behalten, einfach weil er/sie einfach so weggehen könnte, ohne formalen Schnickschnack, ist viel höher als bei einer Ehe. Ganz ehrlich, ich möchte an die Liebe glauben, daran, dass es möglich ist, jemanden über eine ganz lange Zeit zu lieben. Aber wenn man einmal diese eine Person gefunden hat, dann braucht es doch nur noch unser Paar, damit diese Liebe hält, und nicht die Kirche, den Staat, die Gesellschaft, und schon gar keine homophoben Wichser*innen, die mit einem Trauschein rumfuchteln.

Und wenn ihr in der glücklichen Situation seid, jemanden zu haben, von dem ihr behaupten könnt, dass ihr diese Person liebt, dann sagt es ihr einfach mal. Aber macht es bald, schließlich geht die ja Welt im Dezember unter.

 

P.s.: Wenn sich jemand persönlich beleidigt fühlen sollte: Das war nicht meine Absicht. Aber ehrlich: hier wird schamlos übertrieben. Wenn du damit nicht klar kommst, ließ was anderes.