Comicverfilmungen – Ist ja ganz groß zurzeit, ach was, seit den letzten 10 Jahren. Man meint fast, dass Hollywood so Actionfilm mäßig nicht mehr so wirklich was einfällt. Zumindest sieht es dünn aus im Genre des Geballers, Gebombes und Gemetzels, wenn man von einigen schlechten RomCom-Verschnitten und dem ironisch anmutenden Trash einmal absieht. So wendet sich also der/die Weltuntergangs- und Feuerwerksliebhaber*in mal froh, mal ängstlich den real interpretierten Superheld*innen zu und hofft so seiner/ihrer Sucht Abhilfe zu verschaffen. Während die Comiclesenden dieser Welt die Hände über den Köpfen zusammenschlagen und so manchen Film auseinandernehmen, gehen also die Durchschnittsmenschen ins Kino und lernen Batman, Ironman oder Spider-Man zum ersten Mal kennen ohne das komplexe Universum dahinter jemals auch nur ansatzweise gekannt zu haben. Zur letzteren Gruppe zähle ich (bis auf einige Erfahrung im japanischen Manga) und maße mir also an aus dieser Perspektive zu urteilen.

 

Seit den X-Men, die den Comicboom der 2000er einleiteten, ist also so mancher Held (und wenn man Glück hatte auch mal eine Heldin) über den Bildschirm gehüpft. Einer der frühsten war Spider-Man in einer poppig bunten Inszenierung mit Tobey Maguire. Ein wenig verwundet war also nicht nur ich, als man vor einigen Jahren davon erfuhr, dass es bereit einen Reboot geben sollte und dementsprechend skeptisch schaute ich mir den Trailer an… um überrascht zu werden, zumindest in der Hinsicht, dass er ziemlich witzig wirkte. Möglichst erwartungslos, aber doch mit der Hoffnung wenigstens das Geld nicht zu verschwenden, führte ich mir also letzte Woche The Amazing Spider-Man zu Gemüte.

Dank der Filme aus den 2000er Jahren kennt nun vermutlich wirklich jede*r die Geschichte des Spinnenmannes und ich muss euch enttäuschen (und auch spoilern): daran hat sich auch nicht viel geändert. Trotz der Ankündigung die geheime, unbekannte Geschichte um Peter Parker zu erzählen, ist es doch wieder das Gleiche: ‚Normaler‘ (wenn auch ziemlich schlauer) Junge wird von Spinne gebissen und springt erst rächend, dann die Gerechtigkeit verteidigend, durch die Gegend, während die Polizei sich nicht entscheiden kann, ob sie die Hilfe gut oder schlecht findet.

 

Was gibt es also zu sagen? Zunächst, der Film ist wirklich überraschend witzig, vor allem, wenn man sich dafür entscheidet die klassisch patriotisch-amerikanischen Szenen als ironisch zu empfinden – Dann lacht man sich förmlich zu Tode. Zwischendurch aber gibt es herrlich freche Kommentare und sarkastische Einwürfe. Es muss aber ganz klar gesagt werden, dass das mehr an Andrew Garfield als am Drehbuch liegt. Der Hauptdarsteller trägt den Film und überzeugt mit seinem schüchtern hilflosen Spiel. So zeichnet sich dieser neue, etwas düstere Spider-Man neben seiner Smartness hauptsächlich durch seine Sprachlosigkeit aus, die dann ihr volles Ausmaß erreicht, wenn er Menschen, die ihm nahestehen, etwas Emotionales mitteilen will. Erfrischend ist auch die Art, wie Peter mit seiner Veränderung umgeht, nämlich neugierig, ausprobierend und selbstbewusst. Wir sehen keinen Loser, der zum Helden wird, sondern einen klugen, weder beliebten noch gehassten Jungen, der das Herz am rechten Fleck hat und dem sich plötzlich neue Möglichkeiten eröffnen. Diese größte Stärke des Films hinterlässt allerdings einen faden Beigeschmack, denn Peter Parker ist wirklich die einzig interessante Figur. Trotz der herausragenden Schauspieler*innen, die für diese Adaption gecastet wurden, bleibt das Ensemble blass und eindimensional. Es ist ganz deutlich, dass vom Onkel bis zum Bösewicht alle die gleiche Funktion haben, nämlich Spider-Mans charakterliche Entwicklung zu fördern. So bleibt die Geschichte auf mehreren Ebenen vorhersehbar. Besonders enttäuschend sind dabei wieder einmal die weiblichen Figuren, über die mehr gesprochen wird, als dass sie selber etwas sagen und die abermals für das emotional Häusliche und/oder Schützenswerte stehen. Bedenkt man, dass die Tante Parkers durch Sally Field zum Leben erweckt wird, fragt man sich doch, warum die Autoren sich nicht in der Lage sahen, ihr wenigstens ein paar vernünftige Zeilen in den Mund zu legen.  Trotzdem war es spannend zu beobachten, wie sehr der Film während des Schauens mitreißt und unterhält. Erst wenn man schmunzelnd das Kino verlässt und in seinem Kopf die einzelnen Szene Revue passieren lässt, fallen einem die kleinen bis riesigen Plotlöcher auf und kurz drauf drängt sich die Frage auf, warum hatte ich eigentlich gerade so viel Spaß? Ob das jetzt an der visuellen Umsetzung oder am Hauptdarsteller liegt, muss jedem*r selbst überlassen sein.

The Amazing Spider-Man hat das Rad nicht neu erfunden und bleibt hinter den handwerklich exzellent inszenierten Avengers oder dem atmosphärisch dichten The Dark Knight weit zurück. Hängt das Herz aber am Spinnenmann, dann ist der Film definitiv eine erfrischende Abwechslung zu den Amerikaflagge-Werbefilmchen von vor zehn Jahren, mit einem Hauptdarsteller, der mit besseren Drehbüchern noch mehr (wie schon in The Social Network) von sich hören lassen wird.