Manchmal frag ich mich, ob es sich anbietet, an Sonntagen Fazite ziehen zu wollen. Täte ich das jetzt, würde ich unter anderem darüber sinnieren, dass ich, wie Jörkk es angekündigt hat, Wunden an der Zunge habe, weil ich gestern die erste Leckmuschel meines Lebens im Mund hatte. Sie stellte meine Verkleidung für die Geburtstagsfeier der Villa Wuller dar. Der Club ist nun ein Jahr alt geworden und hat sich gut in die offene Psychiatrie namens Trier integriert.

Nun regnet’s in unserer von antiken Gemäuern gezierten Anstalt, in der sich jeder, unabhängig vom Grad der eigenen Störung, rumtreiben und austoben darf. Die Klänge der wohl besten Regenmusik, die je gehört habe, bahnen sich ihren Weg durch mein Wohnzimmer und ich frage mich, welche ICD-Klassifikation unser 100 000- Seelen-Dorf denn nun bekommen würde.

Gerade wenn es um den Zustand der Kultur hier geht, bekommt der ein oder andere hier wohnende Mensch im Gespräch recht pathologische Züge. Mir sind, seit ich aus Versehen vor fast 2 Jahren in Trier gelandet bin, sowohl High-Class-Jammerlappen begegnet, welche den Arsch trotzdem nicht mal hochbekommen um wegzuziehen, als auch durchaus motivierte Menschen, welche im kulturellen Kontext, trotz der angeblichen Verkommenheit des Publikums, die Flucht nach vorn wagen wollten.

Als wir mit der Planung der Kunstausstellung der diesjährigen KlangArt begannen, ergab sich die Möglichkeit, die Thematik der Ausstellung der interessanten Location, nämlich dem Schienenfahrzeug Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn, anzupassen. Es wurden viele Fragen aufgeworfen, welche auch bei der Bestimmung des Gesundheitszustandes der Kleinstadt helfen können: Steht die Kultur , allem voran die Kunstszene in Trier auf dem Abstellgleis oder handelt es sich bei der ältesten Stadt Deutschland um ein funktionierendes Instandhaltungswerk? Wer ist für Reparaturen, Pflege und Versorgung im Bereich der Kunst zuständig?

Es wäre zu leicht, sich einen einzigen Verantwortlichen oder gegebenfalls auch einen Sündenbock herauszusuchen, dem man dann alles in die Schuhe schiebt. Daher beschlossen wir, eine Diskussionsplattform anzubieten, auf welcher sowohl Kunstschaffende, Kritiker, als auch Laien oder sogar scheinbar Desinteressierte zu Wort kommen können. Denn in dieser offenen Psychiatrie sind wir alle gleichzeitig Ärzte und Patienten.

Daher besteht der Titel der Kunstausstellung auch aus einer Frage. Es soll gemeinsam darüber gesprochen werden, ob die Kultur in Trier ein trauriges Dasein auf dem Abstellgleis fristet oder ob es sich eventuell doch um eine rund um die Uhr geöffnete Kreativwerkstatt handelt.

Ihr habt am folgenden Samstag, dem 30.Juni, von 19:00 bis 23:00 Uhr die Möglichkeit, euch mit den Künstlern, sowie mit den anderen Besucher auszutauschen. Laas Koehler, Monika Dorniak, das Graffiti Research Lab Luxemburg, so wie Filip Doss Nieto, die Teilnehmer der des Kurses “Lichtinstallationen” des Dipl. Des. Christopher Ledig der FH und der Graffitikünstler Fiasko GRFX erwarten euch und haben definitiv nicht vor, euch in der Position des schweigenden Betrachters verharren zu lassen. Interaktion und ein nachhaltiger Dialog stehen im Vordergrund.

Die Vorverkauftickets kosten 6 Euro. Wo ihr euch diese Beschaffen könnt, erfahrt ihr hier. Zwischen 19 und 20 Uhr bekommt ihr die Tickets vor Ort zum Vorverkaufspreis. Die ersten 30 Besucher bekommen zudem eine Kunsttüte mit Unikaten der Künstler.

Nun ist der Sonntag fast vorbei, ich habe kein Fazit gezogen, bin jedoch zufrieden mit den offenen Fragen.

Mal sehen, ob wir nächsten Samstag zu Antworten und eventuell zu weiteren Fragen gelangen werden.

(Wer sich das gesamte Programm nicht durchlesen, sondern anhören will, der kann das hier tun)