Endlich haben wir es geschafft! Ein Doppel-Feature aus dem Hause DGDWZ! Anni und ich haben den neuen Wolverine unabhängig voneinander geguckt und auseinander genommen. Das Ergebnis ist überraschend kongruent und für den Kinobesucher mehr recht als schlecht. Eine Zusammenfassung des Inhalts bleibt aus. Anstattdessen versuchen wir euch kurz und knackig, wenn auch nicht 100% Spoiler frei Wolverines neuestes Abenteuer zu präsentieren. Ohne weitere Umschweife unsere Reviews und abschließende Meinungen.

Film-Späzies

Ja, ja. Wir brauchen ein neues Bild. Sei’s drum! Die Film-Späzies sind zurück! ©Michel Thiel

MAX’ Review:

Schreck lass nach! „Wolverine: Weg des Kriegers“ ist nicht der Film des Jahres und ganz nebenbei Wegweiser für das inzwischen arg aufgeplusterte Comic-Genre. Aber haben wir das wirklich erwartet? Regisseure wurden gewechselt (ursprünglich war „Black Swan“ Regisseur Darren Aronofsky im Gespräch), Drehbücher immer wieder leicht umgeschrieben und die Hypothek des zum Glück nicht einbezogenen „X-Men Origins: Wolverine“ wog ebenfalls schwer.

„Wolverine: Weg des Kriegers“ bezieht sich direkt auf die Ereignisse des dritten Teils der X-Men-Saga. Jean Grey alias Dark Phoenix (Famke Janssen) ist durch Logans (Hugh Jackman) Hände bzw. Krallen umgekommen und seitdem plagen ihn jede Nacht Albträume. Dieses Element wird erstaunlich konsequent durchgezogen, sodass es knapp ein halbes Dutzend dieser Traumsequenzen gibt, die besonders zu Beginn des Films als Traum im Traum („Inception“ lässt grüßen) und nach einer Liebesnacht zwischen Logan und Mariko (Tao Okamoto) glänzen. Das hat man alles schon mal gesehen, aber „The Wolverine“ – so der Originaltitel des Films – zeigt, dass der Film nicht blind Ideen klaut, sondern handwerklich sauber Elemente wie Traumsequenzen und Rückblicke einzusetzen weiß.

Wer die Trailer zum Film bereits gesehen hat, der weiß, dass Logan/Wolverine seine Regenerationsfähigkeiten genommen werden bzw. stark eingeschränkt werden. Was sich nach einer interessanten Idee anhört, wird leider gerade in Sachen Action etwas inkonsequent erzählt. Logan fängt sich immer noch die ein oder andere Kugel ein und kämpft mit übermenschlicher Stärke, doch die Kräfte verlassen die sonst so unaufhaltsame Kampfmaschine immer wieder, damit Sidekick Yukio (Rila Fukushima) oder auch der zwielichtige Harada (Will Yun Lee) unseren kratzbürstigen Helden retten dürfen.

Viel effizienter ist die ruhige Episode des Films in der Nähe von Nagasaki. Wo Wolverine einst Marikos Großvater vor der Explosion der Atombombe im zweiten Weltkrieg rettete, verstecken sich Mariko und Wolverine. Neben viel Zeit, um die Nähe zwischen den Charakteren aufzubauen und typisch japanische Folklore einzubinden, gibt es eine Szene in welcher Logan hilft einen Baum von der Straße zu entfernen. Nach getaner Arbeit ist der sonst nimmermüde Held ausgelaugt und braucht eine Pause. Das ist die Art von Menschlichkeit, die man sich vom sonst so unantastbaren Wolverine erhofft. Davon hätte es gerne mehr geben dürfen, doch natürlich ist das Tempo bei einem Action-Film wie „The Wolverine“ oberstes Gebot.


Hugh Jackman und sein Oberkörper… ein starkes Team!

Das Tempo ist hierbei auch großteils gut gelungen. Von der stimmungsvollen Eröffnungsszene in Nagasaki über Logan als zurückgezogenen Waldmensch, der seinen Gerechtigkeitssinn vergebens zu unterdrücken versucht bis zu all den typischen Fernost-Klischees und Martial-Arts-Kämpfen, die uns in Japan erwarten, weiß der Film genau in welcher Geschwindigkeit er seine geradlinige Story erzählen möchte. Erst in der zweiten Hälfte ist man einmal zu viel im Anwesen von Marikos Familie, um Logan seine Kräfte wiederzugeben und ihn den titelgebenden Satz „Ich bin Wolverine“ sagen zu lassen, der genauso käsig herüberkommt, wie es sich hier liest.

Die Action des Films ist kernig und tut durchgehend beim Zusehen weh. Allein die sehr verrüttelte Begräbnis-Szene sorgt für Übelkeit statt Adrenalin. Ansonsten gibt es den durchweg erwünschten „Autsch-Effekt“ bei so ziemlich jedem Hieb, den Logan oder seine Widersacher einstecken müssen. Über allem thronend steht die irrwitzig dargestellte Zug-Szene, die sämtlichen Gesetzen der Schwerkraft ins Gesicht spuckt. Wer dabei nicht grinst und es genießt, sollte keine Action-Filme gucken.

Auch der Humor ist gut eingestreut und entspricht dem jugendlichen Stil, der schon die Wortgefechte zwischen Wolverine und Cyclops geprägt hat. Ein widerwillig geschrubbter Zottel-Logan, kernige One-Liner und Humor in Gewalt verpackt sind die routiniert eingestreuten Streiche des Films. Allein die eins zu eins Comic-Zitate und -Dialoge erwirken hier und da Fremdscham. Dies passiert bei durchgängig sehr zweidimensionalen Nebencharakteren leider öfters.

 „The Wolverine“ ist ein solider und unterhaltsamer Film, der sich nicht in Grundideen („Pacific Rim“) oder zu hohen Ansprüchen („Man of Steel“) verstrickt und mit einer guten Mischung aus Action und Humor punktet. Allein die Story, sowie die leider recht seichten Charakterzeichnungen können sich nicht vom schlichten Mittelmaß befreien. Als Füller bis zum nächsten Jahr erscheinenden „X-Men: Days of Future Past“ macht der Film jedoch eine gute Figur und krönt sich mit der bislang wohl besten After-Credit-Szene, die man bisher gesehen hat, um Erwartungen zu schüren.

Via flickr by Francois Planche

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“Love interest”: Tao “Mariko” Okamoto auf der Commuun Spring-Summer 2009 Collection

ANNIS Review:

Mit “Wolverine – Der Weg des Kriegers” beginnt wohl endgültig die große Zeit der Sommerblockbuster. Und wenn mensch diesen Film des X-Men-Universums als Ausgangspunkt nimmt, dann ist zumindest Hoffnung da, dass nicht alles vor die Hunde geht. Denn zu meiner Überraschung ist der Film kein kompletter Reinfall, was dieses Jahr leider keine Seltenheit ist (Ja “Pacific Rim”, ich schaue in deine Richtung).

Nachdem wir uns im ersten Film um den Klauenhelden mit seiner Vorgeschichte vertraut machen durften, rückt der zweite Teil die Ereignisse nach der X-Men-Trilogie in den Mittelpunkt und konzentriert sich – genauso wie dieses Jahr schon “Iron Man 3” – auf die Abgründe unseres Helden. Mit klassischen Filmmotiven, konsequenter Symbolik und solider Filmkunst dürfen wir also ein weiteres Mal Hugh Jackman in seiner Lieblingsrolle auf der Leinwand hacken, springen und leiden sehen.

Überraschend ist, dass, obwohl der Film nichts Neues bietet, trotzdem keine Langweile aufkommt. Der Plot bleibt vorhersehbar und den Nebencharakteren fehlt es an Tiefe, dennoch gelingt es dem Film Interesse beim*der Zuschauer*in zu wecken. Das mag auch daran liegen, dass es zwar viele Actionszenen gibt, diese aber in der Regel kurz und knackig bleiben und mensch sich deshalb nicht fühlt wie bei “Matrix Revolutions”, was dieses Jahr leider auch schon des Öfteren vorgekommen ist (Schande über dich, “Star Trek – Into Darkness”). Action und Story wechseln sich regelmäßig ab und wie bei den Schichten einer Zwiebel entdecken wir nach und nach die Gründe und Ursachen für die Ereignisse des Films. Dabei setzt er nicht auf große Twist-Momente, sondern lässt den*die Zuschauer*in erst langsam das volle Bild sehen.

Angenehm ist, wie Symboliken immer wieder aufgegriffen werden. So ist ein vergifteter Pfeil am Anfang und am Ende des Films von großer Bedeutung oder auch die richtige Handhabe eines Katana wird zu einem ebenso wiederkehrenden Thema. Auch wenn diese Momente eine*n zuweilen an das Einmaleins der Filmkunst denken lassen, ist es erfrischend einen Film zusehen, der nicht mehr sein will als er eigentlich ist – ein unterhaltsamer Actionfilm für Wolverinefans.

Via flickr by Max

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Ein Mann, ein Markenzeichen. Was er auch spielt, an Wolverine denkt man bei Hugh Jackman immer

Positiv erwähnt werden muss, dass wir endlich mehr als zwei ‘bedeutende’ Frauenfiguren in einer Comicverfilmung sehen, die eine angemessene Screentime bekommen und dabei nicht nur auf bloße Klischees verringert werden. Von bahnbrechenden Charakteren zusprechen wäre wahrlich zu viel, aber die damsel in distress darf selber ab und zu kämpfen und der sidekick ist nicht der love interest. Im Vergleich dazu stellt Viper (‚Die Böse‘) den oberflächlichsten Charakter dar, dessen Motivation der*die Zuschauer*in einfach akzeptieren muss und nicht hinterfragen sollte, denn auf Erklärungen oder Begründungen wartet man vergeblich.

Die Nebencharaktere sind letztendlich aber egal, denn der Film lebt – wie auch schon in andere Filme des X-Men-Universums – von Wolverine oder besser der Interpretation dieser Figur durch Hugh Jackman. Die Charakterentwicklung von Logan und die Konflikte, die der dritte Teil der X-Men-Trilogie losgetreten hat, werden überzeugend verarbeitet und lediglich die (verhältnismäßig zurückhaltende) Liebesgeschichte erscheint etwas gezwungen. Angenehm ist aber, dass wir nicht die große Liebe erzählt bekommen, sondern dass wir zwei Menschen sehen, die in Zeiten von Leid und Not Nähe bei einander suchen. Alles andere wäre auch nicht überzeugend gewesen, nachdem Logans Beziehung zu Jean (Dark Phoenix) in den X-Men-Filmen und auch in diesem Film als existenziell inszeniert wurde/wird.

Dieser Einblick in die Details der Charaktere steht letztendlich symbolisch für einen Film, der sich hauptsächlich dadurch auszeichnet nicht schlecht zu sein. Die traurige Wahrheit ist aber, dass das Prädikat ‚nicht schlecht‘ 2013 viel wert ist, denn wenigstens was die Blockbusterlandschaft betrifft ist mensch für jeden Lichtstrahl, der die düstere Wolkenfront des Kinos durchbricht, dankbar. Wie auch Max anmerkte ist es die Szene nach dem Credit, die so manch eine*n überraschen wird. Auch wenn sie Hoffnung auf mehr macht, zeigt sie uns aber gleichzeitig die negativen Folgen von “The Avengers”. Jedes Studio will diesen bombastischen Erfolg und so erscheint es, dass die Damen und Herren in den Führungsetagen auch mit diesem Film eine Reihe anstoßen wollen, die viele Zuschauer*innen zu vielen Filmen in die Kinos locken wird. Ob das gut ist? Wahrscheinlich nicht. Dennoch ist diese Szene das einzigartige Dessert nach einem durchschnittlichen 3-Gänge-Menü und für manch eine*n wird das reichen, das Restaurant noch einmal zu besuchen.

Max meint: Wolverine-Fans können bedenkenlos zugreifen. Solide Action und typischer Comic-Humor tragen den Film weitestgehend unterhaltsam durch seine zwei Stunden. Allein mehr Tiefe in Sachen Charaktere hätte man sich gewünscht.

Anni meint: Es ist nicht der beste, aber auch nicht der schlechteste Film des Jahres. Was Robert Downey Jr. für Ironman ist, das wird Hugh Jackman auf ewig für Wolverine sein und so liefert der Australier das ab, was mensch von ihm erwartet. Ein solider Plot und angenehme Action wird euch aber letztendlich davor bewahren ein weiteres Mal frustriert das Kino zu verlassen.

P.S. Wer immer noch nicht genug hat und seine Englischkenntnisse auspacken möchte, der gibt sich noch Waldes Meinung zum neuesten Streifen aus dem X-Men-Universum.